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RA Jörg-Klaus Baumgart, MBA, Potsdam*

Vorbemerkung

Der Autor betreute eine Vielzahl der Umwandlungen diverser Landwirtschaftlicher Produktionsgenossenschaften (nachfolgen LPG) in neue Rechtsformen, einschließlich aller damit im Zusammenhang stehenden steuerlichen Fragen.

Infolge diverser Betriebsprüfungen bei LPG-Nachfolgeunternehmen vertrat die Finanzverwaltung des Landes Brandenburg die Auffassung, dass der teilweise Verzicht eines ehemaligen LPG-Mitgliedes auf seinen Anteil am Eigenkapital durch Annahme eines Barabfindungsangebotes nach § 36 Landwirtschaftsanpassungsgesetz (nachfolgend LwAnpG) während und nach der Umwandlung, auch noch in den Folgejahren, zu einem außerordentlichen Ertrag bei der Körperschaft führe und nicht ergebnisneutral ertragssteuer­lich zu behandeln sei.

In einem leider über mehrere Jahre anhaltenden außergerichtlichen Rechtsbehelf und schließlich finanzgerichtlichen Verfahren konnte sich der Autor mit seiner Rechtsauffassung beim Finanzgericht Berlin-Brandenburg im Ergebnis der mündlichen Verhandlung am 15. 9. 2009 (Aktenzeichen 6 K 1758/04 – nachzulesen in diesem Heft auf den Seiten 454 ff., d. Red.) durchsetzen, wobei das durchaus als Musterentscheidung geltende Urteil – das Finanzamt verzichtete auf eine Zulassung der Revision – richtungsweisend für die steuerliche Behandlung bei sukzessiver Reduzierung der Mitglieder der Publikumsnachfolgeunternehmen ist.

1. Umwandlung nach dem LwAnpG

Die Agrargenossenschaft entstand durch rechtsformwechselnde Umwandlung einer LPG auf der Grundlage der §§ 27 ff. des Landwirtschaftsanpassungsgesetztes vom 3. 7. 1991?1 – LwAnpG – mit Wirkung zum 31. 12. 1991 und Eintragung im Handelsregister im Folgejahr.

Nach Nr. 7 des Umwandlungsbeschlusses erfolgte die Umwandlung der LPG gegen die Gewährung von Genossenschaftsanteilen an der umgewandelten Agrargenossenschaft, wobei der Anteil der einzelnen Mitglieder der LPG am Vermögen der LPG entweder durch Zeichnung von Geschäftsanteilen übertragen wurde oder bei Nichtzeichnung von Geschäftsanteile bzw. wegen Beendigung der Mitgliedschaft im Zuge der Umwandlung gemäß den Bestimmungen des Umwandlungsbeschlusses auf dem Wege einer Barabfindung gemäß § 36 LwAnpG ausgezahlt wurde.

Ein Teil der ehemaligen LPG-Mitglieder, die keine Anteile an der Agrargenossenschaft zeichneten, erhielten ihren Vermögensanteil im Rahmen einer Abfindungsvereinbarung ausgezahlt.

2. Abfindungsvereinbarung

Die LPG-Mitglieder, die kein Mitglied des umgewandelten Unternehmens sein wollten oder ihre Mitgliedschaft später, auch nach der Umwandlung beendeten, z. B. durch Kündigung oder Austritt, haben in den Folge­jahren mit der Agrargenossenschaft eine Vereinbarung über die Auseinandersetzung im Zuge ihres Ausscheidens aus der Genossenschaft abgeschlossen.

Der Anteil jedes Mitgliedes am Eigenkapital wurde zuvor gem. § 44 Abs. 1 LwAnpG nach den Kriterien Kapital, Boden und Arbeitsjahre ermittelt und im Wege der Barabfindung gem. § 36 Abs. 1 LwAnpG n. F. abgezinst, d. h. ein bis zu 50 % geringerer Betrag an dem tatsächlichen Anteil am Eigenkapital ausgezahlt, weil aufgrund vorhandener Liquidität auf eine Auszahlung in 5 gleichen Jahresraten gem. § 49 Abs. 3 Satz 2 LwAnpG verzichtet werden konnte.

