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RA Gerhard Korth, Dresden*

Zugleich Anmerkung zum Urteil der Verwaltungsgerichts Dresden vom 3. 2. 2010 – 4 K 2487/06

In den Schlussbestimmungen des Landwirtschaftsanpassungsgesetzes (LwAnpG) regelt § 67 die Freiheit von Steuern und Abgaben. Danach sind die zur Durchführung des LwAnpG vorgenommenen Handlungen, einschließlich der Auseinandersetzung nach § 49 frei von Gebühren, Steuern, Kosten und Abgaben. Die Gebühren-, Kosten-, Steuer- und Abgabefreiheit ist von der zuständigen Behörde ohne Nachprüfung anzuerkennen, wenn die zuständige Landwirtschaftsbehörde, in Verfahren nach den §§ 54, 56 und 64 die zuständige Flurneuordnungsbehörde bestätigt, dass eine Handlung der Durchführung dieses Gesetzes dient, heißt es weiter.

Heute stellt sich dazu die Frage, ob bei dem Abschluss von Kauf- und Übertragungsverträgen bei der Heilung einer fehlgeschlagenen Umwandlung ein Anspruch auf Erteilung einer Kostenfreiheitsbescheinigung gemäß § 67 LwAnpG für den Käufer besteht.

I. Problemaufriss

Die Erteilung einer Kostenfreiheitsbescheinigung gemäß § 67 LwAnpG ist bisher nur in wenigen Fällen Gegenstand von gerichtlichen Entscheidungen gewesen. Welche Bedeutung die Kostenfreiheitsbescheinigung in steuerrechtlicher Hinsicht haben kann, ist bereits dargestellt worden.1 

Die Kostenfreiheitsbescheinigung hat im Zusammenhang mit der Heilung so genannter fehlgeschlagener Umwandlungen nicht unerhebliche Bedeutung. Dies zeigt das Urteil des Verwaltungsgerichts Dresden vom 3. 2. 2010. Auf Grund der fehlgeschlagenen Teilung einer LPG i.L. ist zwischen dem Liquidator und dem Scheinrechtsnachfolger ein Kauf- und Übertragungsvertrag abgeschlossen worden. Die Käufer haben einen Antrag nach § 67 LwAnpG auf Erteilung einer Kostenfreiheitsbescheinigung, offensichtlich mit dem Ziel gestellt, die Zahlung von Grunderwerbssteuer zu vermeiden.

Die Verwaltung hat diesen Antrag abgelehnt mit der Begründung, der Kauf von Teilen des Betriebsvermögens der LPG i.L. stelle ein normales Rechtsgeschäft dar, welches nicht unter die begünstigenden Regelungen des § 67 Abs. 2 LwAnpG falle. Der Erwerb des Vermögens der LPG i.L. durch Kaufvertrag sei keine Handlung nach dem LwAnpG. Das LwAnpG regele die Liquidation einer LPG als Vorgang, nicht jedoch den Erwerb von Vermögen aus einer Liquidation durch den Käufer.

Die Kläger sind dem entgegengetreten mit der Argumentation, erforderlich sei lediglich eine „Handlung“, die der Durchführung des Gesetzes diene. Die Nachtragsliquidation diene dazu, die fehlgeschlagene Umwandlung in Form einer Nachzeichnung „zu heilen“.

Dem Willen der ehemaligen Mitglieder der LPG bzw. dem Willen der nunmehrigen Genossenschaftsmitglieder werde damit voll entsprochen.

Im Widerspruchsverfahren hat die Behörde ausgeführt, es müsse ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen der Handlung im Sinne des § 67 LwAnpG mit den im LwAnpG geregelten Maßnahmen gegeben sein. Das sei nicht der Fall. Das LwAnpG kenne keine Regelungen über Unternehmenskaufverträge. Auch diene der Kaufvertrag nicht der Vorbereitung eines Verfahrens oder einer Maßnahme nach dem LwAnpG. Das LwAnpG sehe für den Übergang von Vermögen und Mitgliedern einer LPG auf ein anderes Unternehmen nur die Teilung (§§ 4 f. LwAnpG), den Zusammenschluss (§§ 14 f. LwAnpG) oder die formwechselnde Umwandlung (§§ 23 f. LwAnpG) vor. Diese Umwandlungsvorgänge seien dadurch gekennzeichnet, dass sie für den Vermögensübergang nur eine Gesamtrechtsnachfolge vorsehen, nicht dagegen die Einzelrechtsnachfolge im Wege einer Vermögensübernahme durch Vertrag. Der Vermögensübergang durch einen Kaufvertrag habe im LwAnpG keine Grundlage. Das LwAnpG stelle ein Sonderumwandlungsrecht dar, welches keinen Raum lasse für andere Übertragungsvorgänge, insbesondere nicht für übertragende Auflösungen.

II. Kritische Würdigung

Dieser Auffassung der Verwaltung hat sich das Verwaltungsgericht Dresden im Ergebnis angeschlossen. Die Rechtsauffassungen der Behörde und des Verwaltungsgerichts vermögen aber nicht zu überzeugen.

Leider lässt sich den Urteilsgründen nicht entnehmen, wie der Kauf- und Übertragungsantrag gestaltet worden ist. In der Praxis der sogenannten Heilung von fehlgeschlagenen Umwandlungen sind verschiedene Varianten zur Anwendung gekommen; zu erwähnen ist insbesondere die Einbringung des Vermögens einer LPG i.L. in eine neu gegründete juristische Person. Dieser Vorgang war auch mehrfach Gegenstand gerichtlicher Entscheidungen des Bundesgerichtshofs.2

Das Verwaltungsgericht Dresden geht offensichtlich davon aus, der Übergang des Vermögens auf andere Unternehmen sei im LwAnpG nur geregelt durch Teilung, Zusammenschluss sowie Umwandlung. Das trifft nicht zu und steht auch nicht im Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs.

Richtig ist im Ausgangspunkt die Argumentation des Verwaltungsgerichts, mit der Formulierung „zur Durchführung dieses Gesetzes“ in § 67 Abs. 1 LwAnpG sei die Durchführung der im Gesetz selbst geregelten Verfahren unter Anwendung der dort vorgesehenen Regelung gemeint.

Dazu gehören aber neben Teilung, Zusammenschluss und Formwechsel auch die Liquidation.3

Im Wesentlichen sind zwei Möglichkeiten zu unterscheiden, die Liquidation durchzuführen. Es gilt der Grundsatz, dass bei einer Liquidation das Vermögen der Genossenschaft nach Beendigung der laufenden Geschäfte und Erfüllung der Verbindlichkeiten „in Geld umzusetzen und dieses Geld unter den Genossen zu verteilen ist“; § 42 Abs. 1 LwAnpG i.V.m. §§ 88 Satz 1, 91 Abs. 1 Satz 1 GenG. Davon kann aber abgewichen werden. So ist es zulässig, im Rahmen der Liquidation das Unternehmen der Genossenschaft an eine andere Gesellschaft zu veräußern und dabei als Gegenleistung keinen Kaufpreis in Geld zu vereinbaren, sondern eine Beteiligung der Genossen an der als Käuferin auftretenden Gesellschaft nach dem Verhältnis der Anteile an der Genossenschaft. Hier war in der Vergangenheit streitig, ob von dem Gebot der Versilberung des Gesellschaftsvermögens nur mit Zustimmung sämtlicher Genossen abgewichen werden kann. Diese Frage ist aber inzwischen höchstrichterlich geklärt. Ein Mehrheitsbeschluss ist ausreichend.4

Nach Auffassung des Bundesgerichtshofs besteht der Zweck des LwAnpG nicht darin, die landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften durch Versilberung ihres Vermögens zu zerschlagen. Sie sollten vielmehr unter Weiterbeteiligung ihrer Mitglieder in leistungsfähige landwirtschaftliche Betriebe mit einer dafür passenden Rechtsform überführt werden, und das auf der Grundlage einer gerechten Vermögensverteilung und einer freien unternehmerischen Entscheidung. Diese Zielstellung rechtfertige es, auch noch im Rahmen der Abwicklung das Interesse der Mehrheit an dem Fortbestand des Betriebs nicht hinter dem Interesse einzelner Mitglieder an einer Auflösung ihres Abfindungsguthaben in Geld zurücktreten zu lassen, sondern beide Interessen gleichermaßen angemessen zu berücksichtigen5.

Die Zielstellung des LwAnpG, die in § 3 LwAnpG ausdrücklich geregelt ist, hat das Verwaltungsgericht Dresden nicht berücksichtigt. Danach dient das LwAnpG der Entwicklung einer vielfältig strukturierten Landwirtschaft und der Schaffung von Voraussetzungen für die Wiederherstellung leistungs- und wettbewerbsfähiger landwirtschaftlicher Betriebe, um die in ihnen tätigen Menschen an der Einkommens- und Wohlstandsentwicklung zu beteiligen. Wenn aber nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes die Variante der Liquidation, die im Rahmen der Liquidation das Vermögen der LPG an eine andere Gesellschaft zu veräußern nach der Zielstellung des Gesetzes vorzugswürdig ist, muss dies bei der Auslegung des § 67 LwAnpG maßgeblich berücksichtigt werden.

Vor diesem Hintergrund stellen Unternehmenskaufverträge jedenfalls dann Handlungen im Sinne des § 67 LwAnpG dar, wenn diese Verträge unter Berücksichtigung des § 42 Abs. 2 LwAnpG abgeschlossen worden sind und darüber hinaus die Vorgaben berücksichtigen, die der Bundesgerichtshof aufgestellt hat.

Das hat das Verwaltungsgericht maßgeblich verkannt, wenn es meint, die erfolgten Unternehmenskaufverträge seien nicht im Rahmen des Liquidationsverfahrens gemäß § 42 Abs. 1 LwAnpG abgeschlossen worden. Das Gegenteil ist der Fall.

Gemäß § 42 Abs. 2 LwAnpG sind bei Abschluss eines Kauf- bzw. Übertragungsvertrags Kaufangebote der Mitglieder vorrangig zu berücksichtigen; sie können die Übernahme von Vermögensgegenständen zum Schätzwert verlangen. Ihnen steht im Übrigen ein Vorkaufsrecht zu. Damit sind wesentliche Voraussetzungen bei Abschluss dieser Verträge direkt im LwAnpG geregelt. Die Rechte der LPG-Mitglieder müssen bei Abschluss der Verträge zwingend berücksichtigt werden. Darüber hinaus muss ein zustimmender Beschluss der Vollversammlung zum Abschluss des Unternehmenskaufvertrags herbeigeführt werden und zwar insbesondere dann, wenn von dem Grundsatz abgewichen werden soll, den Liquidations­erlös an die Mitglieder auszukehren und stattdessen Anteile an dem Käuferunternehmen gewährt werden.

Auch die Schlussfolgerung des Verwaltungsgerichts Dresden, sämtliche Verfahren zur Übernahme von Vermögen im LwAnpG seien dadurch gekennzeichnet, dass der Vermögensübergang als Gesamtrechtsnachfolge ausgestaltet ist, trifft nachweislich nicht zu. Bei der Verwertung des Vermögens gemäß § 42 LwAnpG ist nur eine Einzelrechtsnachfolge denkbar. Werden die dargelegten Grundsätze bei Abschluss eines Kauf- und Übertragungsvertrages eingehalten, führt dies zu einem gesetzeskonformen Abschluss der Liquidation, weil alle Mitglieder der LPG i.?L. entsprechend ihrer quotalen Beteiligung an der LPG einen Anteil an dem Käuferunternehmen erhalten. Das Verwaltungsgericht Dresden hat offensichtlich als Liquidation nur einen Sachverhalt angesehen, der zu einer Versilberung des Vermögens der LPG führt. Das entspricht wie bereits dargelegt aber nicht der Zielstellung des LwAnpG. Dementsprechend handelt es sich bei dem Abschluss eines Kauf- bzw. Übertragungsvertrags auf Grund einer fehlgeschlagenen Umwandlung nicht um einen Erwerbsvorgang, der nur bei Gelegenheit einer Liquidation durchgeführt worden ist, sondern nur einen zentralen Bestandteil einer Liquidation, die ohne Zweifel im Sinne der LPG-Mitglieder und der Gläubiger erfolgt. Nach Auffassung des Verwaltungsgerichts Dresden soll mit der Kostenfreiheitsbescheinigung derjenige begünstigt werden, der sich dem Regime der im LwAnpG vorgesehenen Verfahren unterwirft. Nichts anderes haben hier die vertragschließenden Parteien getan. Die Zielstellung des LwAnpG, die Voraussetzungen zu schaffen für die Wiederherstellung leistungs- und wettbewerbsfähiger landwirtschaftlicher Betriebe ist umgesetzt worden. Dies ist auch im Interesse der Allgemeinheit.

Irrtümlich geht das Verwaltungsgericht Dresden davon aus, nur bei einer Teilung, einem Zusammenschluss oder einem Formwechsel könnten die Rechte der LPG-Mitglieder gewahrt werden, um deren Vermögensansprüche zu regeln. Bei richtiger Anwendung der gesetzlichen Vorschrift des LwAnpG ist dies auch im Stadium der Liquidation möglich.

 

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Quellen:

  1. Vgl. Neixler/Hellwig, „Die Kostenfreiheitsbescheinigung nach § 67 LwAnpG als Mittel steuerlicher Gestaltung“. In NL-BzAR 2001, 90 f.
  2. Vgl. zuletzt BGH-Beschluss vom 28. 11. 2008 – BLw 4/08,  NL-BzAR 2009, 67 f.
  3. Vgl. § 42 LwAnpG.
  4. Vgl. Urteil des Bundesgerichtshofs vom 20. 9. 2004 – II ZR 334/02, NL-BzAR 2004, 452 f.
  5. Vgl. BGH a.a.O.