auf der Internationalen Grünen Woche 2017 in Berlin
Thema: Bodenkauf trotz Agrarpreiskrise!?
Termin: 24. 1. 2017, 11.00 – 14.00 Uhr
Ort: Messe Berlin, Großer Stern, Raum Hong Kong
Veranstalter: Redaktion agrarmanager und Briefe zum Agrarrecht, dlv Deutscher Landwirtschaftsverlag, www.agrarmanager.com
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OLG Stuttgart, Urteil vom 5. 2. 2013 – 101 U 7/12 – AG Tübingen (17. 9. 2012 – 1 XV 4/12)
Ist die Verpflichtung des Pächters landwirtschaftlicher Flächen, dem Zahlungsansprüche aus der EG-Verordnung Nr. 1782/2003 förmlich übertragen wurden, einen Teil der gezahlten Betriebsprämien (sogenannte Top-up’s) an den Verpächter auszukehren, nach Auslegung des Vertrags als Teil der Pacht anzusehen, liegt kein Verstoß gegen die Bestimmungen der EG-Verordnung Nr. 1782/2003 vor.
I.
1 Der Kläger begehrt die Rückgabe von verpachteten landwirtschaftlichen Flächen vor dem vertraglich vereinbarten Pachtende, weil der Pachtvertrag wegen eines Verstoßes gegen EU-Recht unwirksam sei.
2 In diesem Pachtvertrag sind unter dem § 15 unter anderem folgende Regelungen enthalten:
3 „Der Verpächter verpflichtet sich, die Zahlungsansprüche, ..., in vollem Umfang für die Dauer der Pachtzeit unentgeltlich an den Pächter zu übertragen. ... Ein gesondertes Entgelt für die überlassenen Zahlungsansprüche ist nicht zu zahlen. Der Pächter ist verpflichtet, im Zeitpunkt der Pachtrückgabe die oben bezeichneten ZA’s und Top-up’s umgehend, unentgeltlich auf den Verpächter zurück zu übertragen. Während der Pachtdauer ist der Pächter verpflichtet, die Beträge für die vom Verpächter übertragenen Top-up’s (181,55 €/ha) an den Verächter innerhalb von 14 Tagen nach Erhalt zurückzuzahlen.“
4 Bezüglich des Sach- und Streitstandes erster Instanz einschließlich der Antragstellung wird auf den Tatbestand des Urteils des Amtsgerichts – Landwirtschaftsgericht – Tübingen vom 17. 9. 2012 – 1 XI 4/12 verwiesen.
5 Mit diesem Urteil hat das Amtsgericht die Klage abgewiesen. Es könne dahingestellt bleiben, ob § 15 Abs. 6 des Landpachtvertrages wegen Verstoßes gegen das Recht der Europäischen Union nichtig sei, weil eine eventuelle Teilnichtigkeit nicht zur Gesamtnichtigkeit des Vertrages führe. Gemäß § 13 Abs. 2 Satz 1 des Landpachtvertrages solle bei Nichtigkeit einzelner Vereinbarungen des Vertrags dieser im Übrigen uneingeschränkt bestehen bleiben. Deshalb sei für die Ermittlung des mutmaßlichen Parteiwillens kein Raum, zumal der vereinbarte Pachtzins eher im oberen Bereich angesiedelt sei. Eine Herausgabe des Pachtgegenstands zum 31. 12. 2012 könne nicht verlangt werden, weil zwar § 7 Satz 1 des Pachtvertrags von einer Pachtlaufzeit von zunächst 5 Jahren spreche. In Satz 2 seien aber die genauen Daten der Pachtlaufzeit ausdrücklich aufgeführt worden, wonach diese bis zum 15. 11. 2013 gehe. Damit sei die Vertragslaufzeit von 5 Jahren konkretisiert worden. Auch aus der Meldung an die Landwirtschaftsbehörde ergebe sich kein früheres Ende des Pachtvertrags. Im Übrigen ergebe der zwischen den Parteien geschlossene schriftliche Landpachtvertrag vollen Beweis für die abgegebenen Erklärungen. Bezüglich der weiteren Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils verwiesen.
