auf der Internationalen Grünen Woche 2017 in Berlin
Thema: Bodenkauf trotz Agrarpreiskrise!?
Termin: 24. 1. 2017, 11.00 – 14.00 Uhr
Ort: Messe Berlin, Großer Stern, Raum Hong Kong
Veranstalter: Redaktion agrarmanager und Briefe zum Agrarrecht, dlv Deutscher Landwirtschaftsverlag, www.agrarmanager.com
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OLG Naumburg, Urteil vom 19. 12.2013 – 2U63/13(Lw) – AG Stendal (19.4.2013 – 4Lw15/11)
Leitsatz:
Eine Klausel in einem vom Verpächter vorformulierten Landpachtvertrag, die den Pächter verpflichtet, mit Beendigung des Pachtvertrages Zahlungsansprüche, welche aus den verpachteten Flächen resultieren, unentgeltlich an den Verpächter oder einen von ihm benannten Dritten zu übertragen, ist mangels hinreichender Transparenz nach §?307 Abs.?1 S.?2 BGB unwirksam, wenn die Anzahl der Prämienrechte und die jeweiligen Hektarbeträge der verpachteten Flächen nicht übereinstimmen und dem Vertrag nicht zu entnehmen ist, wie die Vertragsparteien die Zuordnung der Prämienrechte im Hinblick auf die – künftig entstehende – Übertragungsverpflichtung vornehmen wollen.
Gründe
A.
1 Der Kläger begehrt von der Beklagten die Übertragung von Zahlungsansprüchen und Schadenersatz wegen deren verzögerter Übertragung; zudem macht er bereicherungsrechtliche Ansprüche im Wege der Stufenklage geltend.
2 Die Beklagte war auf Grund eines mit der Bodenverwertungs- und -verwaltungs GmbH (BVVG) geschlossenen Pachtvertrages vom 5.11.2007 Pächterin von landwirtschaftlichen Nutzflächen in der Gemarkung K. mit einer Gesamtgröße von 189,8470 Hektar, darunter 115,9668 Hektar Ackerland. Als Pachtdauer wurde der Zeitraum vom 1.10.2007 bis zum 30.9.2008 (ein Pachtjahr) festgelegt. In §5a enthielt der Pachtvertrag Regelungen über die Übertragung von Zahlungsansprüchen. Nach Absatz?1 dieser Klausel wurden der Beklagten zu Pachtbeginn Zahlungsansprüche für 90,4520 Hektar Ackerland, für 45,2300 Hektar Grünland und für 8,8000 Hektar Stilllegungsfläche übertragen, d.h. für ca. 78% der Ackerflächen bzw. unter Einbeziehung der Stilllegungsflächen für ca. 85% der von ihr übernommenen Ackerflächen. In Absatz2 hieß es sodann:
3 „Der Pächter verpflichtet sich, mit Beendigung des Pachtvertrages die in vorstehendem Abs.?1 bezeichneten Zahlungsansprüche an die Verpächterin oder an einen von der Verpächterin zu benennenden Dritten unentgeltlich zu übertragen.“
4 Eine Zuordnung der Zahlungsansprüche zu bestimmten Flurstücken erfolgte nicht.
5 Mit zwei Pachtverträgen jeweils vom 26.5.2008 pachtete der Kläger insgesamt 64,9163 Hektar von der BVVG ab dem 1.10.2008 für die Dauer von fünf Jahren; darunter waren 53,4540 Hektar Ackerflächen, deren Vorpächterin die Beklagte war. Hinsichtlich der weiteren o.g. Pachtflächen der Beklagten blieb die Beklagte Pächterin.
6 Die BVVG informierte die Beklagte mit Schreiben vom 10.6.2008 über die Person des Nachpächters und forderte sie zur Herausgabe der im Einzelnen aufgeführten Pachtflächen im ordnungsgemäßen Zustand sowie zur unentgeltlichen Übertragung „der aus den Flächen resultierenden“ Zahlungsansprüche an den Nachpächter zum 1.10.2008 auf. In diesem Schreiben wurden die Anzahl und die Art der zu übertragenden Zahlungsansprüche, die Betriebsnummer und das Empfängerkonto, auf das die Zahlungsansprüche übertragen werden sollten, nicht benannt.
