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RA Alexander Zschau, Leipzig*

In dem folgenden Beitrag wird der Problematik sogenannter „weißer Flächen“ nachgegangen. Hierunter werden landwirtschaftliche Flächen verstanden, die sich im Privateigentum befinden, deren Eigentümer jedoch gegenwärtig nicht bekannt oder auffindbar sind.

Über den Umfang „weißer Flächen“, welche sich vornehmlich auf Grund der geschichtlichen Entwicklung in den neuen Bundesländern befinden, kann mangels veröffentlichter Zahlen nur spekuliert werden. Nach einer internen Information des Thüringer Landkreistages aus dem Jahre 1994 lagen zum damaligen Zeitpunkt alleine für das Thüringer Gebiet ca. 23.000 ha landwirtschaftliche Flächen vor, die als „weiße Flächen“ bezeichnet werden können.1 Es ist davon auszugehen, dass in den übrigen neuen Bundesländern entsprechend proportional zur Landesgröße ein ähnlicher Flächenbestand vorliegt.

Auf Grund dieser Erheblichkeit stellt sich die Frage, wie mit dem Problem „weiße Flächen“ umzugehen ist. Dies insbesondere vor dem Hintergrund der gesetzlichen Möglichkeit von Aufgebotsverfahren zur Grundbuchbereinigung bzw. zum Erwerb der landwirtschaftlichen Flächen seitens des langjährigen Bewirtschafters.

Sinn und Zweck eines Aufgebotsverfahrens

Das Aufgebotsverfahren bezweckt einerseits die Herbeiführung des Ausschlusses des unbekannten Grundstückseigentümers oder eines sonstigen unbekannten Berechtigten. Das heißt die nicht bekannten Eigentümer/Berechtigten würden ihr Recht am Grundstück verlieren und dieses würde auf den Antragsteller – den langjährigen Bewirtschafter – übergehen. Gerichtet ist das Aufgebotsverfahren auf eine allen gegenüber wirkende Feststellung des Bestehens des Rechts des Antragstellers oder seiner Freiheit von Rechten Dritter. Zweck des jeweiligen Verfahrens ist nach der Intention des Gesetzgebers die Schaffung einer klaren Rechtslage. Diese dient, insbesondere unter rechtlichen Gesichtspunkten, der künftigen Erhaltung des öffentlichen Glaubens des Grundbuchs (§ 891 BGB) und der Verkehrsfähigkeit der Grundstücke. Diese sind bei den „weißen Flächen“ äußerst problematisch.

Im Einzelnen bildet die Vorschrift des § 927 BGB eine Ergänzung des § 900 BGB (siehe Kasten S. 341). Bei der sogenannten Buchersitzung im Sinne des § 900 BGB erlangt der im Grundbuch als Eigentümer eingetragene Eigenbesitzer – der bisher trotz Grundbucheintragung nicht Eigentümer war – das Eigentum dadurch, dass die Eintragung 30 Jahre lang bestanden hat und er während dessen Eigenbesitzer des Grundstücks war.

Während bei der Ersitzung im Sinne des § 900 BGB Eigenbesitz und Grundbucheintragung übereinstimmen, ist für den Eigen­tümer­ausschluss nach § 927 BGB charakteristisch, dass 30-jähriger Eigenbesitz und Grundbuchstand auseinanderfallen. Dem 30-jährigen Eigenbesitzer wird durch die Norm die Möglichkeit eingeräumt, im Wege eines gerichtlichen Aufgebotsverfahrens den bisherigen Eigentümer von seinem Eigentumsrecht an dem Grundstück durch Beschluss auszuschließen und das Eigentum an dem „herrenlosen Grundstück“ durch Erklärung des Aneignungswillens und durch Eintragung im Grundbuch als Eigentümer zu erwerben.

§ 927 BGB verfolgt daher einen nützlichen Zweck, nämlich ein dauerhaftes Auseinanderfallen von rechtlicher Inhaberschaft und tatsächlicher Sachherrschaft zu verhindern und klare rechtlich verbindliche Verhältnisse hinsichtlich des Grundstückes zu schaffen.

Voraussetzungen und Ablauf des Angebotsverfahrens

Im Folgenden sollen die Voraussetzungen und der Ablauf des Aufgebotsverfahrens kurz dargestellt werden. Die Norm des § 927 BGB finden Sie im Kasten auf S. 341.

