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Brandenburgisches OLG,
Beschluss vom 26. 1. 2012 – 5 W (Lw) 10/11 – AG Neuruppin (44 Lw 18/10)

 

Leitsätze

  1. § 38 Abs. 3 S. 2 FamFG erfordert es nicht, dass Entscheidungen in Landwirtschaftssachen der freiwilligen Gerichtsbarkeit auch von den ehrenamtlichen Richtern unterschrieben werden müssen (entgegen Pfälzisches OLG Zweibrücken, Beschluss v. 18. März 2011, Az. 4 WLw 110/10, RdL 2012, 152).
  2. Ein über ein Grundstück geschlossener einheitlicher Landpachtvertrag wird durch die Veräußerung von Teilen der Pachtfläche nicht in mehrere Pachtverhältnisse aufgespalten. Ein Anpassungsverlangen nach § 593 BGB ist anschließend für sämtliche Verpächter geltend zu machen.
  3. Wird das Anpassungsverlangen für sämtliche Verpächter erstmals im Beschwerdeverfahren gestellt, fehlt es an dem einem gerichtlichen Verfahren nach § 593 BGB obligatorisch vorgeschalteten Einigungsverfahren der Pachtvertragsparteien.

 BGB § 593 Abs. 4; ZPO § 315 Abs. 1 S. 1; FamFG § 38 Abs. 1 S. 1, Abs. 3 S. 2; LwVG §§ 9, 48 Abs. 1 S. 2

Gründe

I.

1            Der Antragsteller macht gegen den Antragsgegner eine Erhöhung des aus einem Landpachtvertrag geschuldeten Pachtzinses geltend.

2 Am 9. 1. 1993 schlossen die Mutter des Antragsgegners, Frau A. P. als Pächterin und Herr „L. S. (Erbengemeinschaft)“ als Verpächter einen Landpachtvertrag über die Flurstücke ….

3            In § 11 des Pachtvertrages vom 9. Januar 1993 heißt es:

   „Ändern sich die durchschnittlich gezahlten Pachtpreise in der Gegend, in der das verpachtete Grundstück liegt, um mehr als 10%, soll über den neuen Pachtpreis mit Wirkung vom nächsten Pachtjahr an verhandelt werden.

     Kommt eine Einigung nicht zustande, so schätzt ein von der zuständigen Landwirtschaftskammer oder entsprechender Behörde benannter Sachverständiger den neuen Pachtpreis unter Berücksichtigung der ursprünglich getroffenen Vereinbarung und der zwischenzeitlich eingetretenen Änderungen. Auf diesen Preis sollen sich die Parteien einigen.“

4            Mit notariellem Kaufvertrag vom 4. 12. 2008 erwarb der Antragsgegner die Flurstücke … von der aus L. S., E. Sc. und H. S. bestehenden Erbengemeinschaft nach E. S.; seit dem 18. 9. 2009 ist er eingetragener Eigentümer dieser Grundstücke.

5            Unter Ziff. 4.2 des Kaufvertrages heißt es:

   „Nach Angaben des Verkäufers besteht derzeit ein Pachtverhältnis für die landwirtschaftlichen Flächen. (...) Der Käufer tritt mit dem Tage des Besitzübergangs in dieses Nutzungsverhältnis ein und ist berechtigt, alle damit im Zusammenhang stehenden Erklärungen gegenüber Gerichten, Behörden und Personen abzugeben sowie Änderungen des Pachtvertrages (auch Pachtzinsänderungen und Kündigungen) vorzunehmen. Die Beteiligten verpflichten sich, sich gegenseitig so zu stellen, als das Pachtverhältnis bei Besitzübergang insgesamt auf den Käufer übergeht. (...)“