7 Die Beklagte gab zum 30.9.2008 die entsprechenden Pachtflächen an den Kläger heraus; eine Übertragung von Zahlungsansprüchen erfolgte nicht.
8 Der Kläger hat behauptet, dass die BVVG an die Beklagte Zahlungsansprüche für sämtliche Ackerflächen übertragen habe, hinsichtlich der er Nachpächter geworden sei. Er hat weiter behauptet, dass der persönlich haftende Gesellschafter der Beklagten in einem Telefonat im Oktober 2008 die Übertragung von Zahlungsansprüchen endgültig verweigert habe. Der Kläger begehrt die Übertragung von 53,4540?Zahlungsansprüchen für Ackerland sowie den Ersatz des Schadens, der ihm dadurch entstanden sei, dass er die Zahlungsansprüche nicht, wie beabsichtigt, in den Pachtjahren 2008/2009 und 2009/2010 für einen Betrieb im ökologischen Landbau habe aktivieren können. Hilfsweise hat er seinen Zahlungsanspruch auf eine ungerechtfertigte Bereicherung der Beklagten durch Weiterverwertung der ihm zustehenden Zahlungsansprüche gestützt.
9 Die Beklagte hat sich gegen die Klageforderungen verteidigt.
10 Wegen der weiteren Einzelheiten, insbesondere wegen der widerstreitenden Rechtsauffassungen der Parteien des Rechtsstreits und wegen des Verlaufs des Verfahrens in erster Instanz, nimmt der Senat auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil Bezug, §540 Abs.1 Nr.1 ZPO.
11 Das Landwirtschaftsgericht hat dem auf Übertragung der Zahlungsansprüche gerichteten Antrag – mit offensichtlichem Schreibfehler hinsichtlich der Anzahl der zu übertragenden Zahlungsansprüche – stattgegeben und die weiter gehende Klage als unbegründet abgewiesen.
12 Die Beklagte hat gegen das ihr am 23.4.2013 zugestellte Urteil mit einem am 23.?5.?2013 beim Oberlandesgericht Naumburg vorab per Fax eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese Berufung innerhalb der Berufungsbegründungsfrist auch begründet.
13 Der Kläger hat gegen das ihm am 25.4.2013 zugestellte Urteil mit einem am 27.5.2013 (Montag) beim Oberlandesgericht vorab per Fax eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und begründet.
14 Der Kläger verfolgt die erstinstanzlich abgewiesenen Klageforderungen weiter.
15 Er beantragt, unter teilweiser Abänderung des erstinstanzlichen Urteils die Beklagte zu verurteilen,
16 1.für den Fall, dass die Beklagte der Verpflichtung zur Übertragung von Zahlungsansprüchen für 53,4540 Hektar nicht binnen vier Wochen nach Rechtskraft des Urteils nachkommt, an ihn 23.736,35€ nebst Zinsen hierauf in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit vier Wochen nach Rechtskraft des Urteils zu zahlen;
17 2.a)ihm Auskunft darüber zu erteilen, wie viele Zahlungsansprüche sie zu den Stichtagen 15.5.2009 und 15.5.2010 aktiviert und welche Zuwendungen sie daraus erhalten hat,
16 b)Für den Fall, dass die nach lit.a) erteilte Auskunft nicht mit der erforderlichen Sorgfalt aufgestellt sein sollte, zu Protokoll an Eides Statt zu versichern, dass sie die Auskunft nach bestem Wissen so vollständig erteilt hat, als sie dazu imstande war,
17 c)?den sich nach Auskunftserteilung ergebenden Betrag nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen, sowie
18 3.die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
19 Die Beklagte beantragt, die Berufung des Klägers zurückzuweisen sowie unter teilweiser Abänderung des erstinstanzlichen Urteils die Klage insgesamt abzuweisen.
20 Sie ist u.a. der Auffassung, dass dem Kläger schon ein Anspruch auf Übertragung der Zahlungsansprüche nicht zustehe, da die vertragliche Regelung in §5a zur Übertragung von Prämienrechten inhaltlich unbestimmt sei.
