*Landwirtschaftlicher Sachverständiger öbv,
Unternehmensberatung, Managementkurse
auf der Internationalen Grünen Woche 2017 in Berlin
Thema: Bodenkauf trotz Agrarpreiskrise!?
Termin: 24. 1. 2017, 11.00 – 14.00 Uhr
Ort: Messe Berlin, Großer Stern, Raum Hong Kong
Veranstalter: Redaktion agrarmanager und Briefe zum Agrarrecht, dlv Deutscher Landwirtschaftsverlag, www.agrarmanager.com
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Jurec Birnstengel*, Kleindittmannsdorf, Sachsen
In § 194 Baugesetzbuch (BauGB)1 ist der Verkehrswert (Marktwert) wie folgt definiert: „Der Verkehrswert (Marktwert) wird durch den Preis bestimmt, der in dem Zeitpunkt, auf den sich die Ermittlung bezieht, im gewöhnlichen Geschäftsverkehr nach den rechtlichen Gegebenheiten und tatsächlichen Eigenschaften, der sonstigen Beschaffenheit und der Lage des Grundstücks oder des sonstigen Gegenstands der Wertermittlung ohne Rücksicht auf ungewöhnliche oder persönliche Verhältnisse zu erzielen wäre."
Die Verkehrswertdefinition und seine Ableitung aus dem Geschehen am Grundstücksmarkt stellt auf eine Preisbemessung unter den Bedingungen des gewöhnlichen Geschäftsverkehrs ab. Unter gewöhnlichem Grundstücksverkehr wird dabei der Handel auf einem freien Markt verstanden, wobei weder Käufer noch Verkäufer unter Zeitdruck, Zwang oder Not stehen und allein objektive Maßstäbe preisbestimmend sind.2
Der Verkehrswert/Marktwert ist in § 194 BauGB als ein nach vorgegebenen Normen verobjektivierter Tauschwert definiert, der unabhängig von der angewandten Wertermittlungsmethodik in der Synthese aller Wertmomente „im gewöhnlichen Geschäftsverkehr“ am wahrscheinlichsten ist3 (vgl. auch § 3 Abs. 3 WertV).
Der gewöhnliche Geschäftsverkehr ist von den ungewöhnlichen und persönlichen Verhältnissen zu unterscheiden, die in die Wertermittlung nicht einfließen dürfen, wenn die Auswirkungen nicht sicher erfasst werden können (vgl. § 6 Abs. 2 und 3 WertV).
Nach Kleiber (2007, S. 115, Rn. 26) kann der Verkehrswert als der im gewöhnlichen Grundstücksverkehr „am wahrscheinlichsten“ zu erzielende Kaufpreis („most probable selling price") ermittlungstechnisch zugleich als statistischer Durchschnittswert angesehen werden.
Der „Verkehrswert" ist mit dem Begriff „Marktwert" materiell identisch und wird synonym verwendet. Der Klammerzusatz in § 194 BauGB geht auf das EAG BAU 2004 (BGBl, I, S. 1359) zurück. Entsprechend der Regierungsbegründung?4 zum Klammerzusatz „Marktwert“ hinter dem Begriff „Verkehrswert“ soll mit der terminologischen Klarstellung deutlich gemacht werden, dass der Begriff „Verkehrswert“ inhaltsgleich mit dem in der EG-Rechtspraxis verwendeten „Marktwert“ ist.5
Der Begriff geht auf die Richtlinie 91/647/EWG Art. 49, Abs. 2 vom 19. 12. 1991 zurück. Unter dem dort verwendeten Begriff Market Value (Marktwert) ist der Preis zu verstehen, „der zum Zeitpunkt der Bewertung aufgrund eines privatrechtlichen Vertrages über Bauten oder Grundstücke zwischen einem verkaufswilligen Verkäufer und einem ihm nicht durch persönliche Beziehungen verbundenen Käufer unter der Voraussetzung zu erzielen ist, dass das Grundstück offen am Markt angeboten wurde, dass die Marktverhältnisse einer ordnungsgemäßen Veräußerung nicht im Wege stehen und dass eine der Bedeutung des Objektes angemessene Verhandlungszeit zur Verfügung steht."
Die Übersetzung der Begriffsdefinition ist allerdings unscharf und fachlich und bezüglich des Zeitpunktes abweichend von der Verkehrswertdefinition. Die Verkehrswertdefinition bezieht sich bezüglich des Zeitpunktes, an dem die Wertverhältnisse im Rahmen einer Wertermittlung festgestellt werden sollen, auf den „Wertermittlungsstichtag“, die Übersetzung des Begriffs „Marktwert" aber auf den „Zeitpunkt der Bewertung". Beide Zeitpunkte fallen in der Wertermittlungspraxis oft weit auseinander.