6            Das Amtsgericht hat den Antrag zurückgewiesen und zur Begründung ausgeführt, der Antragsteller sei nicht berechtigt, die Pachtzinsanpassung nach § 593 Abs. 4 BGB zu beantragen, da er nicht der alleinige Verpächter sei. Mit dem Erwerb der Pacht­fläche – mit Ausnahme des Flurstücks 64/3 – durch den Antragsteller sei eine aus dem Antragsteller und den übrigen Mitgliedern der ursprünglich verpachtenden Erbengemeinschaft bestehende Mehrheit von Verpächtern entstanden. Eine konkludent erklärte Aufhebung der Gemeinschaft durch Teilung sei nicht erfolgt, insbesondere könne ein entsprechender Wille seitens der Erbengemeinschaft nicht festgestellt werden. Da der Antragsteller demnach nicht alleiniger Verpächter sei, könne er die aus dem Pachtverhältnis resultierenden Rechte nicht allein im eigenen Namen geltend machen. § 432 BGB sei auf Gestaltungsrechte nicht anwendbar. Ausweislich der Antragstellung wolle der Antragsteller auch nur hinsichtlich der von ihm erworbenen Teilflächen tätig werden.

7            Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Antragstellers. Er vertritt die Auffassung, der gemäß §§ 593?b, 566 BGB eintretende Erwerber könne die Rechte des Verpächters mit Bezug auf den von ihm erworbenen Pachtgegenstand ausüben. Eine Übertragung der sogenannten Einheitstheorie auf Landpachtverträge sei nicht angemessen. Jedenfalls sei der Antragsteller in Ziff. 4 Abs. 2 des notariellen Grundstückskaufvertrages vom 4. 12. 2008 bevollmächtigt worden, die Pachtzinsanpassung zu verlangen und entsprechende Erklärungen auch für die verkaufende Erbengemeinschaft abzugeben. Die Regelung in § 11 Abs. 2 des Pachtvertrages sei gemäß § 307 BGB unwirksam, da sie die Anpassung des Pachtvertrages nach § 593 BGB erheblich erschwere.

8            Der Antragsteller beantragt, den Beschluss des Amtsgerichts Neuruppin vom 8. 2. 2011 aufzuheben und im Wege des Beschlusses den Pachtvertrag über die vom Antrag­gegner gepachteten Flächen des Antragstellers in der Gemarkung S., …, mit einer Gesamtgröße von 23,7069 ha insoweit abzuändern, dass ab dem 1. 1. 2009 von dem Antragsgegner ein Pachtzins in Höhe von 3.106,05 € zu zahlen ist.

9            Der Antragsgegner beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

10           Er verteidigt die angefochtene Entscheidung und rügt weiterhin, dass der Antragsteller entgegen der entsprechenden vertraglichen Vereinbarungen kein Schiedsgutachten eingeholt habe. Der notarielle Kaufvertrag beziehe sich nicht auf das Flurstück 64/3, entsprechend könnten sich die Vereinbarungen auch nicht hierauf beziehen.  Der Antragsteller habe zu keinem Zeitpunkt deutlich gemacht, im Namen aller Verpächter zu handeln.

11           Das Amtsgericht hat der Beschwerde mit Beschluss vom 25. 5. 2011, auf den wegen der Einzelheiten verwiesen wird, nicht abgeholfen.

12           Mit weiterem Schriftsatz vom 19. 10. 2011 hat der Antragsteller seinen Antrag vorsorglich hilfsweise dahingehend modifiziert, dass er im eigenen Namen sowie unter Verweis auf die Vollmacht im notariellen Kaufvertrag Ziff. 4.2 im Namen der Erbengemeinschaft L. S., E. Sc. und H. S. das Pachtzinserhöhungsverlangen erhebt und den streitgegenständlichen Antrag stellt.

13           Der Antragsgegner beantragt auch insoweit, den Antrag zurückzuweisen.

14           Er trägt vor, die (auch) im Namen der Erbengemeinschaft abgegebene Erklärung des Antragstellers mit Schriftsatz vom 26. 10. 2011 unter Hinweis auf § 174 BGB zurückgewiesen zu haben.

15           Der angefochtene Beschluss vom 8. 2. 2011 sowie der Nichtabhilfebeschluss vom 24. 5. 2011 ist jeweils nur vom Vorsitzenden des Landwirtschaftsgerichts unterschrieben worden.

 

   II.

16           1. Die gemäß §§ 1 Nr. 1, 9 LwVG i.V.?m. § 58 Abs. 1 FamFG statthafte Beschwerde ist zulässig, insbesondere ist die Beschwerdefrist von einem Monat (§ 63 Abs. 1 FamFG) gewahrt.

