Homepage | Site Map | Impressum | Anzeigenpreise | AGB | Kontakt

 

KG Berlin, Urteil vom 26. 8. 2010 – 22 U 202/09 – LG Berlin (27. 10. 2009 – 37 O 396/08)

Gründe

I.

1 Die Klägerin als Käuferin landwirtschaftlicher Flächen – überwiegend als Berechtigte nach dem AusglLeistG – begehrt von der Beklagten als Verkäuferin in Höhe von 221.756,72 € die teilweise Rückzahlung des mit notariellem Kaufvertrag vom 25. 6. 2008 zwischen den Parteien in § 2 Nr. 3 hinsichtlich der innerhalb des AusglLeistG übertragenen Fläche von 121,3139 ha vereinbarten Kaufpreises. Hilfsweise begehrt sie die Feststellung, dass der Kaufpreis entsprechend verringert sei.

2 Die Klägerin stützt ihr Klagebegehren auf § 2 Nr. 6 des notariellen Kaufbetrages, der wie folgt lautet:
„Nach Ansicht der Käuferin ergibt sich für sie nach den Vorgaben des AusglLeistG und der FIErwV ein Anspruch darauf, die vertragsgegenständlichen Flächen zu einem günstigeren als dem vereinbarten Kaufpreis erwerben zu können. Sie behält sich daher vor, gerichtlich die erfolgte Kaufpreisbildung und -höhe der Prüfung zu unterziehen sowie einen Anspruch auf Anpassung des vereinbarten Kaufpreises geltend zu machen.
Die Verkäuferin erklärt, dass sie bei der Kaufpreisbildung nicht  von niedrigeren Werten als den von ihr festgestellten und anhand anderer vergleichbarer Verkäufe in der Region abgeleiteten Vergleichswerten ausgehen durfte.
Andernfalls würde sie bei Vereinbarung eines niedrigeren Kaufpreises eine ggf. europarechtswidrige Beihilfe gewähren, zumindest aber einen höheren Preisnachlass, als den durch das AusglLeistG vorgegebenen 35%igen Abschlag vom Verkehrswert.
Die Vertragsparteien sind sich jedoch darüber einig, dass sie den Vertrag entsprechend einer rechtskräftigen gerichtlichen Entscheidung ggf. anpassen werden. Die Einigkeit besteht jedoch auch darüber, dass der Vertrag mit dem vereinbarten Kaufpreis Bestand haben soll, sofern die Käuferin den sich vorbehaltenen Kaufpreisanpassungsanspruch nicht weiter verfolgt oder ggf. durch ein Gericht rechtskräftig festgestellt wird, dass ihr ein solcher nicht zusteht.“

3 Das Landgericht hat durch am 27. 10. 2009 verkündetes Urteil zum Hauptantrag der Klage in Höhe von 221.263,49 € stattgegeben und den Hauptantrag im Übrigen zurückgewiesen. Wegen der Begründung wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils verwiesen.

4 Mit ihrer rechtzeitigen Berufung führt die Beklagte im Wesentlichen erstinstanzlichen Vortrag wiederholend sinngemäß u.?a. aus:
Für die Ermittlung des Verkehrswertes seien nur die Verkaufsfälle zu berücksichtigen, bei denen die Flächen offen auf dem Markt angeboten worden seien, weil der auf dem Markt erzielbare Preis ermittelt werden müsse. Mit dem Gutachten werde aber nicht der in einem offenen Verfahren am Markt erzielbare Preis ermittelt, sondern der Durchschnitt der Preise aller Verkäufe. Der Sachverständige habe nicht untersucht, ob die von ihm herangezogenen Vergleichsfälle zuvor offen am Markt angeboten worden seien, und sei in seiner Stellungnahme vom 7. 9. 2009 davon ausgegangen, dass die von ihm herangezogenen Vergleichsfälle außerhalb eines bedingungsfreien Bietverfahrens mit hinreichender Publizität zustande gekommen seien. Ferner werde nicht berücksichtigt, dass sie nach einem Anbieten am Markt deutlich höhere Preise erziele. Das Gutachten erkläre nicht, warum für die streitgegenständliche Fläche nicht ein Preis auf diesem Niveau zu erzielen sei.

5 Das Landgericht verkenne, dass ein angemessenes Marketing Voraussetzung für einen Verkauf zum Marktwert sei und die Kosten des offenen Anbietens bei den Verkaufspreisen der Flächen nicht ins Gewicht fielen, zumal ein Anbieten über einen der gängigen Anbieter im Internet möglich sei und auch von anderen kaufmännisch handelnden Anbietern als offenes Angebotsverfahren gewählt würde.