Das LPG-Mitglied hatte im Zuge der Umwandlung nach § 36 Abs. 2 LwAnpG die Möglichkeit, das Angebot einer angemessenen Barabfindung, zu dem das Unternehmen neuer Rechtsform nach § 36 Abs. 1 LwAnpG verpflichtet ist, innerhalb von zwei Monaten, nachdem die Eintragung der neuen Rechtsform in das Register des Sitzes des neuen Unternehmens nach § 33 LwAnpG als bekannt gemacht gilt, anzunehmen. Die Geltendmachung der Barabfindung war nicht davon abhängig, dass das Mitglied der LPG dem Formwechsel in der Vollversammlung widerspricht.

Anders als nach altem Recht (§ 40 LwAnpG 1990) war nach § 26 Abs. 1 Nr. 6 LwAnpG nunmehr die Barabfindung im Sinne von § 36 LwAnpG bereits im Umwandlungsbeschluss angeboten worden?2 und wurde von etwa der Hälfte der ehemaligen LPG-Mitglieder im Zuge der Umwandlung vereinbart, wobei dies im Wesentlichen keine Bedenken bei der Finanzverwaltung hervorrief.

Die Ansprüche der anderen Hälfte der LPG-Mitglieder wurde in vollem Umfang in der Weise befriedigt, dass diese Mitglieder neue Anteile an der Agrargenossenschaft zeichneten, teilweise eine Barabfindung bzw. Auszahlung oder eine Sachabfindung erhielten.

Nach Umwandlung traf die Agrargenossenschaft in den Wirtschaftsjahren 1992/1993 bis 1995/1996 individuelle Vereinbarungen, wonach „im Wege der Barabfindung nach § 36 Abs. 1 LAnpG“ ein Teilbetrag des dem jeweiligen Anspruchsberechtigten zustehenden Gesamtanspruchs ausgezahlt wurde und diese auf einen verbleibenden Teil ihres Anspruchs verzichteten. Einen solchen Teilverzicht erklärten sowohl ausgeschiedene Mitglieder als auch Genossen der Agrargenossenschaft.

3. Steuerliche Behandlung bei der Körperschaft

Die LPG erstellte zum 1. 7. 1990 eine DM?Eröffnungsbilanz und zum Zwecke der Umwandlung eine Abschlussbilanz zum 31. 12. 1991.

Die Agrargenossenschaft passivierte in ihrer Bilanz zum 30. 6. 1992 Verbindlichkeiten gegenüber ausgeschiedenen Mitgliedern und erhöhte im Zuge der Erfüllung der Abfindungsvereinbarungen das Eigenkapital aus einer Umbuchung der Verbindlichkeiten auf Grund der Vermögensauseinandersetzung im Sinne des LwAnpG; wobei dieser Verzicht zu einer Erhöhung der Gewinnrücklage im Sinne der Gliederungsvorschriften des § 33?d GenG auf der Passivseite der Bilanz führte.

Damit behandelte die Agrargenossenschaft die jeweiligen Teilverzichte eigenkapitalerhöhend und gewinnneutral und erklärte entsprechende Körperschaftssteuern, die zum damaligen Zeitpunkt noch einen Verlustvortrag auswiesen.

Im Rahmen einer durch das Finanzamt durchgeführten Außenprüfung vertrat letztendlich das Ministerium der Finanzen des Landes Brandenburg im Jahr 1999?3 die Auffassung, dass der teilweise Verzicht eines ehemaligen Mitglieds auf seinen Abfindungsanspruch zu einem außerordentlichen Ertrag bei der Körperschaft führe. So solle der teilweise Verzicht in den Jahren nach der Umwandlung kein Barabfindungsangebot nach § 36 LwAnpG darstellen und die entstehenden Erträge sind auch nicht nach § 67 LwAnpG von der Besteuerung freizustellen

4. Nichtberücksichtigung der Bescheinigung nach § 67 LwAnpG

Die Agrargenossenschaft hatte sich bereits unmittelbar im Zusammenhang mit ihrer Umwandlung durch den Landkreis die notwendige Bescheinigung gem. § 67 Abs. 2 LwAnpG erteilen lassen, mit der bestätigt wurde, „dass die Abgeltung der im Rahmen der Vermögensauseinandersetzung gemäß § 47 LwAnpG ermittelten Ansprüche von ehemaligen LPG-Mitgliedern durch das o. g. Unternehmen in Geld und als Sachleistung der Durchführung des Landwirtschaftsanpassungsgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 3. 7. 1991 … diente“.