17           Gegenstand des Verfahrens ist ein Erhöhungsverlangen nach § 593 Abs. 4 BGB. Es handelt sich bei diesem Verlangen gemäß §§ 1 Nr. 1, 9 LwVG um ein Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit.

18           Etwas anderes würde nur gelten, wenn das Anpassungsverlangen auf eine vertragliche, § 593 BGB modifizierende Pachtzinsanpassungsklausel gestützt würde; in diesem Fall wäre grundsätzlich im ZPO-Verfahren zu entscheiden (vgl. Senat, Urt. v. 20. 3. 2008 – 5 U (Lw) 34/07). Im Streitfall beruft sich der Antragsteller auf den Pachtvertrag (§ 11). Gemäß § 5 Abs. 2 des Pachtvertrages kann jede Vertragspartei eine angemessene Erhöhung oder Herabsetzung des Pachtzinses verlangen, wenn sich die für die Bemessung des Pachtzinses maßgeblichen Verhältnisse erheblich verändern. Diese Regelung entspricht dem Wortlaut von § 593 Abs. 1 S. 1 BGB. Gemäß § 11 des Vertrages („Gleitklausel“) soll über den neuen Pachtpreis mit Wirkung vom nächsten Pachtjahr an verhandelt werden, wenn sich die durchschnittlich gezahlten Pachtpreise in der Gegend um mehr als 10 % ändern. Für den Fall, dass eine Einigung nicht zustande kommt, ist die Schätzung des neuen Pachtpreises durch einen Sachverständigen vorgesehen; auf „diesen Preis“ sollen die Parteien sich einigen.

19           Die Klausel in § 11 des Pachtvertrages enthält allerdings – entgegen ihrer Bezeichnung – keine sog. Gleitklausel. Unter Gleitklauseln versteht man regelmäßig Vereinbarungen des Inhalts, dass sich die Pacht bei Eintritt bestimmter Voraussetzungen auto­matisch ändern soll; in einem Vertragsänderungsverfahren nach § 593 Abs. 4 BGB kann in diesen Fällen sowohl die Gleitklausel als solche als auch die aufgrund der Gleitklausel errechnete neue Pacht Gegenstand der Anpassung sein. § 11 des hier verfahrensgegenständlichen Pachtvertrages zielt demgegenüber nur auf einen Vorschlag durch einen Sachverständigen, auf den die Vertragsparteien sich einigen sollen, aber nicht müssen. Es handelt sich demnach um eine sog. Spannungsklausel, mit der die Parteien eine erneute Verhandlung über die Höhe der Pacht vereinbaren, falls sich bestimmte Voraussetzungen wesentlich ändern, etwa das regionale Pachtniveau (Faßbender/Hötzel/Lukanow, a.?a.?O., § 593 Rn 17, 15). Soll bei nicht erzielbarer Einigung der Vertragsparteien ein Schiedsgutachter über die Pachtpreisänderung entscheiden, so ist dessen Festsetzung gemäß § 317 BGB bei Unbilligkeit im ZPO-Verfahren gemäß §§ 1 Nr. 1a, 48 Abs. 1 S. 1 LwVG anzugreifen (Senat, Urt. v. 20. 3. 2008, – 5 U (Lw) 34/07; Faßbender/Hötzel/Lukanow, a.?a.?O., Rn 15).

20           Da im Streitfall eine verbindliche Festsetzung des Pachtzinses durch einen Sachverständigen vertraglich nicht vorgesehen ist, handelt es sich um ein Anpassungsverlangen nach § 593 BGB und damit um ein Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit.

22           2. Die Beschwerde hat nicht bereits aus formalen Gründen vorläufig Erfolg. Zwar sind weder der angefochtene Beschluss noch die Nichtabhilfeentscheidung von den ehrenamtlichen Richtern des Landwirtschaftsgerichts unterschrieben worden. Einer Unterschrift der ehrenamtlichen Richter bedurfte es nach Auffassung des Senats indessen auch nicht.

23           a) Gemäß § 9 LwVG sind in den Landwirtschaftssachen der freiwilligen Gerichtsbarkeit, mithin auch dem vorliegenden Verfahren, die Vorschriften des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG) sinngemäß anzuwenden, soweit nicht im LwVG etwas anderes bestimmt ist.