Der jeweilige Antragsteller, bei „weißen Flächen“ in der Regel der Bewirtschafter, muss also – kurz zusammengefasst – folgende Voraussetzungen erfüllen und dem Gericht gegenüber glaubhaft machen:

  1. 30-jähriger Eigenbesitz des Antragstellers bzw. dessen Rechtsvorgängers bezüglich „weißer Fläche“, in der Regel durch Glaubhaftmachung einer uneingeschränkten und ununterbrochenen Bewirtschaftung seit mindestens 30 Jahren;
  2. im Grundbuch eingetragener Eigentümer, welcher seit 30 Jahren entweder tot oder verschollen ist;
  3. erfolglose Bemühungen Rechtsnachfolger des Eigentümers oder Berechtigte am Grundstück ausfindig zu machen.

Im Einzelnen muss der jeweilige Antragsteller bezüglich der von ihm bewirtschafteten „weißen Fläche“ einen 30-jährigen Eigenbesitz glaubhaft machen. Dies geschieht in der Regel durch eidesstattliche Versicherung eines Zeitzeugen, welcher darlegt, dass das Agrarunternehmen und deren Rechtsvorgängerin die Flächen seit mindestens 30 Jahren bewirtschaften.

Problematisch ist an dieser Stelle der Umstand, dass das Agrarunternehmen, welches den Antrag im Aufgebotsverfahren stellt, während seiner ununterbrochenen Eigenbewirtschaftung mitunter vor 1990 sogenannte Kreispachtverträge und im Anschluss nach der Wiedervereinigung Pachtverträge mit den jeweiligen ortsansässigen Landkreisen oder kreisfreien Städten abgeschlossen hat. Letzteres beispielsweise um einen Nachweis für eine beantragte Förderfähigkeit der Fläche zu erbringen. Auf diesen Punkt wird bei einer gesonderten Betrachtung des Eigenbesitzes später noch eingegangen.

Weitere Voraussetzung für ein Aufgebotsverfahren ist, dass der im Grundbuch eingetragene Eigentümer, entweder seit 30 Jahren verstorben oder etwa verschollen ist und von dem Antragsteller keine Erben oder sonstige Berechtigte ausfindig gemacht werden konnten. Diese Voraussetzung wird im Antragsverfahren dadurch erfüllt, dass entweder die Sterbeurkunde oder ein anderes vom Antragsteller recherchiertes Dokument zur Glaubhaftmachung vorgelegt wird. An dieser Stelle ist eine selbstständige Recherche des Antragstellers notwendig, welche mitunter aufwendig sein kann (z. B. Erkundigen beim Standesamt u.s.w.). Zuletzt muss der Antragsteller, als ungeschriebene Voraussetzung für eine Grundbuchberichtigung gegenüber dem Gericht glaubhaft darlegen, dass er sich erfolglos bemüht hat, Erben oder andere Berechtigte am Grundstück ausfindig zu machen. Das ist erforderlich, weil das Aufgebotsverfahren als letztes Mittel dienen soll, um eine Klärung der Rechtslage herbeizuführen.

Die formellen gesetzlichen Voraussetzungen für das Aufgebotsverfahren und dessen Ablauf richteten sich vor der Reformierung des Prozessrechtes im Jahre 2009 nach der Zivilprozessordnung. Eine Entscheidung im Aufgebotsverfahren erging zum damaligen Zeitpunkt noch durch Urteil im Sinne eines Ausschlussurteils. Seit Reformierung des Prozessrechts finden sich die Regelungen hinsichtlich der Durchführung des Aufgebotsverfahrens im Gesetz über die freiwillige Gerichtsbarkeit (FamFG). Im Einzelnen in § 442 ff. FamFG (siehe nebenstehenden Kasten). Dort finden sich die Regelungen hinsichtlich der Antragsberechtigung, der Glaubhaftmachung sowie hinsichtlich der Durchführung des Aufgebotsverfahrens.

