auf der Internationalen Grünen Woche 2017 in Berlin
Thema: Bodenkauf trotz Agrarpreiskrise!?
Termin: 24. 1. 2017, 11.00 – 14.00 Uhr
Ort: Messe Berlin, Großer Stern, Raum Hong Kong
Veranstalter: Redaktion agrarmanager und Briefe zum Agrarrecht, dlv Deutscher Landwirtschaftsverlag, www.agrarmanager.com
Ende 2016 ist das neue Sonderheft Bodenmarkt 8 mit aktuellen Analysen und Statistiken zum deutschen Bodenmarkt erschienen.
Bestellen Sie hier bequem online Ihr Heft.
Auf dieser CD-ROM finden Sie alle 22 Jahrgänge von Briefe zum Agrarrecht (1993 bis 2014).
Die CD bietet umfangreiche Informationen der Briefe in Beiträgen, Dokumenten und Rechtsprechung zum Agrar- und Unternehmensreh. sowie zum Bodenmarkt.
Bestellung hier.
Prof. Dr. Klaus Böhme, Berlin
Ergebnisse, Aufgaben und Aussichten
Die BVVG Bodenverwertungs- und -verwaltungs GmbH hat im 20. Jahr ihres Wirkens das Ende fest im Blick. Der Aufsichtsratsvorsitzende Manfred Weidemann (BMF) hatte schon zum Jahresausklang 2011 gegenüber Agra-Europe erklärt: „Niemand geht davon aus, dass der BVVG ein ewiges Leben beschert wird."1 Die Pressekonferenz zum Auftakt des Jahres am 12. 1. 2012 in Berlin zeigte auch, dass sich beim Fortgang der Privatisierung eine Wende abzeichnet, die vor allem durch folgende Entwicklungen deutlich wird:
Der begünstigte Verkauf von Agrarflächen für langfristige Pächter ist bereits Ende 2009 beendet worden.2 Insgesamt wurden 9.205 Verträge über gut 379.000 ha Acker- und Grünland abgeschlossen und rund 1,1 Mrd. € Verkaufserlöse durch die BVVG erzielt.
Der Verkauf erfolgte nach dem EALG, das 1994 extra für die Privatisierung von volkseigenem Boden aus DDR-Zeiten in Verbindung mit Entschädigungen für nicht mehr rückgängig zu machende Enteignungen geschaffenen wurde3.
Als Aufgabe stehen bei dieser BVVG-spezifischen Verkaufsform allerdings noch
Die Mehrzahl der langfristigen Pachtverträge für BVVG-Flächen, die zum anschließenden Pächterdirekterwerb berechtigen, sind in den letzten Jahren ausgelaufen. Der Gipfel bei der Beendigung dieser Verträge mit 6 bis 18 Jahren Laufzeit und damit beim Direkterwerb lag in der Mehrzahl der Länder bereits im Jahr 2011, nur in Sachsen liegt er – bei niedrigem Flächenanteil insgesamt – erst im Jahr 2012.5
Die Möglichkeit, anstelle des sofortigen Pächterdirektkaufes noch einmal vier Jahre Pacht dazwischen zu schieben und sich dann für den Kauf zu entscheiden, verlängert
diese spezielle Form der Privatisierung noch einmal, macht ihr Ende aber trotzdem überschaubar: Bis 2016/17 wird der größte Teil der Direktverkäufe abgewickelt sein.
Durch die Verlängerung der Pachtverträge um neun Jahre verlieren die Pächter den Anspruch auf Direkterwerb. Diese Flächen gehen nach Ende der Pachtverträge in den „normalen“ Verkauf, d.?h. in die Ausschreibung.
Von 2016/17 an nehmen die BVVG-spezifischen Formen der Verwertung und Verwaltung nur noch einen geringen Teil der Aufgaben ein. Es bleiben zunehmend ganz normale Immobiliengeschäfte, wie sie von anderen Immobiliengesellschaften auch erledigt werden.
