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EuGH, Urteil vom 21. 1. 2010 – C-470/08 – Vorabentscheidungsersuchen Gerechtshof te Arnhem, Niederlande (28. 10. 2008 – Kornelis van Dijk gegen Gemeente Kampen)

Vorlagefragen:

23           Da der Gerechtshof Arnhem der Auffassung war, dass das Ergebnis des bei ihm anhängigen Rechtsstreits von der Auslegung der anwendbaren Gemeinschaftsregelung abhänge, hat er beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:

Ist der Pächter aufgrund der Verordnungen (EG) Nr. 1782/2003 und (EG) Nr. 795/2004 oder aufgrund allgemeiner Grundsätze des Gemeinschaftsrechts, insbesondere des Grundsatzes des Verbots der ungerechtfertigten Bereicherung, wenn keine nationalen Vorschriften hierzu vorliegen, verpflichtet, dem Verpächter bei Ablauf des Pachtverhältnisses den gepachteten Grund und Boden einschließlich der dafür entstandenen oder damit zusammenhängenden Zahlungsansprüche zu übertragen?

Bei der Bejahung der ersten Frage:
Ist der Verpächter aufgrund der Verordnung Nr. 1782/2003 und der Verordnung Nr. 795/2004 oder aufgrund allgemeiner Grundsätze des Gemeinschaftsrechts, insbesondere des Grundsatzes des Verbots der ungerechtfertigten Bereicherung, wenn keine nationalen Vorschriften hierzu vorliegen, verpflichtet, dem Pächter eine Vergütung für die an den Verpächter übertragenen Zahlungsansprüche zu zahlen, und muss der Verpächter, soweit dies bejaht wird, den gesamten Wert dieser Ansprüche oder nur einen Teil dieses Werts vergüten, und in letzterem Fall, welchen Teil?

Bei Verneinung der ersten Frage: Ist der Pächter aufgrund der Verordnung Nr. 1782/2003 und der Verordnung Nr. 795/2004 oder aufgrund allgemeiner Grundsätze des Gemeinschaftsrechts, insbesondere des Grundsatzes des Verbots der ungerechtfertigten Bereicherung, wenn keine nationalen Vorschriften hierzu vorliegen, verpflich­tet, dem Verpächter eine Vergütung für die beim Pächter verbleibenden Zahlungsansprüche zu zahlen, und muss der Pächter soweit dies bejaht wird, den gesamten Wert dieser Ansprüche oder nur einen Teil dieses Werts vergüten, und in letzterem Fall, welchen Teil?

Zu den Vorlagefragen

24           Mit seinen drei Fragen, die zusammen zu behandeln sind, begehrt das vorlegende Gericht im Wesentlichen Aufschluss darüber, ob das Gemeinschaftsrecht den Pächter bei Ablauf des Pachtverhältnisses verpflichtet, dem Verpächter die gepachteten Flächen einschließlich der für diese Flächen entstandenen oder damit zusammenhängenden Zahlungsansprüche zu übertragen oder ihm eine Vergütung zu zahlen.

25           Vorab ist festzustellen, dass keine Bestimmung der Verordnungen Nr. 1782/2003 und Nr. 795/2004 vorsieht, dass der Pächter verpflichtet ist, dem Verpächter bei Ablauf des Pachtverhältnisses die gepachteten Flächen einschließlich der für diese Flächen entstandenen oder damit zusammenhängenden Zahlungsansprüche zu übertragen. Insofern unterscheidet sich die Betriebsprämien­regelung von der Regelung der Milchquoten, der gemäß Art. 74 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1234/2007 der Grundsatz des Quotentransfers zusammen mit dem Betrieb zugrunde liegt.

26           Dagegen ergibt sich sowohl aus den Zielen als auch aus dem System der Verordnung Nr. 1782/2003, dass die Zahlungsansprüche mangels anders lautender Vereinbarung bei Ablauf des Pachtverhältnisses beim Pächter bleiben.