24           aa) Gemäß § 38 Abs. 1 S. 1 des am 1. 9. 2009 in Kraft getretenen FamFG entscheidet das Gericht verfahrensbeendend durch Beschluss, der gemäß § 38 Abs. 3 S. 2 FamFG zu unterschreiben ist. Ausweislich der Gesetzesbegründung (BT-Drucksache 17/6308, S. 195) ermöglicht die Unterschrift eine Abgrenzung des Beschlusses von einem bloßen Entwurf; der Beschluss ist von dem Richter oder Rechtspfleger zu unterschreiben, der die Entscheidung getroffen hat. § 38 Abs. 3 S. 2 FamFG wird überwiegend entnommen, dass eine Kollegialentscheidung von allen Richtern zu unterschreiben ist, die daran mitgewirkt haben (BT-Drucks. a.a.O.; Haußleiter, FamFG, 2011, § 38 Rn 25; Schulte-Bunert/Weinreich, FamFG, 2. Aufl. 2010, § 38 Rn 44; Prütting/Helms, FamFG, 2009, § 28 Rn 23; Bork/Jacoby/Schwab, FamFG, 2009, § 38 Rn 47; Musielak/Borth, Familiengerichtliches Verfahren, 2. Aufl. 2011, § 38 Rn 4; Horndasch/Viefhues, Kommentar zum Familienverfahrensrecht, 2009, § 38 Rn 10; a.?A.: Friederici/Kemper, Familienverfahrensrecht, 2009, § 38 Rn 12).

25           Zur Frage, ob Entscheidungen nach dem LwVG der Unterschrift der ehrenamtlichen Richter bedürfen, trifft § 48 Abs. 1 LwVG die Regelung, dass in bürgerlich rechtlichen Streitigkeiten nach § 1 Nr. 1?a LwVG die Vorschrift des § 315 Abs. 1 S. 1 ZPO mit der Maßgabe gilt, dass es der Unterschrift der ehrenamtlichen Richter nicht bedarf.

26           bb) Hieraus folgert das Pfälzische Oberlandesgericht Zweibrücken, dass in den Landwirtschaftssachen der freiwilligen Gerichtsbarkeit eine Entscheidung in Beschlussform von allen Richtern einschließlich der den Berufsrichtern gleichgestellten ehrenamtlichen Richter (§ 5 LwVG) unterschrieben werden muss, da eine von § 38 Abs. 2. S. 2 FamFG abweichende Ausnahmeregelung gemäß § 48 Abs. 1 Satz 2 LwVG ausschließlich für die streitigen Landwirtschaftssachen im Sinne von § 1 Nr. 1a LwVG bestehe (Beschl. v. 18. 3. 2011 – 4 WLw 110/10, zitiert nach juris).

27           b) Dieser Auffassung folgt der Senat nicht.

28           aa) Angesichts der unterschiedlichen Formulierung von § 38 Abs. 3 S. 2 FamFG und § 315 Abs. 1 S. 1 ZPO wird die Auffassung vertreten, dass die Unterschrift aller Richter kein Wirksamkeitserfordernis sei (Friederici/Kemper, Familienverfahrensrecht, 2009, § 38 Rn 12). Während § 315 Abs. 1 S. 1 ZPO sich nur auf Urteile bezieht und ausdrücklich anordnet, dass Urteile „von den Richtern, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben, zu unterschreiben“ ist, heißt es in § 38 Abs. 3 S. 2 FamFG in Bezug auf Beschlüsse der freiwilligen Gerichtsbarkeit lediglich, dass diese „zu unterschreiben“ sind, ohne dass eine der Vorschrift des § 315 Abs. 1 S. 1 ZPO entsprechende dezidierte Anordnung getroffen würde.

29           bb) Ob dieser Ansicht zu folgen ist, kann dahinstehen. Jedenfalls ist durch die erstmalige Regelung des Erfordernisses einer Unterschriftsleistung in § 38 Abs. 3 S. 2 FamFG in § 48 Abs. 1 LwVG eine planwidrige Regelungslücke aufgetreten. Diese Lücke im Gesetz ist unter Berücksichtigung der Gesetzeshistorie, des Normzwecks und des Gebotes der Prozessökonomie dahingehend zu schließen, dass auch in Landwirtschaftssachen der freiwilligen Gerichtsbarkeit eine Unterschrift der ehrenamtlichen Richter nicht erforderlich ist.