Seit dem 1. 7. 1992, als die BVVG die Flächenverwaltung und das Privatisierungsgeschäft für das ehemals volkseigene Land in Ostdeutschland von der Treuhandanstalt übernommen hat, wurden mehr als 1,3 Millionen Hektar privatisiert, davon reichlich die Hälfte Acker- und Grünland und rund 40 % Wald. Hinzu kommen Umwidmungs- und Naturschutzflächen sowie die Rückgabe von mehr als 216.000 Hektar an Private nach dem Vermögensgesetz (VermG) sowie die Zuordnung von fast 1,3 Millionen Hektar an Gebietskörperschaften nach Vermögenszuordnungsgesetz (VZOG).6
Das Portfolio der BVVG betrug Ende 2011 noch 315.400 ha Agrar- und 66.000 ha Waldflächen. Wenn die Verkäufe bis 2016 in der für 2012 geplanten Höhe weiter laufen, dürften dann nur noch rund 120.000 ha landwirtschaftliche Fläche zur Verfügung stehen. Die Forstflächen wären Ende 2016 bis auf Reste und Problemfälle veräußert.
Sowohl der Aufsichtsratsvorsitzende Weidemann wie auch die Geschäftsführer Dr. Wilhelm Müller und Dr. Detlev Hammann sehen 2016 für die BVVG als das Jahr, von dem an es zu „einschneidenden personellen und organisatorischen Veränderungen“ beim Agrarflächen-Privatisierer des Bundes kommt. Das habe auch die „Aufgabenkritik“ auf der Erfurter BVVG-Führungskräftetagung im August 2011 gezeigt. Im Grundsatz sei eine Halbierung der Zahl der Mitarbeiter – derzeit sind es rund 700 in der Berliner Zentrale und den acht Niederlassungen – sowie ebenfalls eine Halbierung der Zahl der Niederlassungen anzuvisieren, meinte Dr. Hammann. Jetzt müssten die Einzelheiten erarbeitet und mit den Gesellschaftern und in den Gremien beraten werden. Es sei zu entscheiden, wie der Bund dann
die weitere Privatisierung und Verwaltung der Flächen erledigen wolle. Weidemann meinte, dafür gebe es keine Denkverbote. Das betreffe auch eine mögliche engere Kooperation mit der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA).
Die BVVG hat im Jahr 2011 insgesamt 597 Millionen € Privatisierungs- und Verpachtungserlöse an den Bundeshaushalt abgeführt. Das sei ein sehr gutes wirtschaftliches Ergebnis, betonte Geschäftsführer
Dr. Müller. Es sei in dieser Höhe nicht zu erwarten gewesen und resultiere daraus, dass mit 51.700 ha Verkäufen land- und forstwirtschaftlicher Flächen der bisher höchste Flächenumsatz erreicht wurde, und das bei weiter stark gestiegenen Preisen. Die seit 2007 zu beobachtende starke Nachfrage habe sich auch 2011 fortgesetzt, unterstrich Müller. Weiterhin gebe es eine hohe Inanspruchnahme der Direkterwerbsmöglichkeit zum Marktwert nach den Privatisierungsgrundsätzen 2010 durch die berechtigten ortsansässigen Pächter sowie eine starke Beteiligung an den Ausschreibungen.
Die begünstigten Verkäufe nach dem 2. FlErw-ÄndG spielten 2011 mit rund 2.200 ha landwirtschaftlicher Fläche und 3.200 ha Wald nur eine untergeordnete Rolle. Dagegen nahmen die Direktverkäufe an die langfristgen Pächter mit rund 30.000 ha den größten Teil der Verkäufe ein.
Im Jahr 2011 endeten Pachtverträge über rund 79.400 Hektar mit Direkterwerbsansprüchen nach den Privatisierungsgrundsätzen 2010. Von diesen gingen 34 Prozent in den Direktverkauf, 36 Prozent in einen 4-jährigen Pachtvertrag und 30 Prozent in einen 9-jährigen Pachtvertrag.