B.
21 Beide Berufungen sind zulässig, insbesondere sind sie jeweils form- und fristgemäß eingelegt und begründet worden. In der Sache hat nur das Rechtsmittel der Beklagten Erfolg, die Klageforderungen des Klägers sind insgesamt unbegründet.
22 I.Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Übertragung von Zahlungsansprüchen für Ackerflächen. Die Klageforderung könnte allenfalls auf §5a Abs.2 des Pachtvertrages zwischen der BVVG und der Beklagten vom 5.11.2007 gestützt werden; diese von der BVVG gestellte Allgemeine Geschäftsbedingung ist jedoch unwirksam.
23 1.Allerdings enthält der Pachtvertrag mit der Regelung in §5a Abs.2 eine Verpflichtung der Beklagten als Pächterin zur unentgeltlichen Übertragung von Zahlungsansprüchen auf einen von der BVVG als Verpächterin benannten Dritten zum Zeitpunkt der Beendigung des Pachtverhältnisses, welcher auf den 30.9.2008 festgelegt worden war. Die BVVG bezeichnete mit ihrem Schreiben vom 10.6.2008 den Kläger als Begünstigten dieser Regelung i.S. von §328 Abs.1 BGB. Diese Bestimmung bestätigte die BVVG mit der Unterzeichnung des Angebots einer Abtretungsvereinbarung am 29.11.2010.
24 2. Die vorgenannte Vertragsbestimmung ist mangels hinreichender Transparenz nach §307 Abs.1 S.2 BGB unwirksam.
25 a) Die Regelung des §5a Abs.2 des Pachtvertrages vom 5.11.2007 wurde, was zwischen den Prozessparteien unstreitig ist, von der BVVG als eine Allgemeine Geschäftsbedingung gestellt (§305 Abs.1 S.1 BGB). Es handelt sich um eine formularmäßige, in einer Vielzahl von Pachtverträgen von der BVVG verwendete Klausel. Dem steht der Umstand nicht entgegen, dass in §5a Abs.1 des Pachtvertrages eine individualisierte Aufzählung der von der BVVG an die Beklagte übertragenen Zahlungsansprüche enthalten war.
26 b)?Eine Klausel in einem von der Verpächterin vorformulierten Pachtvertrag über landwirtschaftliche Flächen, die den Pächter verpflichtet, mit Beendigung des Pachtvertrages Zahlungsansprüche unentgeltlich an ihn oder an einen von der Verpächterin zu benennenden Dritten zu übertragen, unterliegt der Inhaltskontrolle nach §307 Abs.1 BGB. Die höchstrichterliche Rechtsprechung und auch der erkennende Senat gehen in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass eine derartige Vertragsklausel den jeweiligen Pächter grundsätzlich nicht entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligt (vgl. nur BGH, Urt. v. 23.4.2010 – LwZR15/08, NL-BzAR 2010, 292; OLG Naumburg, Urt. v. 26.7.2012 – 2U32/12, jeweils m.w.N.).
27 c)?Die Wirksamkeit der Vertragsklausel setzt jedoch weiter voraus, dass die mit ihr begründete Verpflichtung klar und verständlich ist, und zwar auch hinsichtlich des Gegenstands der Übertragungsverpflichtung. An einer solchen hinreichenden Bestimmtheit fehlt es hier.
28 aa) Stimmen die Flächenmaße der Pachtflächen nach Nutzungsarten und die Anzahl der übertragenen Zahlungsansprüche nach Nutzungsarten bei Pachtbeginn überein, so ist – auch im Falle einer nur teilweisen Pacht-Nachfolge eines Dritten, wie hier – der Gegenstand der (z.?Zt. des Pachtvertragsabschlusses künftigen) Übertragungsverpflichtung hinsichtlich der sog. flächenbezogenen Prämienrechte ohne Weiteres eindeutig bestimmbar. Gleiches gilt, wenn die Zahlungsansprüche entweder dem Pächter selbst während der Pachtzeit zugeteilt worden sind und sich ausdrücklich oder im Wege der Auslegung des Pachtvertrages ergibt, dass die Übertragungsverpflichtung der erstmaligen Zuweisung der Zahlungsansprüche folgen soll oder wenn sich aus dem Pachtvertrag eine von den Vertragsparteien vorgenommene Zuordnung von Zahlungsansprüchen zu den Flurstücken ergibt. Diese (alternativen) Voraussetzungen liegen hier nicht vor.