30           Der Wortlaut von § 9 LwVG i.V.?m. § 38 Abs. 3 S. 2 FamFG zwingt nicht zu der Auslegung, dass mit Inkrafttreten des FamFG in Landwirtschaftssachen der freiwilligen Gerichtsbarkeit die Unterschriftsleistung der ehrenamtlichen Richter erforderlich geworden ist. Maßgebend ist der im Gesetzeswortlaut objektivierte Wille des Gesetzgebers. Es ist auf den Sinn der Norm abzustellen und davon auszugehen, dass das Gesetz eine zweckmäßige und nützliche Regelung treffen will (RGZ 74, 69, 72)

31           In Landwirtschaftssachen der freiwilligen Gerichtsbarkeit war es im Ausgangspunkt nach § 21 LwVG a.?F. nicht erforderlich, dass die ehrenamtlichen Richter Entscheidungen unterschreiben, da für den Geltungsbereich der freiwilligen Gerichtsbarkeit keine dies anordnende gesetzliche Vorschrift existierte. Mit Inkrafttreten des Gesetzes zur Neuordnung des landwirtschaftlichen Pachtrechts vom 8. November 1985 (BGBl. I, S. 2065) wurden die Landwirtschaftsgerichte jedoch auch für die bürgerlichrechtlichen Rechtsstreitigkeiten nach § 1 Nr. 1a LwVG zuständig; insoweit war gemäß § 48 Abs. 1 LwVG in der am 1. Juli 1986 in Kraft getretenen Fassung (vgl. BGBl. I, S. 2073) nach den Vorschriften der ZPO zu entscheiden. Diese pauschale Verweisung auf die ZPO schloss die Anwendbarkeit von § 315 Abs. 1 S. 1 ZPO ein, wonach Urteile von den Richtern zu unterschreiben sind, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben. Diese Konsequenz war bei der Einführung von § 48 LwVG offenbar übersehen worden und führte zu praktischen Schwierigkeiten bei den Landwirtschaftsgerichten, weil die ehrenamtlichen Richter im Allgemeinen weder im Gericht noch am Sitz des Gerichts anwesend sind, wenn eine Entscheidung abgesetzt worden ist (vgl. BT-Drucksache 11/3621 S. 62 f.). Da die Unterzeichnung der Entscheidung durch die ehrenamtlichen Richter im Verfahren in Landwirtschaftssachen ebenso wenig für erforderlich angesehen wurde wie im Strafverfahren oder in anderen Gerichtszweigen (vgl. BT-Drucks. a.?a.?O.), ist deshalb mit dem Rechtspflege-Vereinfachungsgesetz vom 17. 12. 1990 (BGBl. I, S. 2847) in Art. 7 (22) in § 48 Abs. 1 S. 2 LwVG der Halbsatz eingefügt worden, § 315 Abs. 1 S. 1 ZPO gelte mit der Maßgabe, dass es der Unterschrift der ehrenamtlichen Richter nicht bedarf. Damit wurde sichergestellt, dass die Unterschriften der ehrenamtlichen Richter in sämtlichen Landwirtschaftssachen entbehrlich waren.

32           Diese Rechtslage ist durch das Inkrafttreten des FamFG nicht geändert worden. Es liegt auf der Hand, dass die mit dem Rechtspflege-Vereinfachungsgesetz aufgrund vorangegangener negativer Praxiserfahrungen hergestellte Rechtslage mit der Einführung von § 38 Abs. 3 S. 2 FamFG nicht dahingehend geändert werden sollte, dass nunmehr – seit Inkrafttreten des LwVG: erstmals – in Landwirtschaftssachen der freiwilligen Gerichtsbarkeit die Unterschrift der ehrenamtlichen Richter unter Entscheidungen erforderlich sein sollte. Dieses Ergebnis wäre auch mit der auf eine sinnvolle Ordnung abzielenden ratio legis nicht vereinbar. Der Gesetzesbegründung lassen sich Anhaltspunkte für eine hierauf gerichtete grundlegende Änderung des Verfahrens dementsprechend nicht entnehmen; es ist vielmehr davon auszugehen, dass der Gesetzgeber die sich aus der Verweisung in § 9 LwVG ergebende Konsequenz nicht bedacht hat. Die Verweisung in § 9 LwVG auf die Vorschriften des FamFG für Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit ist deshalb nach Auffassung des Senates teleologisch dahingehend einschränkend auszulegen, dass das Unterschriftserfordernis sich lediglich auf die Unterschriften der Berufsrichter bezieht (so wohl auch Bahrenfuss, FamFG, 2009, § 38 Rn 12 a.?E.). § 48 Abs. 1 S. 2 2. Halbsatz LwVG enthält eine sämtliche Landwirtschaftsverfahren betreffende vorrangige Sonderregelung.