Nach den Privatisierungsgrundsätzen 2010 können Pächter mit einer Berechtigung zum Direkterwerb Flächen bekanntlich in beschränktem Umfang sofort oder innerhalb der Laufzeit eines neuen 4-jährigen Pachtvertrages direkt erwerben. Sie können auch bei der BVVG einen neuen 9-jährigen Pachtvertrag mit Verzicht auf ihre Direkterwerbsmöglichkeit abschließen. Die Varianten können kombiniert werden.8
Zur Sicherung der weiteren vertraglichen Bindung der am 30. 9. 2012 pachtfrei werdenden Flächen hat sich die BVVG das Ziel gestellt, bis zum 31. 7. 2012 Kaufangebote zum Direkterwerb vorzulegen bzw. bis zum Ablauf des Vertrages die Folge-Pachtverträge abzuschließen.
Im Jahr 2011 wurden von der BVVG auch rund 8.800 Hektar unentgeltlich an die Länder bzw. von ihnen benannte Einrichtungen übertragen, davon 8.750 Hektar für die Sicherung des Nationalen Naturerbes.
Im Durchschnitt betrug die Preissteigerung 2011 zum Vorjahr erneut mehr als 20 % (siehe Tabelle 2). Der Preis für Verkehrswertverkäufe betrug 2011 durchschnittlich 12.640 €/ha. Die Steigerungsraten triften dabei zwischen den Ländern wieder stärker auseinander, wobei Thüringen mit dem Rückgang des Durchschnittspreises wegen der geringen Fläche und der außergewöhnlichen Steigerung von 2010 im Vergleich zu 2009 (+41 %) ein Ausnahmefall ist.9
Die wegen der steigenden Preise oft kritisierten Geschäftsführer betonen, dass die BVVG zwar ein bedeutender Anbieter am ostdeutschen Bodenmarkt ist, aber letztlich nicht die Marktpreise bestimmt: „Die Landwirtschaftsbetriebe geben bei den Ausschreibungen ihre Gebote ab. Sie entscheiden, wie viel ihnen die Flächen wert sind." Die BVVG fühlt sich in dieser Aussage durch eine Studie10 des Johann Heinrich von Thünen-
Instituts (vTI) bestätigt. Die Wissenschaftler hätten bestätigt, dass die BVVG durch die in den Privatisierungsgrundsätzen 2010 festgelegte Regelung, frei werdendes Acker- und Grünland auszuschreiben, den Bodenmarkt transparenter gemacht habe.
Die Geschäftsführer betonten, dass die BVVG als Privatisierungsstelle des Bundes keine eigene Politik mache, sondern nach den für sie geltenden Gesetzen und Richtlinien, insbesondere dem 2. Flächenerwerbsänderungsgesetz und den Privatisierungsgrundsätzen 2010, handele. Ändern sich diese, werde die Arbeit entsprechend angepasst.
Bei der Kritik an der BVVG sind aber auseinander zu halten:
Zu beiden Problemen wird in den folgenden Abschnitten Stellung genommen.
Die Antwort auf diese Frage scheint aus Sicht der BVVG recht einfach zu sein: Die Landwirte selbst bestimmen durch ihr Verhalten bei den Ausschreibungen den Marktwert der Flächen und eine objektive Preisermittlung – die auch EU-beihilferechtichen Ansprüchen genügt – könne nur über Ausschreibungen erreicht werden. Im übrigen, so immer wieder der ehemalige Geschäftsführer Dr. Horstmann, seien die Preise in Ostdeutschland – auch die der BVVG – immer noch deutlich niedriger als der westdeutsche Durchschnitt.13
So einfach sind die Verhältnisse aber offensichtlich nicht: Zum einen wirken sich Ausschreibungen schon auf Tempo und Dynamik der Preisentwicklung aus und zum anderen gibt es auch andere Möglichkeiten der Ermittlung des Marktpreises, die mit deutschem und EU-Wertermittlungsrecht übereinstimmen, nämlich Gutachten nach BauGB.14 Auch wenn die BVVG aus der Sicht ihrer außerordentlich exakten und zeitnahen eigenen Kaufwertsammlung Zweifel an den Aussagen der Gutachterausschüsse und einzelner Gutachter äußert (und diese berechtigt sind), besteht eine Rechtsgrundlage für die Verkehrswertermittlung durch Gutachter. Diese ist auch durch die Rechtsprechung bestätigt (siehe Abschnitt „Hoffnung auf Machtwort der EU-Kommission").