27           Erstens ist daran zu erinnern, dass die Betriebsprämienregelung gemäß Art. 1 zweiter Gedankenstrich der Verordnung Nr. 1782/2003 eine Einkommensbeihilfe­regelung für Betriebsinhaber darstellt, die, wie aus dem 21. Erwägungsgrund dieser Verordnung hervorgeht, der       landwirtschaftlichen Bevölkerung eine angemessene Lebenshaltung gewährleisten soll. Gemäß Art. 33 Abs. 1 die Verordnung haben nur Betriebsinhaber, die im Bezugszeitraum eine Zahlung nach zumindest einer der in Anhang VI dieser Verordnung aufgeführten Beihilferegelungen erhalten haben, Zugang zu der Betriebsprämienregelung.

28           Gemäß Art. 43 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1782/2003 hängen die Zahlungsansprüche des Betriebsinhabers aufgrund der Betriebsprämienregelung von der Hektarzahl ab, über die er im Bezugszeitraum verfügte, sowie von den Zahlungen, die ihm nach den genannten Beihilferegelungen gewährt wurden.

29           Im Übrigen wird in Art. 44 Abs. 1 dieser Verordnung eine Verknüpfung zwischen Zahlungsansprüchen und landwirtschaftlichen Flächen in dem Sinne anerkannt, dass jeder Zahlungsanspruch, der einem Hektar beihilfefähiger Fläche entspricht, Anspruch auf Zahlung des mit diesem Zahlungsanspruch festgesetzten Betrags gibt.

30           In diesem Zusammenhang bestimmt Art. 36 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1782/2003, dass die Beihilfen im Rahmen der Betriebsprämienregelung auf der Grundlage der Zahlungsansprüche für eine entsprechende Hektarzahl beihilfefähiger Flächen gezahlt werden.

31           Dazu ist festzustellen, dass das Vorliegen einer solchen Verknüpfung zwischen dem Zahlungsanspruch und der beihilfefähigen Hektarzahl, wie sich aus dem 30. Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 1782/2003 ergibt, vor allem zur Vermeidung spekulativer Übertragungen dient, die zu einer Akkumulierung von Zahlungsansprüchen ohne entsprechende landwirtschaftliche Basis führen.

32           Dagegen geht aus Art. 36 Abs. 1 keineswegs hervor, dass die Zahlungsansprüche unmittelbar an bestimmte Parzellen, insbesondere diejenigen, über die der Betriebsinhaber im Bezugszeitraum verfügte, gebunden sind.

33           Somit ist für die Gewährung der Beihilfen letztlich entscheidend, dass die Zahl der Zahlungsansprüche, über die ein Betriebsinhaber verfügt, einer Hektarzahl beihilfefähiger Flächen, nicht aber, dass sie bestimmten Parzellen entspricht. Art. 44 Abs. 4 der Verordnung Nr. 1782/2003 sieht für die Mitgliedstaaten außerdem ausdrücklich die Möglichkeit vor, unter ordnungsgemäß begründeten Umständen den Betriebsinhaber zu ermächtigen, seine Anmeldung hinsichtlich der Parzellen, die der mit einem Zahlungsanspruch verbundenen beihilfefähigen Fläche entsprechen, zu ändern, sofern er die seinen Zahlungsansprüchen sowie den Bedingungen für die Gewährung der Betriebsprämie für die betreffende Fläche entsprechende Hektarzahl einhält.

34           Zweitens ist hervorzuheben, dass Art. 46 der Verordnung Nr. 1782/2003 die Möglichkeit regelt, die Zahlungsansprüche im Einklang mit dem im 30. Erwägungsgrund dieser Verordnung festgesetzten Ziel zu übertragen.

35           Insbesondere ist die Übertragung von Zahlungsansprüchen ohne Flächen gemäß Art. 46 Abs. 2 nur im Fall einer endgültigen Übertragung zulässig. In diesem Fall verzichtet der Betriebsinhaber, dem bis dahin Zahlungsansprüche zustanden, durch den Verkauf an einen anderen Betriebsinhaber, der diese Rechte anschließend zu seinen eige­nen Gunsten ausübt, endgültig auf seine Ansprüche. Um diese Rechte in Anspruch nehmen zu können, wird der Käufer gemäß Art. 44 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1782/2003 über eine ausreichende Hektarzahl beihilfefähiger Fläche verfügen müssen, um das Vorhandensein einer ausreichenden landwirtschaftlichen Basis für die Zahlungsansprüche sicherzustellen.