Der Verkehrswert ist nach Definition des § 194 BauGB nicht als der höchste am Markt zu erzielende Preis definiert, sondern als statistischer Durchschnittswert einer (nach den Bestimmungen der WertV) bereinigten Grundgesamtheit.
Der aus dem angelsächsischen bekannte Begriff „Open Market Value"6 definierte sich nach der bis 2002 geltenden angelsächsischen Definition als der „beste Preis". Dies wurde häufig als der höchste Preis innerhalb einer Spanne und nicht als deren Durchschnittswert verstanden.
Die Royal Institution of Chartered Surveyors (RICS) hat im Jahr 2002 die dahingehende Definition des „Open Market Value“ (OMV) aufgegeben und durch die Definition des „Market Value"7 ersetzt.
Nach der angelsächsischen Definition des „Market Value“ wird auch hier die Grundgesamtheit statistisch um die „Ausreißer", die nicht dem gewöhnlichen Geschäftsverkehr zuzurechnen sind, bereinigt, aber innerhalb der verbleibenden Spanne bildet dann der höchste Wert den „Market Value".
Der angelsächsische „Market Value" stellt damit zunächst auch nicht auf den „best price" unter mehr oder weniger spekulativen Erwartungen ab, sondern vielmehr auf den „best price" unter gewöhnlichen Verhältnissen.
Auch der nach dem Vergleichswertverfahren abgeleitete Verkehrswert nach § 194 BauGB wird insofern aus „best prices“ abgeleitet, denn die in Vergleichspreisauswertungen eingehenden Kauffälle stellen nach der Bereinigung um ungewöhnliche und persönliche Verhältnisse „best prices" der vorangegangenen Kaufpreisverhandlungen dar.
Der (objektive) Verkehrswert/Marktwert im Sinne der deutschen Wertermittlungsverordnung ist im Regelfall nicht mit den im Einzelfall auf dem Grundstücksmarkt ausgehandelten Kaufpreisen gleich zu setzen. Ein ausgehandelter Kaufpreis muss nicht zwingend dem objektiven Wert entsprechen, da bei der Kaufpreisbildung auch subjektive Momente, sowohl von Käufer- als auch von Verkäuferseite einfließen können.8 Soweit deren Auswirkungen auf die Kaufpreise und andere bewertungsrelevante Daten nicht sicher erfasst werden können, sind die entsprechenden Kauffälle nicht dem gewöhnlichen Geschäftsverkehr zuzuordnen. Sie dürfen dann nicht direkt in die Verkehrswertermittlung einfließen. Der Preis einer Sache muss nicht ihrem Wert entsprechen.9
Innerhalb der Europäischen Union wird oft von „Wertermittlungen in bedingungsfreien Ausschreibungen" gesprochen. Dabei wird maßgeblich auf Transparenz abgestellt. Bei einer Ausschreibung handelt es sich aber nicht um ein Wertermittlungsverfahren, sondern um ein Werkzeug zur Preisbildung. Kauffälle im Ergebnis von Ausschreibungen sind damit als Einzelpreise Teil der Grundgesamtheit des Marktes, soweit sie nicht durch ungewöhnliche und persönliche Verhältnisse (§ 6 WertV) beeinflusst sind. Sie haben damit Einfluss auf zukünftig festzustellende Verkehrswerte, sie sind aber nicht allein der Verkehrswert.