Das Totschlagargument höherer Bodenpreise in Westdeutschland ist schon deshalb untauglich, weil es die Differenziertheit auch des Bodenmarktes im bisherigen Bundesgebiet nicht berücksichtigt und andererseits der historischen Entwicklung und speziellen Lage ostdeutscher Betriebe und Agrarstrukturen nicht Rechnung trägt.
Sofern ostdeutsche Länder sich bemühen, die BVVG-Flächen in Ihre Hände zu bringen und dann langfristiger, mit weniger Preisauftrieb und entsprechend ihrer agrarstrukturellen Zielstellungen zu verwerten, so darf man an Erfolg und Ernsthaftigkeit zweifeln. Auch der vom Bundesfinanzminister für die Flächen geforderte und von den Ländern zu zahlende Preis dürfte abschrecken. Außerdem muss man fragen, warum diese Länder ihre Vorstellungen nicht stärker in die von Bund und neuen Ländern gemeinsam zu verantwortenden Privatisierunggrundsätze eingebracht haben. Nur Sachsen-Anhalt hat Sonderregelungen durchgesetzt.
BVVG-Aufsichtsratsvorsitzender Weidemann betont für ihn sei es nicht nachvollziehbar, wenn einzelne Länder die Privatisierungstätigkeit der BVVG an den Pranger stellen, gleichzeitig jedoch keine Anstalten machen die Privatisierungsgrundsätze zu ändern oder zumindest Vorschläge zu deren Änderung vorzulegen. Er sieht in den Angriffen gegen die BVVG „taktische Manöver".15
Anstrengungen von Ländern zur Übernahme der BVVG-Flächen gibt es aus Sachsen-Anhalt und Mecklenburg-Vorpommern.16 In Sachsen wird diese Frage derzeit diskutiert.17 Zuletzt hat Minister Backhaus (Mecklenburg-Vorpommern) den Kaufwillen unterstrichen, gleichzeitig aber betont, dass eine Lösung mit dieser Bundesregierung wohl nicht gelingen werde.18
Eine Analyse der Ausschreibungsergebnisse der BVVG für das zweite Halbjahr 2011 (Ergebnisse der letzten sechs Monate mit Stand 16. 12. 2011) zeigt, dass auf diesem Wege deutlich höhere Preise erzielt werden. Im Durchschnitt aller Länder betrug der Preis bei Losen mit wenigstens 5 ha und 80 % Ackerland 15.054 €/ha bei Kauf- und 433 €/ha bei Pachtzuschlag. Berücksicht man die Ertragsfähigkeit der Böden, dann sind das bei Kauf 320 €/Bodenpunkt und bei Pacht 10,42. Rechnet man nach dem Zuschlags-Schema19 der BVVG um, dann hätte für die Flächen mit Pachtzuschlag ein Kaufpreis von wenigstens 17.320 €/ha (416,8 €/BP) geboten werden müssen und für die Flächen mit Kaufzuschlag hätte eine Pacht von 376,4 €/ha (8,0 €/BP) gereicht. Die Einzelwerte schwanken allerdings stark. Siehe die Tabellen 3 und 4.
Bemerkenswert ist der hohe Anteil von Zuschlägen für die Pachtgebote (Tabelle 5 auf S. 56). Im Durchschnitt aller Länder fiel für drei Viertel aller ausgeschriebenen Flächen der Zuschlag auf das Pachtgebot. In Brandenburg waren das sogar mehr als 80 %. Die Lose mit Kaufzuschlag waren insgesamt etwas größer (Tabelle 6). Das ist aber in den Ländern keine einheitliche Tendenz.
Je höher der Anteil der Pachtzuschläge bei den Ausschreibungen ist, desto weiter verschiebt sich der endgültige Privatisierungstermin der Flächen.