Die Agrargenossenschaft war ungeachtet der bereits vorliegenden Entscheidung des Finanzgerichts Brandenburg mit Urteil vom 11. 1. 2000?4 davon ausgegangen, dass die Bescheinigung des Agrarordnungsamtes eine Bindungswirkung nach § 175 Abs. 1 Ziffer 1 AO hat, denn eine eigene Beurteilungsbefugnis steht dem Finanzamt selbst dann nicht zu, wenn es Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Bescheinigung hege.

Die Finanzverwaltung war jedoch der Auffassung, dass der nach Umwandlung erfolgte Verzicht keine Bindungswirkung der Steuerfreiheit nach § 67 Abs. 1 LwAnpG bedingt.

5. Streitstand/Auffassung der Finanzverwaltung

Das Finanzamt hat im Ergebnis der Außen­prüfung den Verlustvortrag zur Körperschaftsteuer nicht akzeptiert und den Ausgangsbescheid geändert, welcher zunächst von der Agrargenossenschaft mit Einspruch angegriffen, später nach zurückweisender Einspruchsentscheidung mit Klage angegriffen worden ist.

Die Agrargenossenschaft betonte, dass die Differenz zwischen dem individualisierten Eigenkapital und dem Auszahlungsbetrag auf der Grundlage des Barabfindungsangebots einen Sonderfonds im Sinne von § 73 Abs. 2 Genossenschaftsgesetz – GenG – darstelle, die Bescheinigung des Landkreises nach § 67 Abs. 2 LwAnpG für das Finanzamt bindend sei und ein Ertrag aus dem Verzicht von Mitgliedschaftsrechten nicht einkommenserhöhend sei. Dazu nahm die Agrargenossenschaft sogar auf eine Verfügung der OFD Chemnitz?5 Bezug, die zumindest die steuerliche Behandlung von Barabfindungen gemäß § 36 LwAnpG bei formwechselnder Umwandlung als steuerneutral ansah. Diese beurteilte, wie die steuerliche Behandlung der Barabfindung bei übersteigendem Wert der Anteile des Mitunternehrnensanteils oder bei Verzicht unterhalb des Buchwertes des Geschäftsanteils zu behandeln ist, insbesondere dass auf der Ebene des ausgeschiedenen Mitgliedes ein einkommenssteuerbarer Gewinn gem. § 67 LwAnpG steuerfrei bleibt, jedoch ein Steuer­verlust dem Ausscheidenden nicht zugerechnet werden kann, wenn eine Abfindung unterhalb des Buchwertes des Geschäftsanteils erfolgt. Auf der Ebene der Gesellschaft ist dieser Vorgang erfolgsneutral. Die verbleibenden Gesellschafter haben Anschaffungskosten in Höhe der Barabfindung.

Bei der LPG ergibt sich wegen des dem ausscheidenden Mitglied zustehenden Abfindungsanspruches keine Gewinnauswirkung.

Die Finanzverwaltung vermeinte zuvor, dass die Abfindungsansprüche kein Eigenkapital der Agrargenossenschaft darstellen, sondern Verbindlichkeiten der Agrargenossenschaft?6, dabei verkennend, dass es nicht um die Frage der passivischen Behandlung in der Bilanz geht, sondern um die ertragssteuerliche Behandlung.

6. Richtige Lösung des Finanzgerichts

Die Klage gegen den die ­Agrargenossenschaft benachteiligenden Körperschaftsteuerbescheid war begründet, da der Bescheid und die insoweit ergangene Einspruchsentscheidung rechtswidrig war und die Agrargenossenschaft in ihren Rechten gemäß § 100 Abs. 1 Satz 1 FGO verletzt war. Das war der Fall, weil die Finanzverwaltung zu Unrecht den sich aus den Teilverzichtserklärungen ergebenden Wegfall der Verbindlichkeiten als einkommenserhöhend behandelt hat.

