Homepage | Site Map | Impressum | Anzeigenpreise | AGB | Kontakt

 

Werner Schwarz, Vizepräsident des Deutschen Bauernverbandes, Präsident des Bauernverbandes Schleswig-Holstein

Aus der Einführungsrede zum 5. Berliner Forum am 18. 9. 2013

Wir wollen mit dem „Berliner Forum“ Anstöße für die rechtspolitische Diskussion zu aktuellen Themen aus der Land- und Agrarwirtschaft geben. Ihre zahlreiche Teilnahme verdeutlicht, dass wir in diesem Jahr ein hochaktuelles Thema ausgewählt haben.

Während sich die Verbraucher zunehmend mit dem Wie und Woher ihrer Nahrungsmittel beschäftigen, haben finanzstarke Investoren die Landwirtschaft entdeckt. Zu den Investoren zählen Einzelpersonen, Unternehmen bis hin zu Stiftungen. Über die Ursache dieses Interesses an der Landwirtschaft und am landwirtschaftlichen Grund und Boden lässt sich trefflich diskutieren.

Der Bundesverband der Gemeinnützigen Landgesellschaften hat in seiner Studie aus dem Jahr 2012 vier wesentliche Einflussfaktoren genannt.

Außerlandwirtschaftliches Kapital sucht in Zeiten der Finanzkrise und angesichts sehr niedriger Zinsen einen „sicheren Hafen“.

Die allgemein verbesserte Erlössituation in der Landwirtschaft und damit verbundene höhere Gewinnerwartungen.

In einigen Regionen, aber längst nicht in allen, löst die Verdichtung in Tierhaltung und/oder bei Biogas eine zusätzliche Flächennachfrage aus.

Hinzu kommt der Flächenverlust durch Siedlung, Verkehr und einen falsch gesteuerten Naturschutzausgleich.

 

Speziell in den ostdeutschen Bundesländern kommt die Privatisierungspraxis der BVVG noch hinzu.

 

Mit diesen unterschiedlichen Einflussfaktoren gehen sicherlich auch viele unterschiedliche Erscheinungsformen und Motive des Engagements von Investoren einher.

Nach unserer Wahrnehmung haben zunächst viele vermögende Privatleute Interesse am Bodenkauf zur langfristigen Vermögensanlage. Diesen Trend gibt es in ganz Deutschland.

Daneben werden insbesondere in den östlichen Bundesländern auch Beteiligungen oder die Übernahme ganzer landwirtschaftlicher Betriebe angestrebt.

Dies wird befördert durch Beteiligungsmodelle, die an die Fördermöglichkeiten des Erneuerbaren-Energien-Gesetzes anknüpfen.

Erste Agrarunternehmen gehören mittlerweile börsennotierten Aktiengesellschaften, die teils auch landwirtschaftliche Flächen in großem Umfang erwerben.

Von den Banken vernehmen wir auch eine Bereitschaft, solche Betriebsübernahmen zu finanzieren, auch zu momentan steigenden Preisen.

Hinzu kommen private Stiftungen, private Fonds und speziell ausgerichtete Banken, die am Bodenmarkt aktiv werden, um landwirtschaftliche Flächen exklusiv für Naturschutzzwecke oder speziell für den ökologischen Landbau zu reservieren.

 

Aber wir Landwirte wissen: Die Bäume wachsen in der Landwirtschaft nicht in den Himmel.

Ich möchte nur auf Dänemark verweisen, wo auch die landwirtschaftlichen Familienbetriebe traditionell nicht vererbt, sondern an die nachfolgende Generation verkauft werden. In Dänemark sind die Preise für landwirtschaftliche Betriebe in den Jahren 2000 bis 2008 zunächst stark gestiegen, seit 2009 aber deutlich eingebrochen. Das führt momentan dazu, dass in Dänemark die strukturelle Entwicklung ins Stocken geraten ist, weil die Banken zurückhaltender geworden sind, den jungen Landwirten hohe Finanzierungen von 80 % und mehr auf die Betriebe zu geben.

Es liegt also im Interesse der Landwirtschaft selbst, spekulative Übertreibungen zu vermeiden.

Es ist nur verständlich, dass vor allem der schnelle Anstieg der Bodenpreise in Deutschland, vor allem in Ostdeutschland, nicht nur als Ausdruck des wachsenden Interesses an der Landwirtschaft gesehen wird, sondern auch kritisch nachgefragt wird, was denn auf dem Land passiert.

Denn: Boden ist ein besonderer Produktionsfaktor. Nicht vermehrbar, nicht verrückbar und zentrale Existenzgrundlage für die Bauern.

 

Für den Deutschen Bauernverband möchte ich betonen, dass der Agrarstandort Deutschland durch eine breit angelegte landwirtschaftliche Betriebsstruktur geprägt ist, die von Bauern mit ihren Unternehmen vor Ort getragen wird. Das galt seit der Wende auch in Ostdeutschland, wo im Zuge der Privatisierung die Landwirtschaft zu einem weit höheren Anteil in der Hand der Ortsansässigen geblieben ist, als zum Beispiel in der Industrie.