6 Der Sachverständige hätte den Umkreis der zu berücksichtigenden Flächen erweitern müssen, um hinsichtlich Größe und Bonität genügend vergleichbare Flächen einbeziehen zu können. Er hätte ferner untersuchen müssen, ob in Hinblick auf die Größe der Fläche ein eigenständiges Marktsegment vorliege, weil für größere Flächen höhere Preise pro ha erzielt würden. Der auf die Preise für Flächen über 5 bis 10 ha ermittelte Zuschlag von 17,5 % (Halbierung des Wertes für Mecklenburg-Vorpommern) sei eine freihändige Korrektur, zumal in Sachsen in der Größenklasse über 20 ha 37 Veräußerungsfälle vorlägen, wonach der Preis um über 30 % über denen für Flächen über 5 bis 10 ha gelegen hätten.

7 Die herangezogenen Vergleichswerte aus der Kaufpreissammlung des Gutachterausschusses beinhalteten auch Kauffälle bei denen die Flächen nicht offen am Markt angeboten worden seien.

Der Sachverständige hätte diese überprüfen müssen.

8 Durch ihre – der Beklagten – Ausschreibungen stünden ausreichend Vergleichsfälle zur Verfügung, die am offenen Markt angeboten worden seien. Ihr Vergleichspreissystem (VPS) enthalte inzwischen über 3.800 Ergebnisse aus Ausschreibungen in den neuen Bundesländern, wobei auch die jeweils nächstbesten Gebote bzw. Kaufgebote, denen die Verpachtung vorgezogen würde, berücksichtigt seien. Ihre Ausschreibungsergebnisse seien daher grundsätzlich für das Vergleichswertverfahren geeignet.

9 Die Beklagte beantragt die Einholung eines neuen Gutachtens entsprechend ihren Vorgaben.

10 Die Beklagte beantragt, das Urteil des Landgerichts Berlin vom 27. 10. 2009 teilweise zu ändern und die Klage insgesamt abzuweisen.

11 Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

12 Sie trägt u.a. sinngemäß vor, dass nach der Argumentation der Beklagten nur solche Grundstücksgeschäfte in die Berechnung des Verkehrswertes einfließen könnten, welche per Ausschreibung an den Markt gebracht worden seien. Diese Ausschreibungen fänden aber allein durch die Beklagte statt. Der Verkehrswert sei aber stets ein Durchschnittswert von Grundsgeschäften der letzten fünf Jahre.

13 Das erstellte Gutachten sei schlüssig und der nunmehr gestellte Antrag als verspätet zurückzuweisen.

   II.

14 Die zulässige Berufung der Beklagten ist unbegründet.

15 Der Klägerin steht gegen die Beklagte der geltend gemachte Anspruch auf Rückzahlung des nach Anpassung überschießenden Anteils des ursprünglich vereinbarten Kaufpreises aus § 2 Nr. 6 des Kaufvertrages i.V.m. §§ 133, 157 BGB in Höhe von 221.263,49 € zu.

16 1. Die Parteien vereinbarten in § 2 Nr. 6 des Kaufvertrages eine Anpassung durch gerichtliche Feststellung des Verkehrswertes und setzten dabei stillschweigend voraus, dass ein etwaig überzahlter Betrag nach Anpassung an die Beklagte zurückzuzahlen ist. Eine derartige Anpassungsklausel ist zulässig und berechtigt die Beklagte zur Klage auf Rückzahlung, ohne zuvor gesondert auf Feststellung zu klagen.

17 a) Die Anpassungsklausel entspricht § 315 Abs. 3 BGB, nach dem bei Unbilligkeit der Leistungsbestimmung – hier der Kaufpreisfestsetzung – eine gerichtliche Bestimmung erfolgt. Vorliegend legte die Beklagte als Vertragspartei den (vereinbarten) Kaufpreis anhand des von ihr ermittelten Verkehrswertes fest. Die Beklagte muss sich im Rahmen des Privatverwaltungsrechts jedoch rechtmäßig verhalten und ist daher bei der Festlegung des Verkehrswertes an die gesetzlichen Vorgaben sowie die FIErwV gebunden, sodass eine solche Vorbehaltsklausel zugunsten des Käufers, die dem Rechnung trägt, rechtlich unbedenklich ist. Die Klausel bestimmt nicht etwa das (gemäß § 6 Abs. 3 AusglLeistG zuständige ordentliche) Gerichte zulässig als Dritten (vgl. § 317 BGB), sondern bedeutet in der Sache die Nachprüfung der Bestimmung der Beklagten, die zu dem festgelegten Kaufpreis führte. Die Nachprüfung des Verkehrswertes, der der Kaufpreisbestimmung hier sachlich zu Grunde liegen muss, stellt also nicht Rechtsgestaltung, sondern Auslegung bzw. Rechtsanwendung dar, weshalb derartige Anpassungsklauseln unproblematisch sind vgl. ferner OLG Dresden mit Teil-Anerkenntnis- und Schlussurteil vom 18. 5. 2010 – 14 U 1451/08 – zu 2. – siehe in diesem Heft S. 20 ff., d. Red.).