33           Das erstinstanzliche Verfahren ist demnach durch wirksame Entscheidung und Nichtabhilfeentscheidung gemäß § 68 Abs. 1 S. 1 FamFG abgeschlossen worden.

34           3. Dem Verfahren steht auch ein Verfahrenshindernis nicht mehr entgegen. Nach § 9 LPachtVG ist bei nach § 2 LPachtVG anzeigepflichtigen Landpachtverträgen das gerichtliche Änderungsverfahren nach § 593 BGB nur zulässig, wenn der Ursprungsvertrag bei der zuständigen Behörde angezeigt worden ist (Faßbender/Hötzel/Lukanow, Landpachtrecht, 3. Aufl., § 593 Rn 22). Die Anzeige ist auch noch im gerichtlichen Vertragsänderungsverfahren nachholbar (MüKo-C. Wagner, Beck’scher Online-Kommentar BGB, Stand 1. 3. 2011, § 593 Rn 2); wird die unterbliebene Anzeige nachgeholt, so entfällt das Verfahrenshindernis (Faßbender/Hötzel/Lukanow, a.?a.?O., Rn 4).

35           Das Amtsgericht hat den Antragsteller mit Verfügung vom 1. 10. 2010 im Hinblick auf § 9 LPachtVG um Mitteilung gebeten, ob der Landpachtvertrag beim Landwirtschaftsamt angezeigt worden ist. Hierauf hat der Antragsteller nicht reagiert, jedoch auf entsprechenden Hinweis des Senates mit Schriftsatz vom 18. 11. 2011 den Nachweis geführt, dass der verfahrensgegenständliche Pachtvertrag  am 9. 5. 1994 dem Landkreis O., Amt für Landwirtschaft, angezeigt wurde.

36           4. In der Sache hat das Amtsgericht auf der Grundlage der erstinstanzlichen Antragstellung die Aktivlegitimation des Antragstellers zu Recht verneint.

37           Antragsberechtigt nach § 593 Abs. 4 BGB ist jede Vertragspartei. Besteht eine Partei aus mehreren Personen, können diese nur gemeinschaftlich handeln (Staudinger-von-Jeinsen, BGB, 2005, § 593 Rn 22; Faßbender/Hötzel/Lukanow, a.?a.?O., § 593 Rn 57). Das Amtsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass der Antragsteller auf Verpächterseite nicht allein Vertragspartei und damit – auch nicht in Bezug auf die auf ihn entfallenen Flächen – antragsberechtigt ist.

38           a) Pächterin des Landpachtvertrages vom 9. 1. 1993 war ursprünglich Frau A. P., die Mutter des Antragsgegners, die ihren Landwirtschaftsbetrieb mit Wirkung zum 1. Juli 1999 auf den Antragsgegner übertragen hat. Obgleich im Übertragungsvertrag vom 30. Juni 1999 nicht erwähnt ist, dass die Übergabe im Wege der vorweggenommenen Erbfolge erfolgte, steht zwischen den Parteien außer Streit, dass der Antragsgegner als Übernehmer gemäß § 593?a S. 1 BGB in den Pachtvertrag über die landwirtschaftlich genutzten Grundstücke eingetreten ist.

39           b) Auf Verpächterseite ist der Vertrag von „Herrn L. S. (Erbengemeinschaft)“ unterzeichnet worden. Damit sind die Mitglieder der Erbengemeinschaft nach Herrn E. S. (L. S., E. Sc. und H. S.), vertreten durch Herrn L. S., Vertragspartner geworden.