36          Demgegenüber ist die Übertragung der Zahlungsansprüche im Fall der Pacht oder eines ähnlichen Rechtsgeschäfts nur unter der Bedingung zulässig, dass sie mit der Übertragung einer gleichwertigen Hektarzahl beihilfefähiger Fläche verbunden ist. Diese Regelung in Art. 46 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1782/2003 soll dem im 30. Erwägungsgrund dieser Verordnung genannten Ziel zufolge spekulative Übertragungen verhindern, die zu einer Akkumulierung von Zahlungsansprüchen ohne entsprechende landwirtschaftliche Basis führen können.

37           Art. 46 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1782/2003 bestimmt ferner, dass Zahlungsansprüche, ausgenommen im Fall der Übertragung durch Vererbung oder vorweggenommene Erbfolge, nur an andere Betriebsinhaber innerhalb desselben Mitgliedstaats übertragen werden dürfen. Insofern ist daran zu erinnern, dass gemäß Art. 33 Abs. 1 Buchst. a in Verbindung mit Art. 2 Buchst. a und c der Verordnung Nr. 1782/2003 die Betriebsprämienregelung für Betriebsinhaber bestimmt ist, d. h. für Personen, die eine „landwirtschaftliche Tätigkeit“ ausüben, die in der Erzeugung, der Zucht oder dem Anbau landwirtschaftlicher Erzeugnisse oder der Erhaltung von Flächen in gutem landwirtschaftlichen und ökologischen Zustand besteht.

38            Der Verpächter ist jedoch nicht notwendi­gerweise ein Betriebsinhaber im Sinne von Art. 2 Buchst. a der Verordnung Nr. 1782/2003. Wenn der Gemeinschaftsgesetzgeber gewollt hätte, dass die Zahlungsansprüche bei Ablauf des Pachtverhältnisses dem Verpächter in jedem Fall zukommen, hätte er daher eine entsprechende Bestimmung vorgesehen.

39           Nach alledem ist festzustellen, dass die Verordnungen Nr. 1782/2003 und Nr. 795/2004 für den Betriebsinhaber, der Flächen gepachtet hat, keine Verpflichtung enthalten, dem Verpächter seine Zahlungsansprüche bei Ablauf des Pachtverhältnisses zu übertragen.

40           Auch ist nicht davon auszugehen, dass der Betriebsinhaber nach dem Verbot der ungerechtfertigten Bereicherung verpflichtet ist, dem Verpächter seine Zahlungsansprüche bei Ablauf des Pachtverhältnisses zu übertragen oder ihm eine Vergütung zu zahlen.

41           Nach den Grundsätzen, die den Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten gemeinsam sind, ist der Anspruch gegen den Bereicherten auf Wiederherstellung davon abhängig, dass für die Bereicherung kein rechtlicher Grund besteht (Urteil vom 16. Dezember 2008, Masdar (UK)/Kommission, C-47/07 P, Slg. 2008, I-0000, Randnrn. 44 bis 46 und 49).

42           Es kann jedoch nicht angenommen werden, dass die Zahlungsansprüche des Betriebs­inhabers, die ihm gemäß den Bestimmungen der Verordnung Nr. 1782/2003 gewährt worden sind, keine Rechtsgrundlage haben.

43           Nach alledem verpflichtet das Gemeinschaftsrecht den Pächter weder, dem Verpächter bei Ablauf des Pachtverhältnisses die gepachteten Flächen einschließlich der für diese Flächen oder damit zusammenhängenden Zahlungsansprüche zu übertragen, noch, ihm eine Vergütung zu zahlen.

   …

Die Randnummern entsprechen denen im Originaldokument, d. Red.