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RA/StB/vBP Jochen Drescher, Dresden

Anmerkung zu Sächs. FG vom 30. 4. 2008 – 5 K 1464/00

Das Sächsische Finanzgericht behandelt in seinem Urteil vom 30. 4. 2008 – 5 K 1464/00 – einen bei der Umwandlung einer LPG oftmals vorkommenden Sachverhalt:
Eine ehemalige LPG (P) und LPG (T) wurde nach territorialen Grundsätzen auf drei Nachfolgeunternehmen umgewandelt, davon zwei eingetragene Genossenschaften und eine GmbH. Alle drei Unternehmen begehrten, die bis zur Umwandlung entstandenen anteiligen Verluste fortzuschreiben. Dies lehnte das Finanzamt ab. Von den drei Unternehmen klagte nur eine Genossenschaft.
Im Zeitpunkt der Beschlussfassung galt noch die ursprüngliche Fassung des LwAnpG vom 29. 6. 1990, das folgende Möglichkeiten vorsah:

  • Teilung zur Neugründung eines Unternehmens in der Rechtsform der eingetragenen Genossenschaft, als Kapitalgesellschaft oder als Personengesellschaft nach § 4.
  • Verschmelzung zur Neugründung einer LPG nach § 14.
  • Teilung und Zusammenschluss auch mehrerer LPG zu einer oder mehrerer neuer LPG nach § 22.
  • formwechselnde Umwandlung in eine eingetragene Genossenschaft nach § 23.

Vorliegend wurden der Zusammenschluss und die Teilung von ursprünglich zwei LPG in einem Beschluss zusammengefasst, was nach den vorgenannten Bestimmungen des LwAnpG als übertragender Rechtsakt und damit als Neugründung von drei Unternehmen (als Teilgesamtrechtsnachfolger der beiden LPG) ausgestaltet war. Zivilrechtlich ist die Unterscheidung zwischen einer formwechselnden und einer übertragenden Umwandlung hinsichtlich der Rechtsnachfolge bedeutungslos. Steuerrechtlich differenziert der Gesetzgeber jedoch erheblich zwischen diesen beiden Rechtsformen. Unter anderem ging bis zum Inkrafttreten des geänderten UmwStG zum 1. 1. 1995 bei einer übertragenden Umwandlung ein bestehender Verlustvortrag unwiderbringlich verloren, wobei ohne gesetzliche Regelung erst der Tag der Registereintragung zum Erlöschen des umgewandelten Unternehmens führt. Hieraus ergibt sich die eminente praktische Bedeutung der Vorschrift des § 1 Abs. 5 DMBilG, das durch die Fiktion einer rückwirkenden Umwandlung („können angesehen werden“) zum 1. 7. 1990 das Ergebnis (Gewinn oder Verlust) für den Zeitraum vom 1. 7. 1990 bis zur Registereintragung der Umwandlung den Nachfolgeunternehmen zuweist, wenn die formellen Voraussetzungen für die Anwendung dieser Vorschrift erfüllt sind. Hierzu zählte insbesondere ein rechtzeitiger Umwandlungsbeschluss nebst Registeranmeldung, der vorliegend erfolgte.

Strittig war, welche bilanziellen Folgerungen aus dieser Bestimmung zu ziehen sind. Die Finanzverwaltung hat hierzu in der bundeseinheitlich abgestimmten Verfügung der OFD Chemnitz vom 4. 8. 1998 – S 1900-229/9- St31 – NL-BzAR 1998, 402, die Auffassung vertreten, dass die Nachfolgeunternehmen auch dann eigene D-Markeröffnungsbilanzen zu erstellen haben, wenn die umgewandelten LPGen bereits solche erstellt haben.

Der BFH hat dieser Auffassung bereits im Urteil vom 4. 5. 2006 – I R 23/05 – eine Absage erteilt und insbesondere darauf abgestellt, dass die Vorschriften des DMBilG eine Neustrukturierung erleichtern und nicht erschweren sollte. Daher war bei der formwechselnden Umwandlung einer LPG (T) in eine eingetragene Genossenschaft nicht erforderlich, dass die Genossenschaft nochmals eine D-Markeröffnungsbilanz erstellt. Angesichts des Umstandes, dass bei einer formwechselnden Umwandlung eines Unternehmens aufgrund der Identität des Rechtsträgers die bislang erstellten Bilanzen weiter gelten, erstaunte die Auffassung der Finanzverwaltung sehr, ohne ausdrückliche gesetzliche Regelung für formwechselnd umgewandelte LPGen neue Bilanzen zu fordern.