40           Wird ein Miet- bzw. Pachtvertrag für eine Erbengemeinschaft abgeschlossen, so kommt der Vertrag mit den Erben zustande, da die Erbengemeinschaft nicht rechtsfähig ist (BGH NJW-RR 2006, 1385; NJW 2002, 3389; Palandt-Weidenkaff, a.a.O., § 535 Rn 6). Die weiteren Mitglieder der Erbengemeinschaft waren bestimmbar, weil sie durch Ermittlungen, etwa bei dem Nachlassgericht, ausfindig gemacht werden konnten (vgl. BGH a.a.O.). Der Umstand, dass die einzelnen Miterben aus der nur von L. S. unterzeichneten Vertragsurkunde nicht ersichtlich sind, führte zwar zur Formnichtigkeit des Landpachtvertrages, § 585?a BGB, die jedoch lediglich zur Folge hat, dass der Vertrag für unbestimmte Zeit galt. Bis auf die vereinbarte Laufzeit (bis 31. 12. 2004) blieben demnach alle Vereinbarungen des Vertrages gültig.

41           Der Antragsteller ist durch Erwerb der mitverpachteten Flurstücke 48/1, 48/2, 61/2, 61/3, 13 und 44 von der Erbengemeinschaft gemäß §§ 593?b, 566 BGB als Pächter in den gesamten, auch das Flurstück 64/3 umfassenden Pachtvertrag eingetreten. Er hat ausweislich des Sitzungsprotokolls des Amtsgerichts vom 18. 1. 2011 unstreitig gestellt, dass – trotz der Streichung in dem ihm vorliegenden Exemplar – auch das Flurstück 64/3 der Flur 1 zum Pachtgegenstand gehörte. Dieses Grundstück steht nicht im Eigentum des Antragstellers.

42           Ein über ein Grundstück geschlossener einheitlicher Mietvertrag wird nach allgemeiner Ansicht durch eine Änderung der dinglichen Rechtslage, etwa die Teilung des Grundstücks und die vom Eigentümer/Vermieter vorgenommene Veräußerung von Teilen nicht in mehrere Mietverhältnisse aufgespalten. In diesem Fall treten vielmehr die Erwerber gemäß § 566 BGB (gemäß § 593?b BGB anwendbar auf Pachtverträge) in den über ein einheitliches Mietobjekt geschlossenen einheitlichen Mietvertrag ein (RGZ 124, 195, 199; BGH NJW 1973, 455; BayObLG, ZMR 1991, 174; Palandt-Weidenkaff, BGB, 70. Aufl. 2011, § 566 Rn 7; Blank/Börstinghaus, Miete, 3. Aufl. 2008, § 566 Rn 29; zum Landpachtvertrag: Senat, Urt. v. 3. 9. 1998 – 5 U 43/98; Faßbender/Hötzel/Lukanow, Landpachtrecht, 3. Aufl., § 593?b Rn 6). Grundsätzlich tritt demnach ein Erwerber in das fortgesetzte Rechtsverhältnis mit dem Mieter als Gesamtschuldner und Gesamtgläubiger ein, sog. Einheitstheorie (Herrmann in: Beck’scher Online-Kommentar BGB, Stand 1. 3. 2011, § 566 Rn 11). Demgegenüber entstehen nach der nur vereinzelt vertretenen sog. Spaltungstheorie mit der Veräußerung zwei rechtlich selbständige Mietverträge; dieser Ansatz lässt sich indessen aus § 566 BGB nicht ableiten (vgl. Blank/Börstinghaus, a.?a.?O.).

