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Deutscher Bundestag, 41. Sitzung des Haushaltsausschusses am 7. 12. 2010:
Öffentliche Anhörung zu dem Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung von Vorschriften zum begünstigten Flächen­erwerb nach § 3 des Ausgleichsleistungsgesetzes und der Flächen­erwerbsverordnung
(Zweites Flächenerwerbsänderungsgesetz – 2. FlErwÄndG)
BT-Drucksache 17/3183

Liste der Sachverständigen

  • Dr. Thorsten Purps, Streitbörger Speckmann Rechtsanwälte
  • Manfred Graf von Schwerin, Aktionsgemeinschaft Recht und Eigentum e.V.
  • Dr. Helmut Born, Deutscher Bauernverband
  • Albrecht Wendenburg, Arbeitsgemeinschaft für Agrarfragen in den Ländern Brandenburg – Mecklenburg-Vorpommern – Sachen – Sachsen-Anhalt – Thüringen e.V.
  • Wolfgang Jäger, Landwirt
  • Minister Dr. Till Backhaus, Ministerium für Landwirtschaft, Umwelt und Verbraucherschutz Mecklenburg-Vorpommern
  • Dr. Klaus Köpp, M.C.L., Redeker/Sellner/Dahs Rechtsanwälte

Zusammenfassung der Stellungnahmen

Die Zusammenfassung der Stellungnahmen finden Sie unter www.Agrarrecht.deAktuelle Themen – Flächenerwerb – 24.

Dort veröffentlichen wir außerdem Materialien zur Beratung des 2. FlErwÄndG im Plenum des Deutschen Bundestages in der 82. Sitzung am 17. 12. 2010.

Ausgewählte Pressemeldungen

1.
Anhörung  bestätigt Notwendigkeit
besserer Alteigentümerrechte

Anlässlich der heutigen Anhörung des Bundestages zum 2. Flächenerwerbsänderungsgesetz erklärt der Experte für Verbraucherschutz der FDP-Bundestagsfraktion und Vorsitzende des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz Hans-Michael Goldmann:

Mit wenigen Ausnahmen sehen die Sachverständigen die Notwendigkeit, die Benachteiligung der Alteigentümer beim Flächenerwerb zu korrigieren.

Mit dem Gesetzentwurf wird das Versprechen erfüllt, das man den Alteigentümern 1994 gegeben hat, ca. 30 ha ihrer ehemals enteigneten Flächen ermäßigt zurückkaufen zu können. Dieses Versprechen konnte nicht eingehalten werden, weil die Alteigentümer für ihren Kaufantrag bei der bundeseigenen Bodenverwertungs- und -verwaltungs GmbH (BVVG) eine Bescheinigung über ihre Enteignung von den zuständigen Landesbehörden benötigen. Da diese Bescheide aber zu Tausenden noch nicht ausgestellt sind, durch Versäumnisse der Verwaltungen der Länder, wurden die Alteigentümer Opfer der rasanten Preisentwicklung für landwirtschaftlichen Grund und Boden in den Neuen Ländern. Durch diese Preisentwicklung hätten die Alteigentümer nicht einmal mehr die Hälfte der 1994 in Aussicht gestellten 30 ha begünstigt erwerben können. Dies haben die Alteigentümer aber nicht zu verschulden. Deshalb ist die Einführung des Stichtags 2004 nur folgerichtig und überfällig und der entscheidende Erfolg der FDP. Denn so können die Alteigentümer wenigstens annähernd die Flächen erwerben, die man ihnen seinerzeit versprochen hatte.

In einem weiteren Gesetz, das Anfang 2011 verabschiedet werden soll, sollen die Verfahren der über 10.000 offenen Anträge bei den Landesvermögensämtern drastisch beschleunigt werden.

Die Versuche der SPD und die Linken, dies zu skandalisieren zeugen von einem zweifelhaften historischen Verständnis der Problemlage.

Den Alteigentümern ist zwischen 1945 und 1949 Unrecht widerfahren und die Bodenreform wurde als Mittel der politischen Verfolgung missbraucht.