Große Bedeutung misst die BVVG der Entscheidung im Pränotifizierungsverfahren der EU-Kommission bei.?20 Sie hat die Hoffnung, dass mit der Entscheidung in diesem Verfahren endlich Rechtssicherheit für die Findung der Verkehrswerte im Rahmen der Privatisierungstätigkeit der BVVG eintritt.Hammann betonte, dass das Verfahren „so oder so“ dazu führen werde, dass bei Bodenverkauf durch staatliche Stellen künftig Sicherheit herrsche.
Der umfangreiche und detaillierte Fragenkatalog der EU-Kommission wurde von der BVVG inzwischen beantwortet. Über die Dauer bis zu einer Entscheidung könne man aber noch nichts sagen, so Geschäftsführer Hammann. Allerdings sei in ihrer Erwartung schon eine Beruhigung der Auseinandersetzungen zu spühren. Dazu wolle auch die BVVG beitragen, unterstreicht Geschäftsführer Müller. Von der BVVG würden Rechtsstreitigkeiten aktuell nur fortgeführt, wenn die Preisvorstellungen gravierend auseinandergehen. In der Mehrzahl der Fälle werde man seiner Auffassung nach zu einvernehmlichen Lösungen kommen.
Die BVVG wird sich im Jahr 2012 auf die Umsetzung des 2. Flächenerwerbsänderungsgesetzes21 konzentrieren. Nach diesem am 30. 3. 2011 in Kraft getretenen Gesetz wird Alteigentümern die Möglichkeit eröffnet, Flächen in einem begrenzten Umfang deutlich günstiger als bisher zu erwerben.
Die Alteigentümer hatten angesichts der rasch steigenden Bodenpreise und der schleppenden Bearbeitung der Anträge auf Ausgleichsleistungen darauf hingewiesen, dass damit die mit dem AusglLeistG des Jahre 1994 und der Flächenerwerbsverordnung aus dem Jahr 199522 vorgesehene Möglichkeiten für den begünstigten Flächenerwerb stark verringert werden.
Die Regierungskoalition von CDU/CSU und FDP hatte die Lösung dieser Frage zum Gegenstand ihrer Koalitionsvereinbarung gemacht. Besonders engagiert hat sich für die Besserstellung der Alteigentümer der damalige Ministerpräsident von Niedersachsen, Christian Wulff. In einem Brief an Bundesfinanzminister Schäuble vom 16. 12. 2009 forderte er diesen dazu auf, für die Opfer der Bodenreform „ein kleines Stück Rechtsfrieden zu erreichen“. Er stehe bei den Betroffenen ganz persönlich im Wort und ihm sei dieses Thema außerordentlich wichtig.23 Der inzwischen zum Bundespräsidenten gewählte Christian Wulff hat nun das von ihm mit initiierte 2. Flächenerwerbsänderungsgesetz am 21. 3. 2011 zusammen mit Bundeskanzlerin Merkel und Bundesfinanzminister Schäuble unterzeichnet. Die BVVG hatte „unverzüglich mit der Bearbeitung bereits vorliegender und neu gestellter Anträge“ begonnen.24
Das Gesetz verbessert die Erwerbsmöglichkeiten für Alteigentümer, d.?h. für Berechtigte nach § 3, Absatz 5 AusglLeistG und deren Nachfahren. Um den seit 2004 eingetretenen enormen Preisauftrieb auszugleichen werden der Berechnung des Kaufpreises für den Ausgleichsanspruch die Regionalen Wertansätze (RWA) 2004 für Acker- und Grünland zugrunde gelegt. Von diesen werden dann 35 % abgezogen. Damit sollen Nachteile beim begünstigten Erwerb durch lange Bearbeitungszeiten der Ämter zur Regelung offener Vermögensfragen für die Ausstellung des Ausgleichsleistungsbescheides vermieden werden. Auf diesen so ermittelten begünstigten Kaufpreis werden 75 % der Zinsen, die der Käufer für den gesamten Verzinsungszeitraum erhalten hat oder noch erhalten wird, aufgeschlagen.
Berechtigte, deren Ausgleichsleistungs- oder Entschädigungsbescheid bereits nach dem 30. 6. 2003 bestandskräftig geworden ist und die bislang entweder keinen oder einen bereits verfristeten Antrag auf begünstigten Erwerb landwirtschaftlicher Flächen nach AusglLeistG gestellt haben, konnten bis Ende September 2011 bei der BVVG einen neuen Erwerbsantrag stellen und somit am begünstigten Flächenerwerb teilnehmen.