Das Sächsische FG hat diesen Weg konsequent fortgeführt. Nachdem bei einer formwechselnden Umwandlung aufgrund der Rechtsträgeridentität ohnehin keine neuen Bilanzen notwendig sind, kann die Vorschrift des § 1 Abs. 5 DMBilG sinnvollerweise nur bei einer übertragenden Umwandlung Anwendung finden. Der beabsichtigen Vereinfachung würde es zuwider laufen, wenn bei unveränderten Wertansätzen (sog. Buchwertfortführung) gleichwohl die Aufstellung neuer Bilanzen mit einer differenzierten GuV-Rechnung für die einzelnen Nachfolgeunternehmen ab dem 1. 7. 1990 gefordert wird. Der formalistischen Betrachtungsweise der Finanzverwaltung, durch eine kleinliche Betrachtungsweise praktisch fast unüberwindbare Hürden aufzubauen (so müssten etwa alle Geschäftsvorfälle ab dem 1. 7. 1990 bis zur Eintragung der neuen Unternehmen – unter Zuordnung zu den Nachfolgeunternehmen – nachgebucht werden und es ist offen, was mit zwischenzeitlich veräußerten oder untergegangenen Wirtschaftsgütern passiert), wurde eine klare Absage erteilt.

Führen die Nachfolgeunternehmen die Buchwerte der aufgelösten LPGen fort, reicht es daher aus, wenn gegenüber dem Finanzamt erklärt wird, dass dies rückwirkend zum 1. 7. 1990 erfolgen soll und daher das – anteilige – Ergebnis vom 1. 7. 1990 bis zum Umwandlungszeitpunkt übernommen wird. Eine doppelte Versteuerung oder Berücksichtigung eines Verlustes der untergegangenen LPG ist damit nicht möglich, da für die untergegangene LPG keine Veranlagung stattfindet.

Ebenso fehlt für die Forderung der Finanzverwaltung, dass alle Nachfolgeunternehmen einheitlich von dem in § 1 Abs. 5 DMBilG eröffneten Wahlrecht Gebrauch machen müssen, die Rechtsgrundlage. Dies lässt bereits ein Umkehrschluss aus § 4 Abs. 3 Satz 1 DMBilG erkennen. Diese Regelung betrifft die Zuordnung bzw. Übertragung einzelner Vermögensgegenstände zu einem Unternehmen und verlangt daher ausdrücklich eine übereinstimmende Bilanzierung zwischen übertragenden und übernehmenden Unternehmen, nicht aber zwischen den übernehmenden Unternehmen untereinander. Satz 2 stellt klar, dass dies auch bei der Übertragung aller Vermögensgegenstände und Schulden (Aktiva und Passiva) gilt. Damit soll verhindert werden, dass bspw. Abschreibungen auf ein Gebäude von zwei Unternehmen für den gleichen Zeitraum geltend gemacht wurden.

Fazit

Das Urteil des Sächsischen FG hat eine wünschenswerte Klärung gebracht. Der lange Kampf der Genossenschaft hat 17 Jahre nach der Umwandlung dazu geführt, dass die erlittenen Verluste jetzt mit steuerlicher Wirkung entlastend berücksichtigt werden nach dem Motto „wer kämpft, kann verlieren – wer nicht kämpft, hat schon verloren“. Vorliegend war der Kampf erfolgreich. Dies sind üblicherweise Beträge in der Größenordnung von mehreren hunderttausend Euro oder auch im Millionenbereich. Für Unternehmen, die zu früh „das Handtuch geworfen haben“, bedeutet dies aber, dass eine unnötige steuerliche Mehrbelastung von im Einzelfall mehreren hunderttausend Euro eingetreten ist.

Soweit noch kein entsprechender Antrag gestellt wurde und daher noch kein Ablehnungsbescheid vorliegen kann, kann sich für betroffene Unternehmen eine Prüfung lohnen, ob trotz der Verschärfung der Verjährungsvorschriften bei einer Verlustfeststellung durch das Gesetz über steuerliche Begleitmaßnahmen zur Einführung der Europäischen Gesellschaft und zur Änderung weiterer steuerrechtlicher Vorschriften (SESteG) vom 7. 12. 2006, BGBl. I S. 2782, noch eine Verlustfeststellung möglich ist. Schlechte Karten haben die Unternehmen, die in eine GmbH & Co. KG umgewandelt wurden. Hier hat der BFH mit Beschluss vom 7. 12. 2007 – I B 91/07 – eine Verlustfortführung versagt.