Ferner ergeht auch kein Ausschlussurteil mehr, sondern ein sogenannter Ausschlussbeschluss. Nach den Erfahrungen des Autoren in von ihm durchgeführten Aufgebotsverfahren führt die Reformierung des Prozessrechts mitunter zu Nachteilen für den Antragsteller. Das ergibt sich vor allem aus der Tatsache, dass gegen Entscheidungen im Aufgebotsverfahren nur noch die Beschwerde nach §§ 58 ff. FamFG möglich ist. Bei Nichtabhilfe des Amtsgerichts bei einer Beschwerde entscheidet nunmehr das jeweils zuständige Oberlandesgericht (OLG), welches gegen seine Entscheidung kein Rechtsmittel zulassen muss. Sofern das OLG ein Rechtsmittel ausschließt, endet an dieser Stelle der Rechtsweg für den Antragsteller (siehe die nachfolgend dargestellte Entscheidung des Thüringer Oberlandesgerichts vom 23. 11. 2011).

Im Ergebnis sind die einzelnen Anforderungen, welche der Antragsteller für einen Antrag im Aufgebotsverfahren erfüllen muss, überschaubar. Dies ist insbesondere für Landwirte bzw. landwirtschaftliche Unternehmen interessant, die „weiße Flächen“ bewirtschaften und beabsichtigen, ein Aufgebotsverfahren zum Erwerb der Flächen durchzuführen.

Wird ein schriftlicher Antrag auf Durchführung eines Aufgebotsverfahrens unter Glaubhaftmachung der dargestellten Voraussetzungen bei dem örtlich zuständigen Amtsgericht gestellt, kommt es zu einer öffentlichen Ausschreibung – dem sogenannten Aufgebot – seitens des Amtsgerichts. Die öffentliche Ausschreibung findet hierbei durch Aushang am „schwarzen Brett“ des Gerichts sowie durch Veröffentlichung in den regionalen Zeitungen und im Amtsblatt statt. Meldet sich innerhalb der vom Amtsgericht im öffentlichen Aufgebot gesetzten Frist kein Eigentümer, Erbe oder sonstiger Berechtigter, welcher Rechte – auch in Vertretung des Eigentümers und dessen Rechtsnachfolger – geltend macht, erlässt das Amtsgericht einen Ausschlussbeschluss. Mit Hilfe dieses Beschlusses kann der Antragsteller einen Antrag auf Eintragung in das Grundbuch als Eigentümer der Flächen stellen.

Letztenendes bedeutet dies, dass eine Grundbuchberichtigung stattfindet und die „weißen Flächen“ nicht mehr als „herrenlos“ zu betrachten sind.

Zur Problematik des Eigenbesitzes im Sinne des § 927 BGB

Der Nachweis des 30-jährigen Eigenbesitzes des Antragstellers ist bezüglich „weißer Flächen“ in den neuen Bundesländern ein mitunter problematischer Punkt. Dies zeigt insbesondere ein im Folgenden dargestelltes Urteil des Thüringer Oberlandesgericht vom 23. 11. 2011 – 9 W 467/11.

In dem betreffenden Verfahren beantragte ein im Landkreis Sömmerda ansässiges Agarunternehmen, welches zuvor zum überwiegenden Teil erfolgreich Aufgebotsverfahren bei dem zuständigen AG Sömmerda durchführte, einen Antrag auf Durchführung eines Aufgebotsverfahrens. Nachdem das AG Sömmerda auf den Antrag hin das Aufgebot erlassen und anschließend öffentlich bekannt gemacht hatte, zeigte sich der Landkreis Sömmerda an und machte Eigentumsansprüche für die unbekannten Eigentümer im Verfahren geltend. Diese Einwendung des Landkreises wurde seitens des AG zurückgewiesen und ein Ausschlussbeschluss erlassen.

Gegen diesen Beschluss legte der Landkreis Beschwerde ein. Seine notwendige Beschwerdebefugnis im Sinne des § 59 FamFG begründete der Landkreis zum damaligen Zeitpunkt mit der Heranziehung des § 52 Abs. 2 LwAnpG. Diese Norm gab nach dem Zweck des Gesetzgebers der Verwaltung in den Jahren nach der Wiedervereinigung die Befugnis „vorübergehend zwischen der zuständigen Kreisbehörde und dem Nutzer (unmittelbaren Eigenbesitzer) die Bedingungen für die Bodennutzung“ hinsichtlich „weißer Flächen“ zu vereinbaren.