Die Einkommensneutralität ergibt sich nach der überzeugenden Lösung des Finanzgerichtes aus drei Gründen:

  • a) aus § 36 Abs. 3 D-Mark-Bilanzgesetz – DMBilG, das im Streitjahr zeitlich noch anwendbar war,
  • b) aus § 67 Abs. 1 LwAnpG,
  • c) aus allgemeinen Grundsätzen über die Einkommensermittlung gemäß § 8 KstG.

zu a) Nach § 36 Abs. 3 Satz 3 DMBilG gilt § 36 Abs. 1 DMBiIG, wenn eine in der DM-Eröffnungsbilanz berücksichtigte Schuld erlassen wird. Aus § 36 Abs. 1 DMBilG folgt eine Berichtigungspflicht, wenn Schulden zu Unrecht oder mit einem zu hohen Wert angesetzt worden sind. Damit gilt bei einem Erlass einer in der DM-Eröffnungsbilanz berücksichtigten Schuld die Eröffnungs­bilanz als geändert (§ 36 Abs. 4 Satz 1 DMBiIG). Auf diese Weise wird nicht nur der fehlerhafte Ansatz von Schulden, sondern auch der spätere Erlass von Schulden erfolgsneutral berichtigt.

Diese Berichtigungsmöglichkeit kommt nicht nur dann in Betracht, wenn die Schulden in der DM-Eröffnungsbilanz berücksichtigt waren. Vielmehr ist die Berichtigungsmöglichkeit auch dann gegeben, wenn die Schulden zu Unrecht nicht in der DM-Eröffnungsbilanz enthalten waren.?7 Denn § 36 Abs. 3 DMBilG geht von der Aufstellung einer zutreffenden Bilanz aus. Soweit also die Mitglieder der LPG bereits vor dem Stichtag der DM-Eröffnungsbilanz ausgeschieden wären, hätten ihre Auseinandersetzungsansprüche bereits in der DM-Eröffnungsbilanz berücksichtigt werden müssen und wären dann – bei einem späteren (Teil-)Verzicht – nach § 36 Abs. 3 Satz 3 DMBilG erfolgsneutral zu berichtigen gewesen.?8 Soweit hingegen die Mitglieder der LPG erst nach dem Stichtag der DM-Eröffnungsbilanz ausgeschieden sind, sind deren Auseinandersetzungsansprüche zwar erst nach dem DM-Bilanzstichtag entstanden; es kommt aber auch insoweit zu einer Berichtigung der DM-Eröffnungsbilanz analog § 36, § 50 Abs. 3 DMBilG?9 mit der Folge, dass sich der (Teil-)Verzicht ebenfalls erfolgsneutral auswirkt.

Kein Zweifel besteht an der sachlichen und zeitlichen Anwendbarkeit des DMBilG, zumal eine zeitliche Verlängerung des Anwendungsbereichs des § 36 Abs. 3 Satz 3 DMBilG sich aus dem nachträglich durch das Gesetz zur Änderung des D-Mark­bilanzgesetzes und anderer handelsrechtlicher Bestimmungen vom 25. 7. 1994?10 eingefügten § 36 Abs. 4 Satz 2, 2. Halbs. DMBiIG ergibt.

Gemessen an der anwendbaren Vorschrift wurde die (teilweise) Annahme der Barabfindungsangebote gemäß § 36 LwAnpG und der in der (teilweisen) Annahme der Barab­findungsangebote liegende (Teil-)Verzicht im vorliegenden Fall zwar erst nach dem 31. 12. 1994 ausgesprochen, jedoch sind die Barabfindung und der damit zusammenhängende Verzicht Teil des vom 3. Abschnitt des LwAnpG in den §§ 23 bis 38 a LwAnpG erfassten Formwechsels einer LPG in eine Genossenschaft. Sie gehören damit zu einer „nach dem 31. 12. 1994 wirksam gewordenen [vermögensrechtlichen] Abwicklung“, die von § 36 Abs. 4 Satz 2, 2. Halbs. DMBilG erfasst wird. Damit waren sowohl die zutreffenden Auseinandersetzungsverbindlichkeiten nachträglich in der DM-Eröffnungsbilanz zu berichtigen als auch der spätere (Teil-)Verzicht erfolgsneutral zu erfassen.

zu b) Die Einkommensneutralität der Teilverzichtserklärungen ergibt sich auch aus § 67 LwAnpG, denn die zur Durchführung des LwAnpG vorgenommenen Handlungen, einschließlich der Auseinandersetzung nach § 49 LwAnpG, sind frei von Steuern, Gebühren, Kosten und Abgaben.