Dies ist auch höchstrichterlich festgestellt worden. Deshalb ist es unverantwortlich, wenn jetzt von der SPD und den Linken die berechtigten Interessen der Alteigentümer auf Wiedergutmachung durch eine unstatthafte Neiddebatte diskreditiert werden.

Den Interessen der wirtschaftenden landwirtschaftlichen Betriebe ist in den vergangenen Jahren ausreichend Rechnung getragen worden, da sie bis zu 100 ha ermäßigt von den früher enteigneten Flächen erwerben konnten. Dieser ermäßigte Erwerb wurde Ende 2009 abgeschlossen. Künftig können die landwirtschaftlichen Betriebe bundeseigene Flächen nur noch zum Verkehrswert kaufen. Demgegenüber können die Alteigentümer und ihre Nachfahren nur max. 30 ha begünstigt erwerben und selbst wenn sie diese Flächen gleich wieder verkaufen wollten, werden die landwirtschaftlichen Betriebe nicht schlechter gestellt, als wenn sie die Flächen zum Verkehrswert von der BVVG kaufen müssten.

Ich appelliere insbesondere an die SPD, auf eine Neiddebatte in diesem Zusammenhang zu verzichten, denn die SPD wird ja nicht leugnen wollen, dass den Alteigentümern ein großes Unrecht widerfahren ist. Die Bundesrepublik hat die moralische Verpflichtung den Betroffenen wenigstens die Möglichkeit einzuräumen, einen Teil ihres ehemaligen Besitzes ermäßigt zurückkaufen zu können.

2.
Union und FDP ignorieren Interessen der wirtschaftenden Landwirte

Zur heutigen Anhörung des Haushaltausschusses des Deutschen Bundestages zum Zweiten Flächenerwerbsänderungsgesetzes erklären die zuständigen Berichterstatter der SPD-Bundestagsfraktion im Haushaltsausschuss Rolf Schwanitz und im Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz Waltraud Wolff:

Die SPD-Bundestagfraktion sieht sich durch die Anhörung in ihrer Ablehnung des Zweiten Flächenerwerbsänderungsgesetzes bestätigt. Das Risiko dieses Gesetzes ist zu groß: Den Landwirten in Ostdeutschland droht ein massiver Flächenentzug, dem Bundeshaushalt unkalkulierbare Mindereinnahmen.

Der Entwurf der Koalition sieht vor, Alteigentümern den Erwerb zum Preis von 2004 zu ermöglichen. Gleichzeitig dürfen Ansprüche neu gestellt und an weit entfernte Verwandte abgetreten werden. Seit 2004 sind die Preise für Agrarland rasant gestiegen, damals lag der Preis bei 2.700 Euro, heute bei durchschnittlich rund 8.200 Euro je Hektar.

Der Landwirtschaftsminister Mecklenburg-Vorpommerns, Till Backhaus, bestätigte die negativen Auswirkungen auf die ostdeutschen Landwirtschaftsbetriebe. Die Gesetzänderung macht den Landkauf von Alteigentümern derart lukrativ, dass mit einem massiven Anstieg der Kaufanträge zu rechnen ist. Backhaus sieht einen neu geschürten Interessenkonflikt zwischen den Landwirten vor Ort und den nicht selbst wirtschaftenden Alteigentümern. Während die Landwirte Marktpreise für Land zahlen müssen, können die Alteigentümer zu stark verbilligten Preisen kaufen. Die freiverkäuflichen Flächen würden weniger, die Marktpreise dadurch noch weiter steigen.

Offen bleibt die Frage, ob der Flächenpool für alle Ansprüche ausreichen wird. Die ehemals staatlichen Flächen werden für den Bund von der Bodenverwertungs- und -verwaltungs GmbH (BVVG) verwaltet, im Flächenpool sind noch 315.000 Hektar verkaufsfähige landwirtschaftliche Fläche. Das kann bedeuten, dass weder für den Verkauf an bewirtschaftende Pächter noch für das nationale Naturerbe mit diesen Gesetz Flächen übrig wären.