Das AG Sömmerda wies die Beschwerde des Landkreises zurück. Dies mit der Begründung, dass sich aus § 52 LwAnpG keine Beschwerdebefugnis ergibt, da ein Übergang von Rechten, speziell Eigentumsrechten, an dem Grundstück nicht von dem Wortlaut der Norm erfasst wird und diese restriktiv zu handhaben ist. Gegen diesen Beschluss des Amtsgerichtes legte der Landkreis Beschwerde bei dem zuständigen Thüringer Oberlandesgericht ein. Dieses gab der Beschwerde statt und hob den Ausschließungsbeschluss des AG Sömmerda auf. Eine Rechtsbeschwerde wurde seitens des OLG nicht zugelassen, so dass für die Antragstellerin an dieser Stelle die Überprüfung des OLG-Urteils versagt wurde.

Das OLG führt in seiner Entscheidung aus, dass das AG zu Recht eine Beschwerdebefugnis des Landkreises nach § 52 Abs. 2 LwAnpG ablehnte, da die Vorschrift den Landkreis nicht ermächtigt, als Vertreter der unbekannten Eigentümer Rechte im Aufgebotsverfahren geltend zu machen.

Gleichwohl sieht das OLG jedoch eine Beschwerdebefugnis auf Grund der Regelung des Artikel 233, § 2 Abs. 3 S. 1 EGBGB für gegeben. Nach dieser Regelung kann der Landkreis oder die kreisfreie Stadt, in welcher die „weiße Fläche“ liegt, einen ­gesetzlichen Vertreter für die Grundstückseigentümer bestellen. Hierbei kann sich der Landkreis auch selbst zum gesetzlichen Vertreter bestellen oder dies auch konkludent tun. Bezug nimmt das OLG hierbei auf eine Entscheidung des BGH vom 16. 6. 2000 – Lw ZR 15/993.

Darüber hinaus entschied das OLG, dass die zulässige Beschwerde in der Sache auch Erfolg hat, da die Voraussetzungen für das Aufgebotsverfahren nach § 927 Abs. 1 BGB mangels 30-jährigen Eigenbesitzes nicht erfüllt seien. Nach Ansicht des OLG liegt ein Eigenbesitz nicht vor, da die Antragsteller im Jahre 1993 mit dem Landkreis scheinbar auf Grundlage des § 52 Abs. 2 LwAnpG einen Pachtvertrag schlossen. Dies kann nur vermutet werden, da das OLG keine Ausführungen bezüglich der Vertretungsbefugnis des Landkreises zum Abschluss des Pachtvertrages auf Verpächterseite in seiner Entscheidung macht. Ferner stellte das OLG ohne weitere Anhaltspunkte die Behauptung auf, dass die Rechtsvorgängerin der Antragstellerin „in aller Regel“ auf Grundlage von Kreispachtverträgen den von ihren damaligen Mitgliedern eingebrachten Boden als Fremdbesitz bewirtschaftete. Demnach unterstellt das OLG indirekt, dass die Voraussetzung für ein Aufgebotsverfahren, d.?h. die Voraussetzung des Eigenbesitzes bei Vorlage von Kreispachtverträgen bezüglich der „weißen Flächen“ nicht gegeben sei.

Gegen diese Entscheidung, welche Vorbildcharakter für gleiche Sachverhaltskonstellationen zumindest für das Bundesland Thüringen hat, ließ das OLG unverständlicherweise eine Rechtsbeschwerde nicht zu. Das OLG äußert vielmehr in seiner Entscheidung die Ansicht, dass die Angelegenheit keine grundsätzliche Bedeutung hätte und auch nicht der Fortbildung des Rechtes oder der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung dient.

Gegen diese Ansicht des OLG äußert der Autor Bedenken. Insbesondere, da nicht nachvollziehbar ist, weshalb das OLG der Angelegenheit keine grundsätzliche Bedeutung zuspricht. Der Autor hätte sich eine Klärung der vom OLG angesprochenen strittigen Fragen zum Eigenbesitz durch eine abschließende Entscheidung des BGH gewünscht. Denn auf Grund des vorliegenden Urteils ist nicht klar, welche Rolle vorliegende Kreispachtverträge hinsichtlich des Eigenbesitzes im Sinne des § 927 BGB spielen. Ebenso ist nicht abschließend geklärt, weshalb der vom OLG herangezogene Pachtvertrag zwischen dem Landkreis und der Antragstellerin einen Eigenbesitz im Sinne des § 927 BGB ausschließt.

Vom OLG wurde bei seiner Entscheidung außer Betracht gelassen, weshalb und auf welcher gesetzlichen Grundlage es zu einem Abschluss eines Pachtvertrages zwischen dem Landkreis und der Antragstellerin kam.