6 Dagegen wendet sich die Berufung des Klägers, mit der er seine erstinstanzlichen Anträge weiterverfolgt. Der Landpachtvertrag sei gemäß §§ 134, 139 BGB wegen eines Verstoßes gegen das EU-Recht insgesamt nichtig. Mit der salvatorischen Klausel in § 13 des Pachtvertrages sei § 139 BGB nicht vollständig abbedungen, sondern diese habe allenfalls eine Beweislastumkehr zur Folge. Die notwendige Abwägung, ob unter Berücksichtigung der wechselseitigen Interessen eine Nichtigkeit des Gesamtgeschäfts anzunehmen sei, sei vom Amtsgericht nicht vorgenommen worden. Der Bemerkung des Amtsgerichts, die Pachtzinsen bewegten sich im oberen Bereich der üblicherweise vereinbarten Pachtzinsen, habe keine Grundlage im Vortrag der Parteien und sei eine höchst einseitige subjektive Einschätzung des Gerichts. Die in § 15 vereinbarten Zahlungspflichten des Beklagten beträfen einen Betrag von ca. 5.400,– € jährlich und seien damit für den Kläger bei Abschluss des Pachtvertrags von erheblicher Bedeutung gewesen. Dieser Betrag entspreche ungefähr 25 % der jährlichen Pachtzinsen und sei deshalb nicht unerheblich. Der Kläger sei nicht bereit gewesen, den Pachtvertrag nur zu den dort geregelten Pachtzinsen zu vereinbaren, weil diese unangemessen niedrig seien. Nur im Hinblick auf die Zusage des Beklagten, dass er die betriebsindividuellen Anteile an seinen jährlich erhaltenen Prämienzahlungen stets an den Kläger weiterleiten würde, sei der Kläger zum Abschluss des Pachtvertrags mit den konkret vereinbarten Pachtzinsen bereit gewesen. Die Verpflichtung zur Weiterleitung eines Teils der jährlichen Betriebsprämie stelle nicht nur eine unwesentliche Nebenabrede dar, sondern betreffe neben der Verpflichtung zur Zahlung des Pachtzinses eine erhebliche Hauptleistungspflicht des Beklagten. Eine rechtskonforme Ergänzung des Vertrags sei angesichts der mit der Betriebsprämienregelung verfolgten Zwecke und des im EU-Recht verankerten Verbots der Umgehung nicht möglich. Aus den Formulierungen der Klausel in § 15 des Pachtvertrages ergebe sich eindeutig die Absicht der Vertragsparteien, die Zahlungsansprüche für die Betriebsprämie nur zum Schein vollständig auf den Beklagten zu übertragen, während in Wirklichkeit der Kläger nach wie vor die Betriebsprämienzahlungen in Höhe des betriebsindividuellen Anteils für sich in Anspruch nehmen sollte, ohne selbst die Voraussetzungen für die Gewährung der staatlichen Beihilfen erfüllen zu müssen. Eine solche Klausel sei mit den Zielen der Betriebsprämienregelung unvereinbar. Eine Vertragsanpassung sei nicht möglich, weil das EU-Recht zwingend vorgebe, dass nur solche Personen, die selbst Betriebsinhaber seien und den Verpflichtungen für die Inanspruchnahme der Beihilfe unterliegen, Prämienzahlungen erhalten dürften. Für die Übertragung der Zahlungsansprüche sei bewusst keine Gegenleistung durch den Kläger vereinbart worden, weil für Einnahmen aus der Veräußerung und Verpachtung von Zahlungsansprüchen die volle Umsatzsteuer abgeführt werden müsse, während Einnahmen aus der Vermietung und Verpachtung von Grundstücken nach § 4 Nr. 12 a) UStG umsatzsteuerfrei seien. Es sei ein gemeinsames Interesse gewesen, eine Umsatzsteuerpflicht zu vermeiden. Die Zahlungsansprüche seien nur zum Schein vollständig übertragen worden und hätten in Wahrheit teilweise beim Kläger verbleiben sollen.