Zugunsten der Alteigentümer soll also, nach dem Willen der CDU/CSU-FDP-Koalition, ein in den 90er Jahren hart erkämpfter Kompromiss beim Flächenerwerb aufgehoben werden. Die nicht selbst bewirtschaftenden Alteigentümer sollen beim Flächenerwerb gegenüber allen anderen Interessenten begünstigt werden.

Genauso wie die Interessen der wirtschaftenden Betriebe werden auch die Grundlagen der damaligen Einigung ignoriert. Der Verfassungsrechtler Klaus Köpp hat in seiner schriftlichen Stellungnahme darauf hingewiesen, dass das Entschädigungs- und Ausgleichsleistungsgesetz keinen Anspruch auf eine bestimmte Flächengröße begründet. Es begründet lediglich einen den Anspruch auf einen Erwerb in Höhe eines ermittelten Wertes. Daher erwächst aus den steigenden Bodenpreisen keine Verpflichtung.

3.
Der Linken und der SPD fehlt kritische Distanz zu den Menschenrechtsverletzungen der Boden-reform

Zur Anhörung zum Flächenerwerbsänderungsgesetz erklärt Cornelia Behm, Sprecherin für ländliche Entwicklung und für Waldpolitik der Bundestagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen:

Bündnis 90/Die Grünen tragen das Zweite Flächenerwerbsänderungsgesetz trotz Kritik im Detail im Grundsatz mit. Denn bei diesem Gesetz geht es um die Wiederherstellung legitimer Entschädigungsansprüche für eine Gruppe von Opfern des Stalinismus.

Es ist doch geradezu grotesk, dass gerade diejenigen Alteigentümer, die in Ostdeutschland einen Betrieb wieder aufgebaut haben und als Pächter BVVG-Flächen begünstigt erworben konnten, auch weiterhin vom begünstigtem Alteigentümererwerb ausgeschlossen sein sollen. Außerdem halten wir die Verschlechterung der Alteigentümer-Erwerbsansprüche in Folge der Erhöhung des Kaufpreises durch Anrechnung von 75 Prozent der im Ausgleichsleistungsbescheid ausgewiesenen Zinsen für nicht gerechtfertigt. Hier werden wir Änderungsanträge stellen.

Das Agieren von SPD und Linken bei der Anhörung hat gezeigt, dass diese Parteien nach wie vor eine kritische Distanz zu den massiven Menschenrechtsverletzungen der Bodenreform fehlt und dass sie den damals vollständig enteigneten und vertriebenen Alteigentümern bis heute feindselig gegenüber stehen.

Das ist für Bündnis 90/Die Grünen als Bürger- und Menschrechtspartei eine inakzeptable Haltung. Denn den Bodenreformopfern wurde nicht nur alles Eigentum genommen, sondern sie wurden innerhalb von Stunden mit nur einem Koffer in der Hand aus ihrer Heimat vertrieben. Viele von ihnen haben Vertreibung und Internierung nicht überlebt. Der Vorwand, es habe sich allesamt um Nazis und Kriegsverbrecher gehandelt, war vorgeschoben und traf nur für einen Teil der Enteigneten zu. Ein Prozess, der diese Schuld festgestellt hätte, fand nicht statt.

Die gesellschaftliche Aufarbeitung dieses Kapitels des Stalinismus steht noch aus. Noch heute glauben viele Menschen an die Argumente aus der Stalin-Ära für diese Enteignung und Vertreibung, die den berechtigten Traum von der gerechten Verteilung des Eigentums pervertierten.