Alle Abfindungsvereinbarungen sind zur Durchführung des LwAnpG vorgenommen worden und fallen daher de lege unter § 67 Abs. 1 LwAnpG. Es handelt sich bei der jeweiligen Erklärung des früheren LPG-Mitglieds um eine gemischte Willenserklärung, nämlich zum einen um die (teilweise) Annahme des Barabfindungsgebots im Sinne von § 36 LwAnpG und zum anderen um einen Verzicht hinsichtlich des verbleibenden Betrags. Mit dieser gemischten Erklärung und der Auszahlung des Teilbetrags war die Auseinandersetzung abgeschlossen: Weder die Agrargenossenschaft, in deren Rechtsmantel die LPG nach § 34 Abs. 1 Nr. 1 LwAnpG fortbestand, noch das ehemalige Mitglied hatten anschließend noch Ansprüche, die sich aus der Umwandlung der LPG ergaben.

Dabei war der präzise Wortlaut der Vereinbarungen unter Bezugnahme auf §§ 44 LwAnpG, 36 Abs. 3 LwAnpG von großem Vorteil.

Auch wenn einzelne Gründungsmitglieder einen Teilverzicht zur Stärkung des Eigenkapitals ausgesprochen haben, könnte dies in dem dann maßgeblichen Geschäftsjahr gegen eine Anwendbarkeit des § 67 Abs. 1 LwAnpG sprechen. Jedoch handelte es sich bei jenen Verzichtserklärungen um verdeckte Einlagen von Mitgliedern der Agrargenossenschaft, die ebenfalls einkommensneutral bleiben mussten.

Selbst der Einwand der Finanzverwaltung, dass es sich nicht um Barabfindungsgebote im Sinne von § 36 LwAnpG handle, weil diese wegen unter der Hälfte des sich nach § 44 in Verbindung mit § 36 Abs. 3 LwAnpG ergebenden Wertes nichtig seien, verfing nicht. Tatsächlich können ausgeschiedene Mitglieder einer LPG ohne Weiteres auf ihre Abfindungsansprüche ganz oder teilweise verzichten.?11

Angesichts der sich aus § 67 Abs. 1 LwAnpG direkt ergebenden Steuerfreiheit braucht das Finanzgericht nicht einmal zu entscheiden, ob die von der Agrargenossenschaft vorgelegte Bescheinigung des Landkreises Bindungswirkung erzielt hat.

 

zu c) Auch nach den gemäß § 8 KStG geltenden allgemeinen Grundsätzen der Einkommensermittlung für Körperschaften erhöhte sich das Einkommen der Agrargenossenschaft nicht, denn die Teilverzichtserklärungen haben ihren Grund im früheren Mitgliedschaftsverhältnis und sind daher nicht das Ergebnis der betrieblichen Tätigkeit der Agrargenossenschaft.

Den früheren LPG-Mitgliedern standen auf Grund ihres Ausscheidens Auseinandersetzungsansprüche zu, die auf Seiten der Agrargenossenschaft echte Verbindlichkeiten darstellten.12 Dem steht § 44 Abs. 1 Satz 2 LwAnpG nicht entgegen, wonach der Wert der Beteiligung des ausscheidenden ­Mitglieds einen Anteil am Eigenkapital der LPG darstellt. Diese Aussage betrifft nur die Wert­ermittlung des Abfindungsanspruchs, nicht aber die bilanzielle Qualifikation der korres­pondierenden Abfindungsverpflichtung.