Nach § 3, Absatz 1 WertV sind zur Ermittlung des Verkehrswerts eines Grundstücks die allgemeinen Wertverhältnisse auf dem Grundstücksmarkt zu dem Zeitpunkt zugrunde zu legen, auf den sich die Wertermittlung bezieht. Die allgemeinen Wertverhältnisse werden bestimmt durch eine freie Preisbildung im gewöhnlichen Geschäftsverkehr unter Ausschluss ungewöhnlicher und persönlicher Verhältnisse sowie durch Angebot und Nachfrage. Diese allgemeinen Wertverhältnisse unterliegen dem Einfluss der allgemeinen Wirtschaftssituation (konjunkturelle Lage), des Kapitalmarktes und der Entwicklung am Ort.10
Der Verkehrswert unbebauter Grundstücke ist grundsätzlich mit Hilfe des Vergleichswertverfahrens (§§ 13 und 14 WertV 88) unter Berücksichtigung der Wertermittlungsrichtlinien (WertR) zu ermitteln. „Bei der Anwendung des Vergleichswertverfahrens11 sind Kaufpreise solcher Grundstücke (Vergleichsgrundstücke) heranzuziehen, die hinsichtlich der ihren Wert beeinflussenden Merkmale mit dem zu bewertenden Grundstück hinreichend übereinstimmen (§§ 4 und 5 WertV). „Weichen die wertbeeinflussenden Merkmale der Vergleichsgrundstücke … vom Zustand des zu bewertenden Grundstücks ab, so ist dies durch Zu- oder Abschläge oder in anderer geeigneter Weise zu berücksichtigen. Dies gilt auch, soweit die den Preisen von Vergleichsgrundstücken und den Bodenrichtwerten zugrunde liegenden allgemeinen Wertverhältnisse von denjenigen am Wertermittlungsstichtag abweichen“ (§ 14 WertV). Aus dem allgemeinen Preisrahmen fallende Werte sind vom Vergleich auszuschließen, wenn die besonderen Gründe der Preisfestsetzung und ihre Auswirkungen nicht genau bestimmt werden können.
In seinen Grundzügen folgt das Vergleichswertverfahren dem Grundgedanken, dass eine Sache so viel wert ist, wie üblicherweise im gewöhnlichen Geschäftsverkehr dafür als Preis erzielt werden kann. Sich dabei an den Preisen vergleichbarer Objekte zu orientieren, entspricht auch den auf dem Grundstücksmarkt vorherrschenden Gepflogenheiten.
Bei ausreichender Anzahl von Vergleichspreisen sind diese vorrangig zur Wertermittlung heranzuziehen. „Finden sich in dem Gebiet, in dem das Grundstück gelegen ist (z. B. Ort, Gemarkung) nicht genügend Kaufpreise, können auch Vergleichsgrundstücke aus vergleichbaren Gebieten herangezogen werden" (§ 13 (1) WertV). In der Bewertungspraxis werden daher in diesen Fällen in der Regel auch Kaufpreise aus angrenzenden vergleichbaren Gemarkungen bzw. Orten herangezogen.
Allgemein kann bei der Anwendung des Vergleichswertverfahrens unterschieden werden zwischen dem „unmittelbaren“ Preisvergleich und dem „mittelbaren" Preisvergleich.12
Beim unmittelbaren Preisvergleich soll der Bodenwert aus Kaufpreisen vergleichbarer Grundstücke abgeleitet werden. Er stellt eine idealtypische Wunschvorstellung dar, da die Vergleichsgrundstücke hinsichtlich Lage, Preisbildungsbedingungen, Verkaufszeitpunkt, Nutzungsverhältnissen u.a. mit dem Bewertungsobjekt gleich in ausreichender Zahl zur Verfügung stehen müssen (idealtypische Vorstellung).
Beim mittelbaren Preisvergleich müssen die Vergleichspreise bzw. Bodenrichtwerte an die Bedingungen des Bewertungsobjektes entsprechend den wertbestimmenden Merkmalen angepasst werden.
Vergleichspreise sind geeignet, wenn sie hinsichtlich der Zustandsmerkmale mit dem Bewertungsobjekt hinreichend übereinstimmen und zu einem Zeitpunkt vereinbart worden, der dem Wertermittlungsstichtag möglichst nahe ist (§ 14 WertV). Darüber hinaus sind die Vergleichspreise hinsichtlich ungewöhnlicher oder persönliche Verhältnisse zu prüfen. Beispiele für ungewöhnliche und persönliche Verhältnisse, die den Kaufpreis im Einzelfall beeinflusst haben können, ergeben sich aus § 6 Abs. 2 WertV. Danach kann u.a. ein Einfluss durch ungewöhnliche und persönliche Verhältnisse vorliegen, wenn
Nr. 1 und 4 stellen dabei auf erhebliche Abweichungen eines Kaufpreise gegenüber den vergleichbaren Fällen ab, ohne dass ansonsten des Vorliegen ungewöhnlicher und persönlicher Verhältnisse bekannt sein muss. Diese Regelung entspricht statistisch dem „Ausreißerprinzip", dem mit dem „cut off"-Verfahren (Ausreißer bleiben unberücksichtigt) Rechnung getragen werden kann. Erheblich ist dabei ein unbestimmter Rechtsbegriff und kann nur anhand der Anzahl und der Streuung der zur Verfügung stehenden „vergleichbaren“ Fälle beurteilt werden. In der Rechtsprechung (vgl. Kleiber 2007, S. 996 Rn. 19) werden Abweichungen von 10 % und mehr als üblich angesehen. Auch die Methode, den höchsten und den niedrigsten Kaufpreis außer acht zu lassen, ist rechtlich anerkannt.