Hintergrund des Pachtvertragsschlusses war nämlich die Tatsache, dass für den damaligen Nachweis der EU-Förderfähigkeit es entweder der Darlegung einer Eigentümerstellung durch Vorlage des Grundbuchauszuges oder eines Besitzrechtes, beispielsweise durch Vorlage eines Pachtvertrages, bedurfte. Da beides, trotz der bereits zum damaligen Zeitpunkt mehr als 30-jährigen landwirtschaftlichen Nutzung der streitgegenständlichen Fläche durch die Antragstellerin nicht vorlag, bedurfte es des Abschlusses eines Nutzungsvertrages.

Fazit

Eine abschließende Klärung der Fragen zu dem Eigenbesitz im Sinne des § 927 BGB ist wünschenswert. Dies insbesondere bei Zugrundelegung der vorbenannten Entscheidung des Thüringer OLG vom 23. 8. 2010. Das Urteil führt in seiner Endkonsequenz dazu, dass in der Zukunft eine Bereinigung des Grundbuches in einigen Fällen unmöglich ist und dass für eine unbestimmte Zeit keine Rechtssicherheit geschaffen werden kann, da sich andere Amtsgerichte an dem Urteil orientieren werden. Diese Konsequenzen sollen nach Auffassung des ­Autors gerade durch die Regelungen des Aufgebotsverfahrens nach der Intension des Gesetzgebers verhindert werden, weshalb die Klärung der Rechtsfrage eine grundsätzliche Bedeutung hat.

Das vorbenannte Urteil des Thüringer OLG hat jedoch nicht generell Auswirkungen auf alle mögliche Aufgebotsverfahren bezüglich „weißer Flächen“. Nach Kenntnis des Autors liegen auch zahlreiche „weiße Flächen“ vor, bei denen weder Kreispachtverträge, noch Pachtverträge mit den örtlichen Landkreisen, freien Städten oder anderen bestellten Vertretern vorliegen. Ebenso muss der Landkreis oder der gegebenenfalls bestellte Vertreter nicht zwangsläufig Einwendungen bei Durchführung eines Aufgebotsverfahrens vortragen. Vor dem Hintergrund der Tatsache, dass manche Landkreise oder kreisfreie Städte auch daran interessiert sind, die Problematik der „weißen Flächen“ in ihrem Gebiet für die Zukunft zu lösen und daher die Durchführung von Aufgebotsverfahren begrüßen.

Der Beitrag sollte auf das Schicksal bzw. die Problematik der „weißen Flächen“ aufmerksam machen und aufzeigen, dass das Aufgebotsverfahren nach § 927 BGB als rechtlicher Weg zu betrachten ist, mit dem eine Klärung der Problematik herbeigeführt werden kann.

Das erscheint vor dem Hintergrund der Tatsache, dass auch mehr als 20 Jahre nach Wiedervereinigung die Zahl der weißen Flächen nicht unerheblich gesunken ist, als dringlich. Es müsste nach Mitteln und Wegen gesucht werden, mit denen dem jeweiligen Bewirtschafter, welcher die Flächen seit Jahrzehnten in Eigenbewirtschaftung hat und diese als Produktionsgrundlage dringend benötigt, das Eigentum an den „weißen Flächen“ verschafft wird.

 

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Quellen:

  1. 2008 veröffentlichte das Landratsamt Sömmerda (Thüringen) eine 56-seitige Liste mit „weißen Flächen“: www.lra-soemmerda.de/
    upload/Weiße_Flächen_2008_1961.pdf. Es zeigt sich, dass es sich bei der Mehrzahl der „weißen Flächen“ um Klein- und Kleinstflä­chen handelt. Nur in den Gemarkungen Sömmerda sowie Frohn­dorf und Orlishausen (beide Ortsteile von Sömmerda) gibt es größere „weiße Flächen“. Das hängt mit der Geschichte der Orte zusammen: „Frohndorf besaß 1448 ein großes Rittergut mit Schloss, dem Grafen von Werthern gehörig. Im Zuge der Bodenreform 1946 wurde das Rittergut aufgelöst und das Land an Neubauern verteilt.“ (www.soemmerda.de/die-stadt/ortsteile/orlishausenfrohndorf.html) – Anm. der Red.
  2. Gesetz vom 17. 12. 2008 (BGBl. I S. 2586, 2587), das zuletzt durch Artikel 3 des Gesetzes vom 21. 7. 2012 (BGBl. I S. 1577) geändert worden ist.
  3. BGH, Beschl. v. 16. 6. 2000 – LwZR 15/99 – Landkreis kann sich als Vertreter eines nicht bekannten Grundstückseigentümers einsetzen, NL-BzAR 2000, 414.