18 (b) Grundsätzlich wäre ein Zahlungsanspruch allerdings erst nach rechtskräftiger Bestimmung des Kaufpreises gegeben. Es ist hierzu aus prozessökonomischen Gründen jedoch allgemein anerkannt, dass es zulässig ist, die Bestimmung als Vorfrage der Leistungsklage zu treffen  und der Kläger seinen Rückforderungsanspruch sofort geltend machen kann.

19 2. Vorliegend ist unstreitig, dass die zunächst gemäß § 5 Abs. 1 S. 2 u. S. 3 FIErwV maßgeblichen vom Bundesminister der Finanzen veröffentlichten regionalen Wertansätze (RWA) als Wertermittlungsgrundlage ungeeignet sind und daher gemäß § 5 Abs. 1 FIErwV beide Seiten ein Verkehrswertgutachten verlangen können. Dass die Werte durch die Preisentwicklung überholt waren, ist zwischen den Parteien unstreitig. Auch die Klägerin geht von einer Abweichung um 15 % aus. Die EU-Kommission hat mit Schreiben vom 30. 6. 2006 jedoch schon eine Abweichung von 10 % des RWA beanstandet, sodass vorliegend die Grenze überschritten ist (im Fall des OLG Dresden  ist eine Abweichung von 20 % angenommen worden).

20 3. Hinsichtlich der Auswahl des Sachverständigen war das Landgericht im Rahmen der Beweisaufnahme zur Klärung des Verkehrswertes durch § 5 Abs. 1 S. 4 FIErwV a.?F., der nur die Beauftragung des örtlich zuständigen Gutachterausschusses vorsah, nicht beschränkt. Der im Prozessverfahren maßgebliche § 404 ZPO wird insoweit nicht berührt.

21 a) Zwar enthielt § 5 Abs. 1 S. 4 FIErwV a.?F. eine verbindliche Festlegung (vgl. auch die Begründung zur Änderung in BT-Ds. 16/8152, S. 19 rechte Spalte unten) und eine abweichende Interpretation im Hinblick auf das AusglLeistungsG wäre nicht überzeugend, weil der höherrangige Gesetzgeber die FIErwV erließ. Zudem wurden gesetz- und Verordnungsentwurf durch die Bundesregierung, die gemäß § 4 Abs. 3 AusglLeistG a.F. bzw. § 4 AusglLeistG n.?F. nach Verordnungsgeber bestimmt war, eingebracht.

22 b) Jedoch regelt § 5 Abs. 1 S. 4 FIErwV a.?F. bzw. die Neufassung in § 5 Abs. 1 S. 5 FIErwV., die seit dem 11. 7. 2009 alternativ die Einholung eines Verkehrswertgutachtens eines öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen zulässt, lediglich die Ausgestaltung des Preisermittlungsverfahrens der Kaufvertragsparteien und enthält keine Bestimmungen hinsichtlich des gerichtlichen Verfahrens. Der andernfalls erreichte – rechtlich unzulässige – faktische Ausschluss der gerichtlichen Nachprüfung kommt in der Verordnung nicht zum Ausdruck und kann ersichtlich nicht beabsichtigt gewesen sein. Dies folgt auch aus dem Umstand, dass die Gutachten des Gutachterausschusses nicht verbindlich sind (§ 193 Abs. 4 BauGB) und lediglich Sachverständigenbeweis darstellen.

23 c) Zumindest wäre in ergänzender Vertragsauslegung der allgemeinen Bezugnahme auf das AusglLeistG und die FIErwV in § 2 Nr. 6 des Kaufvertrages die neue Fassung der FIErwV anzuwenden, denn nach § 7 Abs. 2 AusglLeistG gilt diese auch für Altfälle, wenn die Änderungen Erleichterungen für den Erwerber mit sich bringen. Die vom Gesetzgeber durch die Vergrößerung der Anzahl der möglichen Sachverständigen beabsichtigte Beschleunigung (vgl. auch die Begründung zur Änderung in BT-Ds. 16/8152, S. 19 rechte Spalte unten) stellt eine solche Erleichterung dar, weshalb nun auch § 5 Abs. 1 S. 4 und S. 5 FIErwV n.?F. heranzuziehen wäre.

24 4. Das Landgericht hat – entgegen der Ansicht der Beklagten – den nach § 3 Abs. 7 S. 1 AusglLeistG maßgeblichen Verkehrswert rechtlich zutreffend bestimmt, indem es nicht der Argumentation der Beklagten gefolgt ist, lediglich Grundstücksverkäufe aus Ausschreibungen, letztlich vorwiegend der Beklagten selbst, zu berücksichtigen. Dementsprechend ist das Gutachten insoweit auch auf zutreffender rechtlicher Grundlage erstellt worden, sodass die Einholung eines weiteren Gutachtens gemäß § 412 Abs. 1 ZPO nicht geboten ist.