Nach Kleiber (2007 S. 1161 Rn. 103) können bereits Preise, die gegenüber dem arithmetischen Mittelwert um mehr als 30 % abweichen, als von ungewöhnlichen und persönlichen Verhältnissen beeinflusst gelten. In der Praxis ist hierzu als durchaus ausreichend auch die sogenannte 2-Sigma-Regel anzutreffen. Danach gelten bei einer ausreichenden Anzahl von Vergleichspreisen all jene als frei von „ungewöhnlichen oder persönlichen" Verhältnissen, die im Bereich der 2-fachen Standartabweichung liegen.
Die nach Nr. 2 und 3 genannten Indizien führen nicht automatisch zu einem Ausscheiden solcher Kaufpreise. Sie begründen aber einen konkreten Verdacht, dass diese Kaufpreise durch ungewöhnliche oder persönliche Verhältnisse beeinflusst worden sind. Eine dahingehende Prüfung erfolgt nach den für Nr. 1 und 4 genannten Kriterien.
Liegen geeignete Bodenrichtwerte vor, so können diese anstelle oder ergänzend zu den Vergleichskaufpreisen zur Bodenwertermittlung (im Vergleichsfaktorverfahren; § 13 Abs. 2 Satz 1 WertV) herangezogen werden.
hinreichend bestimmt und mit der notwendigen Sorgfalt aus Kaufpreisen für vergleichbare unbebaute Grundstücke abgeleitet sind (§ 13 Abs. 2 Satz 2 WertV).
Grundsätzlich hat jedoch das Heranziehen von Vergleichswerten Vorrang vor dem Heranziehen von Bodenrichtwerten.
Sollten für eine Grundstücksqualität keine Richtwerte oder Vergleichspreise vorliegen, so kann gegebenenfalls auch eine Wertableitung über die Wertverhältnisse zu anderen Grundstücksqualitäten oder eine deduktive Ableitung aus anderen Entwicklungsstufen erfolgen.
Der Bodenrichtwert soll die Verhältnisse am Grundstücksmarkt als mittlere Lagewerte widerspiegeln. In diesem Zusammenhang muss jedoch erwähnt werden, dass Bodenrichtwerte in der Regel nur mit deutlicher Zeitverzögerung zur Verfügung stehen und somit eventuell nur bedingt das aktuelle Marktgeschehen widerspiegeln.
Insbesondere ab dem Jahr 2006 ist eine zunehmende Dynamik der landwirtschaftlichen Bodenpreise zu beobachten, die aber regional sehr differenziert ist.
Vom Statistischen Bundesamt wurde 2008 ein durchschnittlicher Verkaufserlös in den neuen Bundesländern von 4.973 €/ha ausgewiesen, was einen Zuwachs von 20,3 % gegenüber 2007 und 30,7 % gegenüber dem Durchschnitt 1998 bis 2007 entsprach. Die Differenzierung zwischen den einzelnen Bundesländern ist hier aber sehr groß.
Insbesondere die Bodenverwertungs- und -verwaltungs GmbH Berlin (BVVG) verzeichnet nach eigenen Angaben im Jahr 2007 einen Preisanstieg auf durchschnittlich 5.479 €/ha, im Jahr 2008 auf durchschnittlich 6.319 €/ha und im 1. Halbjahr 2009 auf durchschnittlich 8.373 €/ha 13
Aber auch außerhalb der BVVG-Verkäufe verzeichneten verschiedene Gutachterausschüsse 2007/08 tendenziell ansteigende Kaufpreise für landwirtschaftliche Flächen. Allgemein kann aber davon ausgegangen werden, dass die durchschnittliche Preissteigerung deutlich niedriger ausfällt als es nach den Veröffentlichungen der BVVG aus deren Daten zu erwarten wäre.
Darüber hinaus werden die Preisentwicklungen zwischen den Regionen sehr uneinheitlich verlaufen. Insbesondere in Regionen mit sehr vorzüglichen landwirtschaftlichen Bedingungen ist aufgrund des stärkeren Wettbewerbs eher mit deutlichen Preissteigerungen zu rechnen als in Regionen mit durchschnittlichen bis schlechteren natürlichen Standortbedingungen.