29 bb)Die Vertragsparteien des Pachtvertrages vom 5.?11.?2007 stellten in §?5?a Abs.?1 der Regelung der Übertragungsverpflichtung lediglich eine betragsmäßige Zusammenfassung der jeweils zu Vertragsbeginn auf die Pächterin übertragenen Zahlungsansprüche voran, aus der sich ergab, dass deren Anzahl hinter der Größe der Pachtflächen zurückblieb. Die Anzahl der für Ackerflächen von der Verpächterin an die Beklagte übertragenen Prämienrechte entsprach nur ca. 78% der verpachteten Ackerflächen; für weitere ca.?7?% wurden Prämienrechte für Stilllegungen übertragen. Der vertraglichen Regelung in §5a Abs.1 war jedoch nicht zu entnehmen, ob die übertragenen Zahlungsansprüche jeweils 1?:?1 konkreten, nicht allen Flurstücken oder ggf. allen Flurstücken jeweils nur anteilig Zahlungsansprüche zugeordnet sein sollten. Ohne eine solche Zuordnung, die für die Nutzung der Prämienrechte durch den jeweiligen Inhaber selbstverständlich ohne rechtliche Bedeutung gewesen wäre, war weder bestimmt noch eindeutig bestimmbar, welche Anzahl von u.U. zur übertragenden Prämienrechten aus einzelnen Flächen „resultierte“. Diese Unklarheit führte auch für die nachfolgende, in §5a Abs.2 enthaltene Übertragungsverpflichtung zu Unbestimmtheit, wie der vorliegende Streit der Prozessparteien auch gezeigt hat. Insbesondere für die Beklagte als Pächterin und (z.?Zt. des Vertragsschlusses potenzielle) Übertragungsverpflichtete war der Umfang der Übertragungsverpflichtung für den hier später auch eingetretenen Fall einer nur teilweisen Beendigung des Pachtverhältnisses – wegen eines teilweisen Anschlusspachtvertrages – nicht transparent.
30 3.Für die Entscheidung des Senats kann offen bleiben, ob die Beklagte, wie der Kläger behauptet hat, von der Verpächterin noch weitere, im Pachtvertrag vom 5.11.2007 nicht aufgeführte Zahlungsansprüche übertragen bekommen hat, ggf. auch bis zur Herstellung einer Identität zwischen der Größe aller Pachtflächen und der Anzahl der Zahlungsansprüche. Selbst wenn dies der Fall gewesen wäre, vermochte dieser Umstand der Vertragsklausel des §?5?a Abs.?2 nicht zu einer hinreichenden Bestimmtheit zu verhelfen. Denn die vertraglich vereinbarte Übertragungsverpflichtung der Beklagten in §5a Abs.2 bezog sich allein auf die in §?5?a Abs.?1 des Pachtvertrages aufgeführten Zahlungsansprüche und nicht etwa auf sämtliche von der Verpächterin an die Pächterin übertragenen Prämienrechte.
31 II.Ist schon der Primäranspruch des Klägers gegen die Beklagte auf Übertragung von Zahlungsansprüchen zu keinem Zeitpunkt begründet gewesen, wie sich aus dem Vorausgeführten ergibt, so kommen sekundäre Ansprüche wegen verzögerter Übertragung und ungerechtfertigter Bereicherung nicht in Betracht.
C.
32 Die Entscheidung über die Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen beruht auf §§91 Abs.1 und 97 Abs.1 ZPO.
33 Die weiteren Nebenentscheidungen ergeben sich aus §26 Nr.8 EGZPO i.V. mit §§708 Nr.10, 711 S.1 sowie 543, 544 Abs.1 S.1 ZPO.
34 Die Revision nach §543 Abs.2 ZPO war nicht zuzulassen, da die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung hat noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.