7 Damit sei die Klausel in § 15 des Pachtvertrages wegen Verstoßes gegen höherrangiges Recht unwirksam. Wegen der Unwirksamkeit des gesamten Pachtvertrages habe der Beklagte kein Recht zum Besitz der Grundstücke und sei zu deren Herausgabe verpflichtet.
8 Im Übrigen habe der Beklagte aufgrund des Pachtvertrages die Grundstücke zum Ablauf des 31. 12. 2012 herauszugeben. Die Regelung der Laufzeit des Pachtvertrags in § 7 sei nicht eindeutig. Im ersten Satz werde von einer Befristung von 5 Jahren gesprochen, während die im zweiten Satz angegebene Laufzeit vom 1. 1. 2008 bis zum 15. 11. 2013 nahezu 6 Jahren entspreche. Die Auslegung des Amtsgerichts, der im zweiten Satz genannten Laufzeit den Vorzug zu geben, finde keine Stütze im Vertrag oder in sonstigen Umständen. Weil der Satz 1 unmissverständlich sei, sei ihm der Vorzug zu geben. Da der Kläger unstreitig rechtzeitig eine Kündigung mit Wirkung zum 31. 12. 2012 ausgesprochen habe, habe der Beklagte ab dem 1. 1. 2013 kein Recht zum Besitz mehr. Ansonsten könne die Laufzeit des Vertrages nicht mit der erforderlichen Sicherheit allein anhand der Vertragsurkunde bestimmt werden, wie es gemäß § 585?a BGB erforderlich sei, so dass der Pachtvertrag unbefristet gewesen sei und mit der in § 7 geregelten Kündigungsfrist von weniger als einem Jahr vom Kläger habe gekündigt werden können. Wegen des Verzugs und der Herausgabe der Grundstücke habe der Beklagte dem Kläger den dadurch entstehenden Schaden zu ersetzen.
9 Der Kläger hat mit seinen Klaganträgen in erster Instanz die Herausgabe der verpachteten Grundstücke, hilfsweise Herausgabe zum 31.?12.?2012, und Feststellung der Ersatzpflicht des Beklagten für Schäden, die durch eine Herausgabe der Grundstücke nach dem 30.??4.?2012 entstehen, geltend gemacht.
10 Der Kläger beantragt:
11 Das Urteil des Amtsgerichts – Landwirtschaftsgericht – Tübingen vom 17. 9. 2012 (AZ: 1 XV 4/12) abzuändern und wie in der ersten Instanz beantragt zu erkennen.
12 Der Beklagte beantragt,
13 die Berufung zurückzuweisen.
14 Die streitige Regelung in § 15 des Pachtvertrags sei nicht unwirksam. Es handele sich nicht um eine Scheinregelung, sondern der Kläger habe als Gegenleistung für die Übertragung der Zahlungsansprüche einen Anteil von ihnen, nämlich den betriebsindividuellen Prämienanteil der Zahlungsansprüche als Gegenwert bezahlt bekommen. Diese Gegenleistung sei durch das endgültige Abschmelzen des betriebsindividuellen Anteils begrenzt. Dies sei gemeinschaftsrechtlich vorgesehen und zulässig. Statt dessen hätten die Parteien auch den absoluten Wert der betriebsindividuellen Prämienanteile der Zahlungsansprüche ausrechnen und als Preis für die Übertragung festlegen können. Die Auslegung des Vertragsendes nach § 7 des Pachtvertrags durch das Amtsgericht Tübingen sei zutreffend. Im Übrigen habe die Kündigung auch ein unbefristetes Pachtverhältnis vor dem 15. 11. 2013 nicht beenden können.
II.
15 Die zulässige Berufung des Klägers ist unbegründet. Das angegriffene Urteil des Amtsgerichts – Landwirtschaftsgericht –Tübingen vom 17. 9. 2012 – 1 XV 4/12, ist jedenfalls im Ergebnis richtig. Der Pachtvertrag zwischen den Parteien ist nicht ganz oder teilweise wegen eines Verstoßes gegen EU-Recht nichtig, sondern wirksam, und sieht ein Ende des Pachtverhältnisses mit dem Ablauf des 15. 11. 2013 vor.
1.
16 In § 15 des Pachtvertrags vom 10. 1. 2008 hat sich der Beklagte verpflichtet, während der Pachtdauer die Beträge für die vom Verpächter übertragenen Top-up’s an den Verpächter innerhalb von 14 Tagen nach Erhalt zurückzuzahlen.
17 Gemäß Art. 46 Abs. 2 der EG-Verordnung 1782/2003 dürfen Zahlungsansprüche aus dieser EG-Verordnung durch Verkauf oder jede andere endgültige Übertragung mit oder ohne Flächen übertragen werden. Im Weiteren wird die Zulässigkeit der Übertragung durch den Betriebsinhaber beschränkt.
18 In der Regelung zur Rückzahlung der Top-up’s ist keine (Rück-)Übertragung im Sinne von Art. 46 Abs. 2 der EG-Verordnung 1782/2003 zu erkennen, weil der Pächter nach der Regelung in § 15 des Pachtvertrags Rechtsinhaber der Beihilfe-Forderungen bleibt. Er hat die sogenannten Top-up’s lediglich an die Verpächter weiterzuleiten.
19 Jedoch kann auch dann ein Verstoß gegen die Ziele der Verordnung Nr. 1782/2003 vorliegen, wenn im Innenverhältnis die an den Betriebsinhaber übertragenen Zahlungsansprüche aus dieser Verordnung einem Dritten ganz oder teilweise zugewiesen werden (EuGH, Urt. v. 20. 5. 2010 – C-434/08 Tz. 44).
20 Nach der Auslegung des Pachtvertrags gemäß §§ 133, 157 BGB liegt hier jedoch kein Verstoß gegen die Ziele der Verordnung Nr. 1782/2003 vor, der zu einer (teilweisen) Unwirksamkeit des Pachtvertrags (§§ 134, 139 BGB) führen könnte.
a)
21 Der Verpflichtung zur Weiterleitung von Betriebsprämien steht die Verordnung Nr. 1782/2003 nicht entgegen, sofern eine solche Vereinbarung nicht bezweckt, es dem Übertragenen zu ermöglichen, einen Teil der von ihm formell übertragenen Zahlungsansprüche zurückzubehalten, sondern unter Bezugnahme auf den Wert dieses Teils der Zahlungsansprüche den für die Übertragung sämtlicher Zahlungsansprüche vereinbarten Preis zu bestimmen (EuGH a.a.O. Tz. 48 und 50).
22 Allerdings wurden hier nach § 15 des Pachtvertrags die Zahlungsansprüche auf Betriebsprämien ausdrücklich unentgeltlich übertragen. Auch wenn dies zur Vermeidung einer Umsatzsteuer geschehen sein sollte, ist die Vereinbarung der Unentgeltlichkeit wirksam. Eine bestimmte vertragliche Regelung kann nicht gleichzeitig steuerrechtlich gewollt, zivilrechtlich aber nicht gewollt sein (BGHZ 67, 334, 337 juris RN 25; BGH WM 1992, 1987 juris RN 7; WM 2009, 986 juris RN 13 m.w.N.). Die unentgeltliche Übertragung der Zahlungsansprüche vom Verpächter auf den Pächter ist jedoch europarechtlich unbedenklich.
b)
23 Eine Umgehung oder ein Verstoß gegen die Ziele der Verordnung Nr. 1782/2003 liegt auch dann nicht vor, wenn der Betriebsinhaber die Betriebsprämien erhält und er diese Betriebsprämien als Gegenleistung für eine Leistung an seinen Betrieb einsetzt. Dabei spielt es keine Rolle, ob er diese Leistung, für deren Bezahlung er die Betriebsprämien verwendet, von einem Dritten oder dem Übertragenden erhält, sofern keine Umgehung des Verordnungszwecks vorliegt, z.?B. weil die mit den Betriebsprämien erkaufte Leistung nicht existiert oder nicht werthaltig ist.
24 Mit der Verwendung der Betriebsprämie für Leistungen an den landwirtschaftlichen Betrieb tritt gerade der Zweck der Beihilfen ein, diesen zu stützen und zu fördern. Dadurch wird die Aufgabe landwirtschaftlicher Flächen vermieden (vgl. 3. Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 1782/2003, EuGH a.a.O. Tz. 5), dem Landwirt wird eine angemessene Lebenshaltung gewährleistet (vgl. 21. Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 1782/2003, EuGH a.a.O. Tz. 6) und die Flächen werden in einem guten landwirtschaftlichen und ökologischen Zustand erhalten (vgl. 2., 3. und 24. Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 1782/2003, EuGH a.a.O. Tz. 4, 5 und 7).
25 Das OLG Oldenburg hat deshalb im Nachgang zu der erwähnten Entscheidung des EuGH auch problematisiert, ob die vereinbarte Abführung eines Teils der Prämienzahlungen ein weiterer Kaufpreis sein sollte, was das OLG Oldenburg für den von ihm zu entscheidenden Fall verneint hat (OLG Oldenburg RdL 2011, 51 juris RN 36 f.).
aa)
26 Aus der hier vereinbarten Rückzahlungsvereinbarung ergibt sich unmittelbar nicht deren Zweck. Insbesondere ist diese Regelung nicht in § 8 des Pachtvertrages, der den Pachtpreis regelt, sondern in einem § 15 enthalten, so dass nicht schon aus der Stellung der Vereinbarung innerhalb des Pachtvertrages der Schluss zu ziehen ist, es handle sich bei der Weiterleitung der Zahlungen um einen Teil des Pachtzinses. Dies wird allerdings durch die Stellung der Vereinbarung innerhalb des Pachtvertrages auch nicht ausgeschlossen.
27 Im Gegensatz zur Übertragung der Zahlungsansprüche und der Verpflichtung zur Rückübertragung fehlt jedoch bei der Verpflichtung zur Auszahlung der Top-up’s an den Verpächter ein ausdrücklicher Hinweis auf die Unentgeltlichkeit dieser Leistung. Damit legt schon der Wortlaut des Pachtvertrags nahe, dass diese Leistung des Pächter an den Verpächter nicht unentgeltlich ist, sondern eine Gegenleistung für eine Leistung des Verpächters darstellt, die nur deshalb in § 15 und nicht in § 8 des Pachtvertrags enthalten ist, weil die Erfüllung dieser Leistungspflicht erst durch die Übertragung der Zahlungsansprüche an den Beklagten ermöglicht wurde.
bb)
28 Nachdem der Wortsinn und die Stellung innerhalb des Vertrages keinen sicheren Schluss auf den Zweck der Regelung zulassen, sind in einem zweiten Schritt die außerhalb des Erklärungsaktes liegenden Begleitumstände in die Auslegung einzubeziehen, soweit sie einen Schluss auf den Sinngehalt der Erklärung zulassen.
29 Anlass für die Unentgeltlichkeit der Top-up’s war nach dem Vortrag des Klägers die Vermeidung der Umsatzsteuer. Dieses Problem konnte nach dem Vortrag des Klägers jedoch nur auftauchen, soweit es um eine Gegenleistung für die Übertragung der Zahlungsansprüche an den Beklagten ging. Die vertraglich vereinbarte Unentgeltlichkeit, die ihren Anlass in der Vermeidung einer Umsatzsteuerpflicht hatte, sollte damit nur klarstellen, dass die Rückübertragung der Top-up’s zum Zeitpunkt der Pachtrückgabe keine Gegenleistung für die Übertragung der Zahlungsansprüche darstellt.
30 Demgegenüber bedurfte es keiner Vereinbarung einer Unentgeltlichkeit, soweit die Rückzahlung eines Teils der Zahlungsansprüche Gegenleistung für die Überlassung der Pachtsache, also Pachtzins, sein sollte. Die Rückzahlung der Zahlungsansprüche war dann gemäß § 4 Nr. 12 a) UStG umsatzsteuerfrei. Dem entsprechend fehlt ein Hinweis auf eine Unentgeltlichkeit in dem Passus des § 15 des Pachtvertrags, mit dem sich der Beklagte verpflichtete, die Beträge für die Top-up’s zurückzuzahlen. Daraus ist zu entnehmen, dass die Rückzahlung der Top-up’s nicht unentgeltlich und auch kein Entgelt für die Übertragung der Zahlungsansprüche sein sollte, sondern Pachtzins.