Die Verkaufswerte der BVVG lagen damit nach Auswertungen von Siegmund 2008 um 27 % über dem Preis für Verkehrswertverkäufe insgesamt bzw. um 46 % über den Verkäufen außerhalb der BVVG. Besonderes stark differieren die Preise in Mecklenburg, Sachsen-Anhalt und Brandenburg.
Nicht unterschätzt werden sollte bei der Beurteilung der verschiedenen Veröffentlichungen der BVVG, als größtem Vermarkter von landwirtschaftlichen Flächen in den neuen Bundesländern, deren wirtschaftliches Eigeninteresse an steigenden Preisen für landwirtschaftliche Flächen. Insbesondere die Reduktion der Markteinschätzung nur auf Ergebnisse von Ausschreibungsverfahren (Verkauf oder nur Gebot) und deren anschließende Überwälzung auf die Direktverkäufe haben erhebliche marktpsychologische Wirkung.
Im Rahmen der Ausschreibungsverfahren dürften insbesondere die preisbeeinflussenden Wirkungen der Pachtfreiheit der Flächen, der Losgröße sowie die Teilnahme von Nichtlandwirten bei der Preisbildung eine wesentliche Rolle spielen. Für die praktische Wertermittlung ist dabei die Gesamtheit der Gebote aussagefähiger als das eine Spitzengebot.
Dittrich und Kollegen14 in einer Untersuchung zum Einfluss von bestehenden Pachtverträgen auf die Kaufpreise von landwirtschaftlichen Flächen im Raum Leipzig zu dem Ergebnis, dass für Flächen mit Pachtfreiheit bzw. mit einer Restpachtdauer unter drei Jahren, über welche der Käufer damit sofort bzw. bald nach dem Erwerb frei verfügen kann, deutlich höhere Kaufpreise gezahlt wurden als für Flächen mit nach dem Kauf langfristig weiterlaufenden Pachtverträgen. Der Zuschlag für Pachtfreiheit bzw. kurze Restpachtdauer betrug durchschnittlich ca. 10 bis 16 % auf den Bodenrichtwert, während die Kaufpreise für Flächen mit längerer Restpachtdauer durchschnittlich auf Höhe des Niveaus des Bodenrichtwertes lagen.
Die preisbeeinflussende Wirkung größerer Einzelflächen ist in der Vorzüglichkeit der selbständigen Bewirtschaftung zu sehen, da die Tauschbereitschaft mit zunehmender Flächenkonkurrenz unter den Landwirten nachlässt.
Besonders hohe Verkaufswerte werden auch für größere Verkaufslose nachgewiesen. Hier liegt der Vorteil insbesondere in der Möglichkeit einer Betriebsneugründung auch für ortsferne Landwirte oder Neueinsteiger und in der Abwicklung eines großen Eigentumsübergangs in nur einem Kaufakt.
Auch die Bodenbonität spielt bei der Preisbildung eine gewisse Rolle. Statistisch sicher abzuleiten ist, dass für Flächen in Gegenden mit höherer Bonität auch höhere Preise gezahlt werden. Einige Gutachterausschüsse veröffentlichen hier auch statistisch abgeleitete Funktionen. Allerdings ist der Zusammenhang in verschiedenen Regionen sehr unterschiedlich. Eigene Untersuchungen und Auswertungen zeigen aber, dass innerhalb der jeweiligen Gebiete sehr wohl die Abweichung der Bodenbonität von den durchschnittlichen Standorteigenschaften des Gebietes berücksichtigt wird. Teilweise wird dies aber auch durch andere Faktoren überlagert.
Auch die preisbeeinflussende Wirkung vorhandener überschüssiger Prämienrechte in den Landwirtschaftsbetrieben darf nicht unterschätzt werden, denn nicht aktivierbare Prämienrechte aufgrund von Flächenverlusten „rufen" förmlich nach Flächenzukäufen außerhalb der bisherigen Bewirtschaftungsfläche.
Auch die zunehmende Marktbeteiligung von Interessenten aus dem Bereich der Energieerzeugung (Biogas, Schnellwuchsplantagen, Solaranlagen) und der leichte Marktzugang von Nichtlandwirten in den Ausschreibungsverfahren bewirken Preissteigerungen.
Bei der Beurteilung der einzelnen Einflussfaktoren ist eine Abgrenzung von Einzeleinflüssen oft sehr schwierig, da häufig zunächst nur unvollständige Datensätze bei den Gutachterausschüssen vorliegen. Die Preisbildung im landwirtschaftlichen Bodenmarkt ist aber in der Regel ein „multifaktorieller“ Prozess.