4.
Keine Spekulation mit ehemals volkseigenen Flächen

„Statt den Spekulationsmotor BVVG abzustellen, sorgt die schwarz-gelbe Koalition nun dafür, dass auch die Alteigentümer von der staatlichen Bodenspekulation profitieren können. Die Linke lehnt dies ab und fordert stattdessen Sofort-Maßnahmen gegen Bodenspekulationen und die kostenfreie Übergabe der ehemals volkseigenen BVVG-Flächen an die Bundesländer“, kommentiert Kirsten Tackmann, agrarpolitische Sprecherin der Fraktion Die Linke, die Ergebnisse der von den Oppositionsfraktionen erzwungenen Anhörung im Haushaltsausschuss des Bundestags zum Entwurf für das Zweite Flächenerwerbsänderungsgesetz. Tackmann weiter:

„Für die Bedienung der Interessen ihrer Klientel nimmt die Koalition billigend in Kauf, dass die Folgen für die Landwirtschaftsbetriebe und den Bundeshaushalt unklar sind. In der Anhörung blieb völlig offen, wie viel Bodenfläche für den erweiterten Alteigentümer-Anspruch auf begünstigten Bodenerwerb reserviert werden müsste und wie viel Einnahmen dem überschuldeten Bundeshaushalt dabei verloren gehen. Die im Gesetzentwurf stehenden Mindereinnahmen von 370 Millionen Euro scheinen eher ein Mindestbetrag zu sein.

Der Gesetzesentwurf verschärft damit zusätzlich die Lage am durch die BVVG-Verkäufe geprägten Bodenmarkt  in den ostdeutschen Bundesländern. Die Bodenpolitik wird damit immer widersinniger und unkalkulierbar.

Durch die Öffnung der Landverkäufe zugunsten international agierender Kapitalgesellschaften hat sich der Bodenmarkt innerhalb weniger Jahre von einem durch die Landwirtschaft wirtschaftlich tragbaren Niveau zu einem Spekulationsmarkt entwickelt. Ehemals volkseigene Äcker und Wälder sind so teuer, dass die Boden- und Pachtpreise mit landwirtschaftlicher Arbeit kaum noch zu erwirtschaften sind.

Die Linke fordert: Bodenspekulation verhindern statt Alteigentümer einseitig zu begünstigen.“

5.
Vogelsänger zum Flächenerwerbsänderungsgesetz

Brandenburgs Agrarminister Jörg Vogelsänger nimmt Stellung zu den aktuellen Diskussionen um das Flächenerwerbsänderungsgesetz:

„Nach meiner Auffassung ist die Preisvergünstigung für Alteigentümer mit dem Gesetzentwurf dann berechtigt, wenn Anträge bei den Landesämtern fr offene Vermögensfragen nach dem Ausgleichsleistungsgesetz (EALG) immer noch nicht beschieden sind, und damit diese Alteigentümer gegenüber denen, die bereits einige Jahre ihren Ausgleichsleistungsbescheid haben, für Dinge benachteiligt werden, die sie nicht zu verantworten haben.

Sollten aber nun noch mögliche Erben aus zweiter, dritter oder sogar vierter Linie gesucht werden, dann ist das eine Subventionierung, die eigentlich das europäische Wettbewerbsrecht auf den Plan rufen sollte. Hier will sich – wie bereits des öfteren geschehen – die FDP ihrer Lobbyarbeit widmen. Dahinter stehen die derer zu Solms und anderer, die den Preisaspekt für Alteigentümer seinerzeit noch sehr schwammig in den schwarz-gelben Koalitionsvertrag hineinpressten, um jetzt ihre Vorteile daraus ziehen zu können.

Die ständig von BMF und BVVG praktizierte Argumentation, marktgerecht und damit EU-wettbewerbsgerecht verkaufen zu müssen, wird durch den Gesetzesentwurf auch ad absurdum geführt. Da sollte sich doch beispielsweise einmal die schwarz-gelbe Mehrheit im Haushaltsausschuss des Bundestages an die Nase fassen, die im März diesen Jahres noch beschlossen hatte, dass sie hinsichtlich der Privatisierung ostdeutscher Seen ’nichts zu verschenken hätte’. Hier wird also mit zweierlei Maß gemessen – gegen die ostdeutschen Länder und die Wettbewerbsfähigkeit der ostdeutschen Landwirtschaft.“