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Bürgerliches  Gesetzbuch (BGB)

§ 900 Buchersitzung

(1) Wer als Eigentümer eines Grundstücks im Grundbuch eingetragen ist, ohne dass er das Eigentum erlangt hat, erwirbt das Eigentum, wenn die Eintragung 30 Jahre bestanden und er während dieser Zeit das Grundstück im Eigenbesitz gehabt hat. Die dreißigjährige Frist wird in derselben Weise berechnet wie die Frist für die Ersitzung einer beweglichen Sache. Der Lauf der Frist ist gehemmt, solange ein Widerspruch gegen die Richtigkeit der Eintragung im Grundbuch eingetragen ist.

(2) Diese Vorschriften finden entsprechende Anwendung, wenn für jemand ein ihm nicht zustehendes anderes Recht im Grundbuch eingetragen ist, das zum Besitz des Grundstücks berechtigt oder dessen Ausübung nach den für den Besitz geltenden Vorschriften geschützt ist. Für den Rang des Rechts ist die Eintragung maßgebend.

§ 927 Aufgebotsverfahren

(1) Der Eigentümer eines Grundstücks kann, wenn das Grundstück seit 30 Jahren im Eigenbesitz eines anderen ist, im Wege des Aufgebotsverfahrens mit seinem Recht ausgeschlossen werden. Die Besitzzeit wird in gleicher Weise berechnet wie die Frist für die Ersitzung einer beweglichen Sache. Ist der Eigentümer im Grundbuch eingetragen, so ist das Aufgebotsverfahren nur zulässig, wenn er gestorben oder verschollen ist und eine Eintragung in das Grundbuch, die der Zustimmung des Eigentümers bedurfte, seit 30 Jahren nicht erfolgt ist.

(2) Derjenige, welcher den Ausschließungsbeschluss erwirkt hat, erlangt das Eigentum dadurch, dass er sich als Eigentümer in das Grundbuch eintragen lässt.

(3) Ist vor dem Erlass des Ausschließungsbeschlusses ein Dritter als Eigentümer oder wegen des Eigentums eines Dritten ein Widerspruch gegen die Richtigkeit des Grundbuchs eingetragen worden, so wirkt der Ausschließungsbeschluss nicht gegen den Dritten.

§ 928 Aufgabe des Eigentums, Aneignung des Fiskus

(1) Das Eigentum an einem Grundstück kann dadurch aufgegeben werden, dass der Eigentümer den Verzicht dem Grundbuchamt gegenüber erklärt und der Verzicht in das Grundbuch eingetragen wird.

(2) Das Recht zur Aneignung des aufgegebenen Grundstücks steht dem Fiskus des Landes zu, in dem das Grundstück liegt. Der Fiskus erwirbt das Eigentum dadurch, dass er sich als Eigentümer in das Grundbuch eintragen lässt.

 

 

Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG)2

Abschnitt 2
Aufgebot des Eigentümers von Grundstücken …

§ 442 Aufgebot des Grundstückseigentümers; örtliche Zuständigkeit

(1) Für das Aufgebotsverfahren zur Ausschließung des Eigentümers eines Grundstücks nach § 927 des Bürgerlichen Gesetzbuchs gelten die nachfolgenden besonderen Vorschriften.

(2) Örtlich zuständig ist das Gericht, in dessen Bezirk das Grundstück belegen ist.

§ 443 Antragsberechtigter

Antragsberechtigt ist derjenige, der das Grundstück seit der in § 927 des Bürgerlichen Gesetzbuchs bestimmten Zeit im Eigenbesitz hat.

§ 444 Glaubhaftmachung

Der Antragsteller hat die zur Begründung des Antrags erforderlichen Tatsachen vor der Einleitung des Verfahrens glaubhaft zu machen.

§ 445 Inhalt des Aufgebots

In dem Aufgebot ist der bisherige Eigentümer aufzufordern, sein Recht spätestens zum Anmeldezeitpunkt anzumelden, widrigenfalls seine Ausschließung erfolgen werde.