Durch den Teilverzicht im streitigen Geschäfts­jahr ist es zu einem teilweisen Wegfall der Abfindungsverbindlichkeiten gekommen, der sich einkommenserhöhend auswirkt. Diese Einkommenserhöhung ist aber außer­bilanziell zu korrigieren, weil sowohl die Begründung der Abfindungsverpflichtung als auch der Teilverzicht jeweils durch das (frühere) Mitgliedschaftsverhältnis des jeweiligen Genossen veranlasst gewesen ist.13 Denn sowohl zu der Abfindungsverpflichtung nach §§ 36, 44 LwAnpG, auf Grund derer aus Eigenkapital Fremdkapital der Klägerin wurde, als auch zu dem Teilverzicht konnte es nur auf Grund der gesellschaftsrechtlichen Verbindung zwischen dem – nun ausgeschiedenen – Mitglied und der LPG, die nach § 34 Abs. 1 Nr. 1 LwAnpG in Gestalt der Agrargenossenschaft fortbesteht, kommen. Auch wenn die Verzichtenden nicht mehr Mitglieder der Agrargenossenschaft, besteht der gesellschaftsrechtliche Zusammenhang fort und überlagert eine etwaige betriebliche Veranlassung.14 Es gehört aber zu den Grundsätzen des § 8 KStG, dass gesellschaftsrechtlich veranlasste Vermögensverlagerungen zwischen der Gesellschaft und ihren Gesellschaftern einkommensneutral verlaufen müssen: für den Bereich der verdeckten Gewinnausschüttung ist dies in § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG ebenso geregelt wie für den umgekehrten Fall einer verdeckten Einlage in § 8 Abs. 3 Satz 3 KStG.

Zusammenfassung

Das vorliegende Urteil ist nach der dem Autor zugänglichen Rechtsprechung und der Auffassung der Finanzverwaltung über einen mehrjähren Zeitraum das lang herbeigesehnte Grundsatzurteil zur steuerlichen Neutralität des Verzichtes ausgeschiedener und ausscheidender ehemaliger LPG-Mitglieder im umgewandelten Unternehmen und trägt somit zum Erhalt der Unternehmen auch bei Mitgliederreduzierung bei und führt gerechterweise nicht zu ertragssteuerlichen Mehrbelastungen.

Es ist wie so oft bedauerlich, dass die Finanzverwaltung die von der Agrargenossenschaft und dem Finanzgericht gleichsam geteilte Rechtsauffassung erst in einem mehr als überzeugenden Urteil nachlesen muss.

 

Quellen:

  1. BGBI. I 1991, 1418.
  2. Siehe u. a. Dieter Schweizer Rechte der landwirtschaftlichen Betriebe nach LwAnpG 2. Auflage, Juli 1994 RdNr 280.
  3. Rundverfügung des Ministeriums der Finanzen des Landes Brandenburg vom 23. 12. 1999 zur steuerlichen Behandlung des Verzichtes auf Barabfindungen nach dem LwAnpG,– 35 - S 2734-2/99.
  4. Finanzamt ist an Bescheinigung des Agrarordnungsamtes gebunden, FG Brandenburg, Urt. v. 11. 1. 2000 – 3 K 257/98 GE, NL-BzAR 2001,122 ff..
  5. Steuerliche Behandlung von Barabfindungen nach dem Landwirt­schaftsanpassungsgesetz, OFD Chemnitz, Verfüg. v. 25. 6. 1996 – S-1900-262/2-St31, NL-BzAR 1996, 270 f., s. auch BMF-Schrei­ben vom 15. 5.1992 – IV B 7 - S 1900 - 81/92.
  6. BFH, Urt. v. 17. 5. 2000 – II R 2/98, BstBl. II 2000, 456.
  7. BFH, Urt. v. 21. 12. 2005 – I R 93/04, BStBI. II 2006, 925, unter II. 3. Buchst. c der Gründe
  8. BFH in BStBI. II 2006, 925, unter II. 3. Buchst. c, bb der Gründe.
  9. BFH in BStBI. II 2006, 925, unter II. 3. Buchst. c, cc der Gründe.
  10. BGBI 1994, 1682 i. V. m. Bundestagsdrucksache 12/7262, 9.
  11. Brandenburgisches OLG, Beschl. v. 9. 11. 2006 5 W [Lw] 172/00, nicht veröffentlicht.
  12. Vgl. BFH, Urt. v. 8. 11. 2006 – I R 63/05, BFH/NV 2007, 763, unter II. 1. der Gründe
  13. So auch BFH in BFH/NV 2007, 763, unter II. 1. Buchst. c der Gründe, zur Ausbuchung von Geschäftsguthaben ehemaliger Genossen.
  14. BFH in BFH/NV 2007, 763, unter II. 1. Buchst. c der Gründe.