Alteigentümer, die zwischen dem 1. 1. 2004 und dem Inkrafttreten des neuen Gesetzes zu ungünstigeren Bedingungen kauften, haben Anspruch auf ergänzenden Erwerb landwirtschaftlicher Flächen auf der Grundlage der neuen Kaufpreise. Wer einen Ausgleichsleistungsbescheid fristgerecht beantragt, aber noch nicht erhalten hat, kann unter bestimmten Bedingungen Flächen reservieren lassen.25
Den Berechtigten sollen möglichst Flächen ihres originären Eigentums bzw. in der Nähe liegende Flächen angeboten werden. Ein Rechtsanspruch auf bestimmte Flächen besteht allerdings nicht. Bestehende Pachtverträge müssen vom Käufer übernommen werden. Inzwischen bietet die BVVG auch ein Kontaktportal an, mit dem ein Interessenausgleich zwischen Alteigentümern und Pächtern unterstützt werden soll. Obwohl die BVVG kein flächendeckendes Konfliktpotenzial sieht, könnten „regionale Konzentrationspunkten von Erwerbswünschen“ nicht ausgeschlossen werden.26
Die im 2. FlErwÄndG festgelegten Bedingungen für den begünstigten Erwerb zeigen, dass hier eine große und komplizierte Aufgabe von der BVVG zu bewältigen ist. Anfang 2012 lagen in der BVVG 2.317 zu bearbeitende Anträge von Alteigentümern auf begünstigten Erwerb vor. Wie viel Fläche dafür benötigt wird, kann allerdings noch nicht ermittelt werden, bemerkt Geschäftsführer Müller am 12. 1. 2012 auf der Pressekonferenz. Das liege an den vielen noch unvollständigen Antragsunterlagen: 4 von 5 Anträgen auf begünstigten Erwerb seien nicht vollständig.
Die BVVG will Antragstellern, die bis 31. 12. 2011 vollständige Antragsunterlagen vorgelegt hatten bis zum 30. 6. 2012 ein erstes schriftliches Kaufangebot unterbreiten. Wer seine Unterlagen bis 30. 6. 2012 vervollständigt und berechtigt ist soll jeweils innerhalb von sechs Monaten ein solches Angebot erhalten.
Inzwischen bietet die Firma „Hoffondsgut" (HFG), eine KGaA unter Zuständigkeit von Dr. Heinrich Graf zu Bassewitz, Burghard Rübcke von Veltheim und Dr. Rudolf Angermann, alle aus Mecklenburg-Vorpommern, Hilfe und Beistand.27 HFG übernimmt Finanzierung, Grundbucheintragung und Pachtvertragsmanagement für Alteigentümer und deren Nachfolger. Die BVVG sieht darin nach rechtlicher Überprüfung kein Problem und wird Anträge aus diesem Bereich „wie jeden anderen auch behandeln.
Die BVVG will im Jahr 2012 rund 39.400 Hektar landwirtschaftliche Flächen veräußern, davon 25.000 Hektar zum Verkehrswert. Außerdem plant die BVVG 16.000 Hektar forstwirtschaftliche Flächen zu verkaufen. Darüber hinaus sollen rund 1.200 Hektar sogenannte Umwidmungsflächen privatisiert werden.
Insgesamt hat die BVVG für 2012 geplant, über 26.000 Hektar begünstigt an Alteigentümer zu verkaufen. Angesichts der der komplizierter gewordenen Antragsbearbeitung ist das ein anspruchsvolles Ziel.
Daneben ist das Pachtmanagement für die verbliebenen, im Jahresverlauf abnehmenden Flachen zu organisieren. Dabei ist der Aufwand in den einzelnen Ländern sehr unterschiedlich (Tabelle 7).
Im Jahr 2012 erwartet die BVVG durch Verkauf, Verpachtung bzw. Bewirtschaftung einen Überschuss von 425 Millionen €.
________________________________________
Quellen: