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Prof. Dr. Klaus Böhme, Berlin*

Überlegungen im Ergebnis des 11. Bodenforums des agrarmanager auf der Grünen Woche 2014

Das 11. Bodenforum 2014 war eine Veranstaltung in einer langen Reihe. Seit dem 10. Bodenforum vor einem Jahr häuften sich Tagungen, die sich mit den aktuellen Entwicklungen am Bodenmarkt und der Notwendigkeit, hier steuernd einzugreifen – oder auch nicht –, beschäftigten.1 Dabei wurden Fragen in den Mittelpunkt der Diskussion gestellt, die zumindest so zugespitzt und dringlich in den letzten Jahrzehnten nicht auf der Tagesordnung standen. Das hängt auf der einen Seite mit der Verknappung des Angebotes an Agrarflächen – aus verschiedenen, allgemein bekannten Gründen – und auf der anderen Seite mit den vor allem seit Mitte des letzten Jahrzehnts rasant gestiegenen Preisen sowohl beim Kauf als auch bei der Neupacht zusammen.2 Beides steht in einem dialektischen Wechselverhältnis und entwickelt sich – sich gegenseitig treibend – immer weiter aufwärts. Bis wohin und wann ist unklar.

Komplexe, komplizierte Wechselbeziehungen

Vielfältige Wechselbeziehungen bestehen zwischen dem Boden- und den anderen Agrarmärkten. Aber nicht nur das, sondern auch die Finanzmärkte spielen am Bodenmarkt mit. Hinzu kommt, dass der Bodenmarkt auch durch politische Eingriffe verfälscht wird. Als Beispiele sollen vor allem die Auswirkungen des EEG, aber auch die Privatisierung durch die BVVG genannt werden. Auch die Direktzahlungen wirken auf den Bodenmarkt (wie genau, das sollte einmal untersucht werden) und der Ausgleich für den Naturschutz verknappt die Flächen und treibt die Preise.

Inzwischen sind aber ein Niveau und vor allem ein Entwicklungstempo der Preise am Bodenmarkt erreicht, durch die den Landwirten Sorgenfalten auf die Stirn getrieben werden. Wie Prof. Dr. Fritz Schumann im einleitenden Referat auf dem Bodenforum betonte, trifft das die Landwirtschaftsbetriebe aber unterschiedlich, regional wie nach Produktionszweigen. Am härtesten ist es für die Tierhalter.

Mit Bodenpreisen, die jenseits der ökonomischen Vernunft liegen und mit dem Engagement nichtlandwirtschaftlicher Investoren stellen sich Fragen wie „Wieviel Bauernland gehört in Bauernhand?“3 oder „Wem soll das Land gehören? Welche Landwirtschaft wollen wir?“ (ASG). Ist es gut, dass sich das Eigentum am Boden in immer weniger Händen konzentriert oder brauchen wir eine breite Eigentumsstreuung?

Für Prof. Schumann ist ganz klar, dass die breite Streuung des Eigentums am Boden vor allem in den Händen der Landwirte, aber auch der Landbewohner eine zentrale Frage künftiger Entwicklung ist.4 Für ihn war es „ein kardinaler Fehler“, dass z.?B. Gesellschafter, Geschäftsführer und Mitarbeiter von Landwirtschaftsbetrieben in der Form einer juristischen Person praktisch Jahrzehnte vom Landkauf ausgeschlossen waren. Heute beklage man aber die Konzentration des Bodens bei den juristischen Personen, die damit verbundene Gefahr der Übernahme ganzer Betriebe und die enormen Schwierigkeiten beim Generationswechsel. Das breit gestreute Bodeneigentum stabilisiere die Betriebe, erhöhe das Verständnis der Landbewohner für die Landwirtschaft und deren Verbundenheit zu den Landwirtschaftsbetrieben und sorge dafür, dass Wertschöpfung in den Dörfern bleibe, so Schumann.

Als eine zentrale Frage für die Zukunft der Betriebe auf dem Lande kristallisierte sich bei allen Rednern des 11. Bodenforums der Umgang mit dem Bodeneigentum im Falle des Generationswechsels heraus. Dafür müssen intelligente Lösungen gefunden werden.

Der Blick auf den Staat

Zu Recht wird auf den Staat geschaut. Über Grundstückverkehrsgesetz (GrdstVG) und Landpachtverkehrsgesetz hat der Staat Instrumente zur Regulierung – nicht des Marktes, aber des Verkehrs mit landwirtschaft­lichen Grundstücken geschaffen, diese aber mit der Föderalismusreform in die Hände der Länder gegeben. Mit diesen Gesetzen können zumindest ungewollte Effekte des Marktes verringert werden. Aber man darf sich davon nicht zuviel versprechen. Das Schärfen des stumpfen Schwertes, wie Minister Aeigens es auf dem 10. Bodenforum bezeichnete, hat offensichtlich bisher nicht viel gebracht.5 Wie kompliziert das GrdstVG zu handhaben ist, zeigt die Analyse seiner Anwendung in der Rechtsprechung. Vor- und Nachteile liegen eng beieinander und eine Abstimmung zwischen Bund und Ländern ist dringend erforderlich.6

Auf dem Bodenforum gingen die Meinungen zur Freigrenze nach dem GrdstVG weit auseinander. Während Prof. Schumann für eine Anhebung der Grenze, ab der die Genehmigungspflicht einsetzt, auf 5 ha plädierte, meinte Gerhard Förster, die Grenze solle so niedrig wie möglich sein. Sachsen habe mit 0,5 ha gute Voraussetzungen, allerdings merkte der Vizepräsident des sächsischen Landesbauernverbandes auch an, dass in seinem Bundesland 93 % der genehmigungspflichtigen Flächen an dieser Hürde vorbeigehen.

Voraussetzung für eine effektive und zielgerichtete Einflussnahme auf den Bodenmarkt – in welcher Form auch immer – ist allerdings eine klare politische Zielstellung, eine Vorstellung davon, welche Agrarstruktur im gesellschaftlichen Interesse liegt. Dass es daran mangelt, ist sicher nicht zu bestreiten und deshalb ist die Skepsis groß, wenn der Staat eingreift. In der Regel geht das schief und das hat neben fehlenden Zielen weitere Gründe:

1. Das Marktgeschehen ist außerordentlich komplex und es ist zu fragen, ob die staatlichen Eingriffe so wirken, wie es beabsichtigt ist oder/und ob es unbeabsichtigte Nebenwirkungen gibt. Es gibt genug Beispiele für Fehlsteuerungen bzw. für ungewollte  Auswirkungen. Das anschaulichste Beispiel ist vielleicht der (gewollte) Ökobauer in Pachtkonkurrenz mit der Mega-Biogasanlage eines nichtlandwirtschaftlichen Investors (vielleicht aus Sicht der Energiewende gewollt, aber nicht mit Blick auf die Agrarstruktur).

2. Sonderregelungen für die Landwirtschaft haben ihre Grenzen und das gesellschaftliche Verständnis für diese schwindet.7

3. Wer entscheidet mit Blick auf die Entwicklung der Agrarstruktur? Die Europäische Union, die mit den Direktzahlungen massiv Agrarstrukturpolitik betreibt (Stichwort Museumsprämie, Greening), Deutschland über Agrarinvestitionsförderung und Flurbereinigung, aber auch über Bau- und Naturschutzrecht oder die Bundesländer mit ihren kleinen, trägen Stellschrauben im Grundstückverkehr? Für eine wirkungsvolle Agrarstrukturpolitik müssten sich alle drei Spieler einig sein.

Häufig rufen Landwirte nach Regulierung durch den Staat, konfrontiert man sie mit den Konsequenzen, dann entwickelt sich rasch Skepsis. Auf dem 11. Bodenforum hat das der mecklenburgische Landwirt Detlef Kurreck mit folgenden Worten zum Ausdruck gebracht:„Die Politik ist zentraler Teil der Probleme am Bodenmarkt.“8 Und er schlussfolgerte, statt politischer Eingriffe seien richtige unternehmerische Entscheidungen wichtig.

Direkte Eingriffe vermeiden

Es ist herrschende Meinung, dass der Staat direkte Eingriffe in den Markt vermeiden sollte. Aber er muss ein Umfeld schaffen, in dem sich leistungsfähige Unternehmen entwickeln können.9 Die Politiker sollten sich über agrar- und vor allem agrarstrukturpolitische Ziele einigen. Dafür ist allerdings ein breiter gesellschaftlicher Konsens erforderlich. Wie schwierig dieser zu erreichen ist, hat der sogenannte Charta-Prozess unter Ministerin Aigner gezeigt.

Unter der alten Regierung ist in einer Arbeitsgruppe an Zielen für die Agrarstruktur gearbeitet worden. Der zum 11. Bodenforum leider erkrankte Referatsleiter Jobst Jungehülsing aus dem Bundeslandwirtschaftsministerium hat auf der GEWISOLA-Tagung mit Blick auf sich auch in der deutschen Landwirtschaft entwickelnde Holdingstrukturen auf Handlungsbedarf hingewiesen. Diese Strukturen „kollidieren mit dem bisherigen Leitbild und erfordern eine Neubestimmung der agrarstrukturellen Vorstellungen,“ betonte er.10

Der Koalitionsvertrag ist zu diesen Fragen extrem zurückhaltend. CDU, CSU und SPD formulieren: „Unser Ziel ist eine multifunktional ausgerichtete, bäuerlich unternehmerische Landwirtschaft, die ressourcen- und umweltschonend produziert, die Tierwohl, Nachhaltigkeit und Wettbewerbsfähigkeit miteinander verbindet. Leitbild ist eine von Familien betriebene, regional verankerte, flächendeckende Landwirtschaft unterschiedlicher Strukturen und Produktionsweisen. Sie trägt zur Wertschöpfung, gut bezahlter Arbeit und sicheren Einkommen in den ländlichen Räumen bei.“11

Ziel und Leitbild sind so allgemein, dass sich daraus keine konkreten Anhaltspunkte für staatliches Handeln im Hinblick auf Agrarstruktur und Bodenmarkt ergeben. In einem gesonderten Abschnitt der Koalitionsvereinbarung werden noch die Prüfung der „rechtlichen Instrumentarien der Kontrolle des unmittelbaren und mittelbaren Erwerbs landwirtschaftlicher Flächen durch nicht-landwirtschaftliche und überregionale Investoren“ sowie einer Übertragung von BVVG-Flächen an die Länder angekündigt. Der Ehrgeiz der Koalition im Hinblick auf die  hier angesprochenen Fragen hält sich also  offensichtlich in Grenzen.

 

 

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Quellen:

1  Als Beispiele im letzten halben Jahr sollen genannt sein:
18. 9. 2013, 5. Berliner Forum (siehe FN 4); 26. 9. 2013, Work­shop „Neue Geschäfts­modelle …“ der GEWISOLA-Tagung in Berlin (siehe FN 10); 13./14. 11. 2013, Wem soll das Land gehören?, ASG-Herbsttagung in Göttingen; 11. 12. 2013, Fach­gespräch des BLG in Berlin (siehe FN 3); 14. 1. 2014, „Knappe Fläche heiß begehrt“, DLG-Winter­tagung in München (siehe auch FN 5);

2  K. Siegmund, Regional stark gestiegene Preise, Bodenmarkt 6, S.?4 ff., Statistikteil S. 43 ff.; Bodenmarkt 5 zur Pacht; agrar­manager 2/2014, S. 10 ff.

3  W. Boß, Bodenpolitischer Ordnungsrahmen und Agrarstruktur­entwicklung, BzAR 2014, 34 ff.

4  Vgl. auch: W. Schwarz: Investoren in der Landwirtschaft …, BzAR 2013, 402 ff.

5  H. O. Aeikens: Bodenrendite soll in der Region bleiben (Interview), agrarmanager 3/2013, S. 12; E. Wallbaum, Knappe ­Fläche heiß begehrt – aus der Sicht der Politik, DLG-Wintertagung, 14. 1. 2014.

6  Siehe u.?a.: L. Schramm, Th. Hahn, Wie mit dem Grundstückverkehrsgesetz umgehen?, Bodenmarkt 6, S 32 ff.; K.-H. Goetz, Landwirtschaftlicher Bodenmarkt …, NL-BzAR 2012, 132 ff.; J. Netz, M. Deimel, Vor- und Nachteile staatlicher Einflussnahme auf den landwirtschaftlichen Grundstücksverkehr in den neuen Bundesländern, NL-BzAR 2011, 178 ff.; Agra-Europe v. 16. 12. 2013, Länderberichte 1.

?7           Vgl. z.?B.: J. Martinez, Der Schutz des leistungsfähigen landwirtschaftlichen Betriebes, Baden-Baden 2013.

?8           Zit. in: T. Buthut, Zoff auf dem Spielfeld, agrarmanager 3/2014, S. 30.

?9           Siehe auch: F. Schumann, Boden für die Landwirte sichern (Interview), agrarmanager 2/2014, S. 14.

10            J. Jungehülsing, 12 Thesen aus agrarpolitischer Sicht, GEWISOLA 26. 9. 2013.

11            BzAR 2014, 13.