43           c) Mehrere Vermieter (bzw. Verpächter) sind Mitgläubiger, daher kann die Miete/Pacht nur nach § 432 BGB eingezogen werden (Palandt-Weidenkaff, a.?a.?O., § 535 Rn 6). Der Teilhaber kann auch hinsichtlich seines Anteils nicht Leistung an sich, sondern nur Leistung an die Gemeinschaft fordern (Palandt-Grüneberg, a.?a.?O., § 432 Rn 2). Haben mehrere Personen als Teilhaber einer Bruchteilsgemeinschaft an einer Sache diese vermietet, so ist die Mietzinsforderung auf eine rechtlich unteilbare Leistung gerichtet. Der einzelne Teilhaber kann vom Mieter nicht die Zahlung des Teiles des Mietzinses fordern, der seinem Anteil entspricht, ihm steht nur ein Anspruch gegen die anderen Teilhaber auf einen entsprechenden Teil des Ertrages aus dem Mietverhältnis zu (BGH NJW 1969, 839). Etwas anderes würde nur gelten, wenn alle Mitglieder der Bruchteilsgemeinschaft vereinbart hätten, dass jeder Verpächter über seinen Anteil allein verfügen kann (vgl. Senat, Urt. v. 3. 9. 1998 – 5 U 43/98).

44           In erster Instanz hat der Antragsteller die Vertragsanpassung nur mit Wirkung für sich selbst in Bezug auf die in seinem Eigen­tum stehenden Grundstücke gefordert. Dass die aus den Mitgliedern der Erbengemeinschaft und ihm bestehenden Mitglieder der Bruchteilsgemeinschaft eine Vereinbarung getroffen hätten, nach der jeder über seinen Anteil allein verfügen kann, ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Dies wäre auch nicht mit dem weiteren Vortrag des Antragstellers in Übereinstimmung zu bringen, wonach er in Ziff. 4 Abs. 2 des notariellen Grundstückskaufvertrages vom 4. 12. 2008 von den Mitgliedern der Erbengemeinschaft gerade bevollmächtigt worden sein soll, die Pachtzinsanpassung zu verlangen und entsprechende Erklärungen auch für die verkaufende Erbengemeinschaft abzugeben.

45           d) Der notarielle Grundstückskaufvertrag vom 4. 12. 2008 enthält keine Ermächtigung des Antragstellers, das Anpassungsverlangen auch im Namen der Mitglieder der Erbengemeinschaft geltend zu machen. Im Vertrag heißt es zwar unter Ziff. 4.2, der Käufer (Antragsteller) trete mit Besitzübergang in das Nutzungsverhältnis ein und sei berechtigt, alle damit in Zusammenhang stehenden Erklärungen abzugeben; insgesamt sei er so zu stellen, als ob das Pachtverhältnis bei Besitzübergang insgesamt auf den Käufer übergeht. Das Amtsgericht hat insoweit aber zutreffend festgestellt, dass den Vertragsparteien nicht bewusst gewesen sein dürfte, welche Rechtsfolgen an die Veräußerung eines Teils der Pachtfläche anknüpfen. Entsprechend lässt sich dem Vertrag nicht mit der erforderlichen Deutlichkeit entnehmen, dass der Antragsteller auch bezüglich des – im Vertrag vom 4. 12. 2008 nicht erwähnten – Flurstücks 64/3 allein als Verpächter angesehen werden und entsprechend zur Vereinnahmung des gesamten Pachtzinses berechtigt sein sollte.

46           e) Der Antragsteller kann den Antrag auf gerichtliche Entscheidung auch nicht mit Erfolg entsprechend seinem Hilfsantrag aus dem Schriftsatz vom 19. 10. 2011 mit Wirkung für die Mitglieder der Erbengemeinschaft stellen. Die Zurückweisung dieser Erklärung seitens des Antragsgegners nach § 174 BGB ist zwar unerheblich, da der Antragsteller die Erklärung nicht als Bevollmächtigter, sondern auf der Grundlage von § 432 BGB aus eigenem Recht abgegeben hat. Da das Anpassungsverlangen für sämtliche Verpächter erstmals im Beschwerdeverfahren gestellt worden ist, fehlt es insoweit aber an dem einem gerichtlichen Verfahren nach § 593 BGB obligatorisch vorgeschalteten Einigungsverfahren der Pachtvertragsparteien. Dies hätte bereits vor Einleitung des gerichtlichen Verfahrens ein von allen Verpächtern gestelltes Änderungsverlangen vorausgesetzt, an dem es indessen fehlt.

   …

47        6. Der Senat hat die Rechtsbeschwerde zugelassen, da im Hinblick auf die Entscheidung des OLG Zweibrücken vom 18. 3. 2011 die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert, §§ 9 LwVG, 70 Abs. 2 Nr. 2 FamFG.