31 Nachdem andere Äußerungen der Parteien über den Inhalt des Rechtsgeschäfts nicht vorliegen, ist ein wesentlicher Anhaltspunkt für die Auslegung insbesondere die Entstehungsgeschichte des Pachtvertrages in den Vorverhandlungen der Beteiligten (vgl. Palandt-Ellenberger BGB 71. Aufl. § 133 RN 15 f.). Dabei ist im Zweifel der Auslegung der Vorzug zu geben, die zu einem vernünftigen, widerspruchsfreien und den Interessen beider Vertragsparteien gerecht werdenden Ergebnis führt und die Nichtigkeit des Rechtsgeschäfts vermeidet (Palandt-Ellenberger a.a.O. RN 18).
32 Bereits nach dem Vorbringen des Klägers ist nach der Entstehungsgeschichte des Pachtvertrages und dem Willen der Parteien die Zahlungsverpflichtung im Hinblick auf die Top-up’s als weitere Pachtzinszahlung und damit als Gegenleistung für die der Landwirtschaft dienenden Pachtgegenstände anzusehen. Der Kläger hat in der Berufungsbegründung ausdrücklich vorgetragen, er sei nicht bereit gewesen, den Pachtvertrag nur zu den dort geregelten Pachtzinsen zu vereinbaren, weil diese unangemessen niedrig gewesen seien. Nur im Hinblick auf die Zusage des Beklagten, dass er die betriebsindividuellen Anteile an seinen jährlich erhaltenen Prämienzahlungen stets an den Kläger weiterleiten würde, sei der Kläger dann zum Abschluss des Pachtvertrages bereit gewesen. Die Weiterleitung der jährlichen Betriebsprämie in § 15 habe neben der Verpflichtung zur Zahlung des Pachtzinses eine erhebliche Hauptleistungspflicht des Beklagten betroffen. Dies hat der Kläger in seiner Anhörung durch den Senat wiederholt und konkretisiert. Danach habe er eine Pacht von 1.800,- €/Monat gewollt, während der Beklagte nur bereit gewesen sei, 1.400,- €/Monat zu zahlen. Deshalb sei die Rückzahlung der Top-up’s vereinbart worden. Der Beklagte hat diese Darstellung bestätigt.
33 Der Beklagte hat damit seine Prämienansprüche und die darauf erhaltenen Zahlungen dafür eingesetzt, um die Pachtgegenstände vom Kläger zu erhalten. Sie waren eine wesentliche Gegenleistung für die Verpachtung der landwirtschaftlichen Grundstücke nebst Wirtschaftsgebäude und damit rechtlich Teil der Pachtzinsverpflichtung des Beklagten. Der Wille der Parteien war auf ein zusätzliches Entgelt für die Verpachtung gerichtet, so dass der Vereinbarung im Hinblick auf die Prämienzahlungen nicht der Wille zugrunde lag, im Innenverhältnis förmlich übertragene Zahlungsansprüche unter Verstoß gegen die Bestimmungen der EG-Verordnung Nr. 1782/2003 dem Übertragenden zuzuweisen.
c)
34 Die Vereinbarung der Weiterleitung der Top-up’s an den Verpächter in § 15 des Pachtvertrags ist eine Gegenleistung für die Verpachtung und verstößt daher nicht gegen EU-Recht. Sie ist wirksam.