Als Deutscher Bauernverband stehen wir für bäuerliche Unternehmer, die frei über die Größe und Ausrichtung ihrer Betriebe entscheiden.

Großen Wert legen wir hierbei darauf, dass unsere Mitgliedsbetriebe in den Regionen verwurzelt sind und langfristig generationsübergreifend wirtschaften.

Für den Berufsstand ist daher weiterhin eine breite Eigentumsstreuung der land- und fortwirtschaftlichen Flächen in der Hand von Land- und Forstwirten und der Landbevölkerung ein wichtiges Ziel.

Dafür ist es notwendig, dass über ordnungsrechtliche Instrumentarien aktiven Landwirten auf dem landwirtschaftlichen Bodenmarkt ein Vorrang vor Investoren, die lediglich den Erwerb land- und forstwirtschaftliche Flächen als eine sichere Anlagemöglichkeit betrachten, eingeräumt wird.

Was wir glaube ich nicht brauchen, sind direkte staatliche Eingriffe in die Preisbildung am Bodenmarkt.

Aktive Landwirte haben aber zunehmend Schwierigkeiten, gerade bei Geboten von Kaufinteressenten mit außerlandwirtschaftlichem Kapital mitzuhalten. Das gilt für den Kauf einzelner Flächen genauso wie für die Übernahme ganzer Betriebe.

Und es gibt durchaus Investoren, die auf fremdgesteuerte und kurzfristige Renditeerwartung ausgerichtete Betriebskonzepte setzen. Dies lässt sich schwerlich mit den agrarstrukturellen Zielsetzungen und Anforderungen an eine moderne und vor allem nachhaltige Landwirtschaft vereinbaren.

Neben dem Gutachten der Landgesellschaften hat auch das Thünen-Institut im Auftrag des BMELV zwei Studien erstellt. Leider sind die quantitativen Aussagen zum Umfang nichtlandwirtschaftlicher Investoren bundesweit wenig belastbar. Allerdings sollten wir die getroffene Feststellung vermerken, dass Hedgefonds, staatliche Fonds oder Versicherungsgesellschaften als Investoren auf dem deutschen Bodenmarkt bisher keine erkennbare Rolle spielen. Wir haben es also in Deutschland bisher nicht mit „land grabbing“ zu tun.

 

Eine pauschale Verurteilung außerlandwirtschaftlicher Investoren führt aber auch nicht weiter. Denn es gibt ja immer zwei Seiten: Käufer und Verkäufer.

Mit Sorge verfolgen wir daher Entwicklungen, dass einige Inhaber von nach 1990 neu oder umgegründeten Landwirtschaftsbetrieben jetzt „Kasse“ machen wollen.

Als sehr wohltuend empfand ich den kürzlichen Kommentar von Herrn Tanneberger in der Bauernzeitung, der davor warnte, nicht mehr „Herr im eigenen Dorfe“ zu sein, wenn man kurzerhand den Landwirtschaftsbetrieb an fremde Dritte verkauft. Aus dieser Tatsache erwächst eine besondere Verantwortung der Landwirte.

Und dann gibt es eben auch diejenigen Investoren, die sich langfristig einer nachhaltigen Bewirtschaftung und ihrer Verantwortung vor Ort verpflichtet fühlen. Teils suchen Betriebe auch über neue Gesellschafter gezielt nicht nur eine Stärkung ihrer Finanzkraft, sondern auch neues Know-how.

Kann man und soll man auf diese Entwicklungen mit ordnungsrechtlichen Instrumentarien differenziert Einfluss nehmen? Das ist eine Fragestellung, die parteiübergreifend sowohl auf Bundes- als auch auf Landes­ebene aktuell erörtert wird. Aber auch landwirtschaftliche Betriebe und ihr Berufsstand selbst sind gefordert.

Wird ausreichend und rechtzeitig für eine Generationsnachfolge vorgesorgt? Hat man bei Personen- und Kapitalgesellschaften jungen Nachwuchskräften ausreichende Möglichkeit zur Beteiligung eingeräumt? Und soll der Erwerb von Boden besser in der Hand der einzelnen Gesellschafter oder in der Hand des landwirtschaftlichen Betriebes erfolgen?

Für den Deutschen Bauernverband kann ich sagen, dass wir in den kommenden Monaten die Diskussion um die Bodenpolitik führen wollen.Wir brauchen eine Verständigung über die agrarstrukturpolitischen Ziele, dann können wir auch über einzelne Maßnahmen, z.B. im Grundstücksverkehrsgesetz, reden und entscheiden. Es darf aber dabei nicht darum gehen, einzelne Wirtschaftsweisen, Betriebsformen oder -größen zu diskriminieren.

 

Auch wenn es in Gänze keine abschließenden perfekten Antworten für alle Fragestellungen geben kann, erwarten wir jedoch Anstöße für die anstehenden rechtspolitischen Diskussionen. Dies gilt vor allem für eine wirksame Umsetzung und Weiterentwicklung des Grundstückverkehrsgesetzes und des Landpachtverkehrsgesetzes durch die zuständigen Bundesländer.