35 Auf die Rechtsfolge einer Teilnichtigkeit und die Anwendbarkeit des § 139 BGB kommt es danach nicht an.
36 Lägen die Voraussetzungen des § 139 BGB vor, würde dies im Übrigen hier nicht zur Nichtigkeit des Pachtvertrags führen. Nach dieser Vorschrift bleibt bei Teilnichtigkeit eines Rechtsgeschäfts der von der Nichtigkeit nicht erfasste Teil bestehen, wenn dies dem hypothetischen Parteiwillen entspricht. Nach dem Sinngehalt der Vorschrift ist sie grundsätzlich auch dann anwendbar, wenn die Parteien anstelle der nichtigen Regelung, hätten sie die Nichtigkeit gekannt, eine andere, auf das zulässige Maß beschränkte vereinbart hätten. Entscheidend und damit für die Aufrechterhaltung eines Teils des Rechtsgeschäfts unabdingbar nötig ist jedoch, dass sich der Vertragsinhalt in eindeutig abgrenzbarer Weise in den nichtigen Teil und den von der Nichtigkeit nicht berührten Rest aufteilen lässt. Der von § 139 BGB geregelte Bereich ist überschritten, wenn an die Stelle der nichtigen Bestimmung eine von mehreren denkbaren wirksamen Regelungen gesetzt werden müsste (BGHZ 107, 355 juris RN 16). Hier hätten die Parteien nicht die Rückzahlung der Top-up’s vereinbart, sondern stattdessen den finanziellen Umfang der Top-up’s nach dem damaligen Kenntnisstand ermittelt und als Pachtzins weitere Zahlungen in Höhe der zu erwartenden Top-up’s vereinbart. Die Top-up’s wären dann nicht Gegenstand des Vertrags, sondern nur die Berechnungsgrundlage für die Zahlungspflicht des Beklagten gewesen. Das Ergebnis wäre bei wirksamem Vertrag wirtschaftlich identisch und damit die einzig denkbare Bestimmung gewesen, die der nach § 139 BGB unwirksamen Regelung im Pachtvertrag entspricht. Damit wäre der in § 13 des Pachtvertrags enthaltenen Verpflichtung, bei Nichtigkeit einer Bestimmung eine zur Regelung der veränderten Rechtslage erforderliche Vereinbarung zu treffen, Genüge getan.
2.
37 Der Hilfsantrag auf Herausgabe der Grundstücke zum 31. 12. 2012 und der Feststellungsantrag des Klägers sind unbegründet, weil der Beklagte die Pachtgegenstände nicht mit Ablauf des 31. 12. 2012 zurückzugeben hatte, sondern die Pachtgegenstände zumindest bis zum 15. 11. 2013 behalten darf.
a)
38 Zwar ist die Regelung der Pachtdauer in § 7 des Pachtvertrages widersprüchlich. Das Amtsgericht hat jedoch im Wege der Auslegung überzeugend festgestellt, dass eine Pachtdauer vom 1. 1. 2008 bis zum 15. 11. 2013 vereinbart wurde. Insoweit ist auf die Ausführungen des Amtsgerichts auf Seite 6 des erstinstanzlichen Urteils zu verweisen. Für die vom Amtsgericht vorgenommene Auslegung spricht weiter, dass in § 7 Satz 1 des Pachtvertrages die Vertragsverlängerung um weitere 5 Jahre voraussetzt, dass nicht auf den 15. 11. 2013 gekündigt wurde. Damit wurde der Ablauf der vertraglich vereinbarten Pachtdauer ohne Verlängerung bis zum 15. 11. 2013 im Pachtvertrag nochmals bestätigt.
39 Nach der Anhörung des Klägers durch den Senat war ursprünglich ein Pachtvertrag vom 1. 6. 2008 bis zum 1. 6. 2013, also für 5 Jahre, vorgesehen. Dann sollte jedoch das Pachtverhältnis auf einen Hinweis des Vaters des Klägers am 15. 11. enden. Maßgeblich sollte also nach dem letzten Stand der Verhandlungen vor Abschluss des Pachtvertrags nicht die Pachtdauer von exakt 5 Jahren bei feststehendem wirklichen Pachtbeginn zum 1. 6. 2008, sondern das Ende des Pachtverhältnisses zu einem 15.?11. sein. Es kann dahingestellt bleiben, ob der Kläger dann eine Verkürzung der Pachtzeit bis zum 15. 11. 2012 gewollt hat. In den Vertragsentwurf wurde eine Verlängerung auf den 15. 11. 2013 hineingeschrieben und vom Kläger unterschrieben. An dieser Pachtdauer muss sich der Kläger jetzt festhalten lassen.
b)
40 Wenn eine solche Auslegung nicht vorgenommen würde, wäre die Regelung zur Pachtdauer in § 7 im Übrigen widersprüchlich mit der Folge, dass eine wirksame Befristung des Pachtverhältnisses nicht vereinbart wurde und damit ein unbefristetes Pachtverhältnis vorliegt. Gemäß § 594?a BGB kann ein unbefristetes Pachtverhältnis spätestens am 3. Werktag eines Pachtjahrs für den Schluss des nächsten Pachtjahres gekündigt werden, wobei im Zweifel das Kalenderjahr als Pachtjahr gilt (§ 594?a Abs. 1 Satz 2 BGB). Die Kündigung des Klägers erfolgte mit Schreiben vom 15. 11. 2011 und damit rechtzeitig bis zum 3. Werktag des Pachtjahres 2012. Das Pachtverhältnis endet dann mit Ablauf des nächsten Pachtjahres, also zum 31. 12. 2013.
41 Entgegen der Auffassung des Klägers haben die Parteien eine von der gesetzlichen Frist abweichende kürzere Kündigungsfrist, die gemäß § 594?a Abs. 1 Satz 3 BGB der Schriftform bedurfte, bei der Prämisse einer unauflösbaren widersprüchlichen Regelung im Pachtvertrag nicht wirksam vereinbart. § 7 Satz 3 beinhaltet keine allgemeine Kündigungsfrist, sondern ist angesichts der darin genannten Daten auf ein am 15. 11. 2013 endendes, sich ohne Kündigung verlängerndes Pachtverhältnis zugeschnitten. Wenn aber wegen Widersprüchlichkeit eine Befristung des Pachtverhältnisses auf den 15. 11. 2013 nicht angenommen werden kann, ist die Vereinbarung einer Kündigungsmöglichkeit zu diesem Termin in § 7 Satz 3 des Pachtvertrages ebenfalls hinfällig.
3.
42 Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 97 Abs. 1 ZPO, diejenige zur vorläufigen Vollstreckbarkeit aus den §§ 708 Nr. 10 S. 1 und 2, 711, 709 ZPO.
43 Nach dem Vortrag des Klägers sind vergleichbare Klauseln wie im vorliegenden Fall in zahlreichen Pachtverträgen enthalten, ohne dass zur Nichtigkeit wegen eines Verstoßens gegen EU-Recht vergleichbare Entscheidungen anderer Gerichte vorliegen. Die Revision war daher gemäß § 543 Abs. 2 Nr. 1 und 2 ZPO zuzulassen.
4.
44 Der nicht nachgelassene, nach Schluss der mündlichen Verhandlung eingegangene Schriftsatz des Klägers vom 1. 2. 2013 enthält keinen Vortrag, der zu einer anderen Auslegung des Pachtvertrags als geschehen führen könnte. Eine Leistung wie hier die Rückzahlung der Top-up’s kann auch dann versprochen und als Gegenleistung akzeptiert werden, wenn die Höhe der Prämienzahlung in der politischen Diskussion stand und der Pächter bestimmte Voraussetzungen für die Erlangung der Top-up’s erfüllen musste. Der Kläger hat mit der Vereinbarung der Rückzahlung der Top-up’s unabhängig davon, ob dies eine Gegenleistung für die Gewährung der Pachtsachen war, das Risiko von Kürzungen aufgrund einer Änderung der rechtlichen Grundlagen der Förderung übernommen. Der Beklagte war als Pächter gegenüber dem Kläger als Verpächter verpflichtet, alles ihm Mögliche zu veranlassen, um in den Genuss der Top-up’s zu gelangen und diese als Pachtzins weiterleiten zu können. Auch die Interessenlage des Klägers steht dem Auslegungsergebnis des Senats nicht entgegen. Er wollte ebenso wie der Beklagten den Abschluss des Pachtvertrags und war bereit, zur Überbrückung der Differenz bei den unterschiedlichen Vorstellungen über die Höhe des Pachtzinses die mit den Top-up’s verbundenen Risiken und Chancen zu übernehmen.
45 Auch im Übrigen gibt der Schriftsatz keine Veranlassung, die mündliche Verhandlung wieder zu eröffnen (§§ 156, 296a ZPO).
Nach Hinweis von RA Th. Kühle. Siehe auch den Artikel auf S. 178 ff.