25 a) Gemäß § 3 Abs. 7 S. 1 AusglLeistG ist der Wertansatz für landwirtschaftliche Flächen der Verkehrswert, von dem ein Abschlag in Höhe von 35 vom Hundert vorgenommen wird, was für nicht benachteiligte Regio­nen europarechtlich die zulässige Grenze darstellt.

26 (b) Der Verkehrswert bzw. Marktwert ist für landwirtschaftliche Flächen gemäß § 5 Abs. 1 FIErwV zu ermitteln (vgl. die Begründung der Bundesregierung zum Gesetzentwurf von 1999 in: BT-Ds 14/1932, S. 15 rechte Spalte), der – insoweit lediglich klarstellend – auf die WertV verweist. Nach der insoweit maßgeblichen Verkehrswertbestimmung des § 194 BauGB wird der Verkehrswert (Marktwert) durch den Preis bestimmt, der in dem Zeitpunkt, auf den sich die Ermittlung bezieht, im gewöhnlichen Geschäftsverkehr nach den rechtlichen Gegebenheiten und tatsächlichen Eigenschaften, der sonstigen Beschaffenheit und der Lage des Grundstücks oder des sonstigen Gegenstands der Wertermittlung ohne Rücksicht auf ungewöhnliche oder persönliche Verhältnisse zu erzielen wäre. Der landwirtschaftliche Verkehrswert ist also – kurz gefasst – der Wert, der bei einem Verkauf von einem Landwirt an einen anderen Landwirt durchschnittlich erzielt wird (vgl. BGH mit Beschl. v. 27. 4. 2001 – BLw 14/00 DNotZ 2001, 724 [725]). Er wird dementsprechend aus der Streubreite der bislang erzielten Preise gemittelt. Der Verkehrswert ist jedenfalls nicht jeweils in Vermarktungsformen unterhielt, sondern ist ein einheitlicher und objektiver Begriff, weshalb nicht nur Vergleichsgrundstücke eines Anbieters und damit ein höchstpersönlicher, subjektiver Verkehrswert zu Grunde gelegt werden kann. Schließlich werden den potenziellen Kaufinteressenten alle am Markt  angebotenen Grundstücke ungeachtet der jeweiligen Vermarktungsform gleichermaßen zum Kauf angeboten.

27 c) Der von der Beklagten angestrebte für das konkrete Grundstück maximal erzielbare, fiktive und nur auf einen Anbieter zugeschnittene Preis ist dagegen subjektiv und entspricht nicht dem allgemeinen, objektiven Verkehrswertbegriff. Die Auffassung lässt sich zudem mit dem, Wortlaut des § 5 Abs. 1 S. 5 FIErwV, nach dem auch und nicht nur ausschließlich die Wertentwicklung nach Bieterverfahren heranzuziehen ist, nicht vereinbaren. Ferner entspräche dies nicht mehr der gesetzgeberischen Motivation, weil der Änderung der FIErwV die Erwägung zu Grunde lag, dass die BVVG anhand der ihr vorliegenden Vergleichswerte aus eigenen und fremden Verkäufen in der Lage sei, durch Berücksichtigung der aktuellen Preis­entwicklung ein markt­gerechtes Angebot zu unterbreiten (vgl.
BT-Ds. 16/12709, S. 7, linke Spalte oben), was ausschließt, dass nach dem Willen des Gesetzgebers bzw. Verordnungsgebers lediglich die von der Beklagten erzielten Preise Maßstab sein sollten, zumal der Verweis auf ein Verkehrswertgutachten dadurch ausgehöhlt wäre.

28 (d) Hinsichtlich des Verkehrs- bzw. Marktwertes existiert auch – ungeachtet des Umstandes, dass das AusglLeistG eine solche Differenzierung schon nicht erkennen lässt – kein Unterschied zwischen Europäischem Recht und § 194 BauGB. Bei der Ermittlung der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr zustande gekommenen Preise ist lediglich Maßstab, dass sie Ausdruck eines marktangemessenen Aushandelns sind. Anderes ist mit der Voraussetzung eines offenen Anbietens am Markt nicht bezeichnet. Dementsprechend hat im Übri­gen auch der Sachverständige ausgeführt, es gebe in der Fachliteratur keine eindeutigen Hinweise, dass nur das bedingungsfreie Bietverfahren die Voraussetzungen des gewöhnlichen Geschäftsverkehrs darstelle. Dass in Fällen des Verkaufs an Berechtigte nach dem Ausgleichsleistungsgesetz naturgemäß eine Ausschreibung nicht stattfindet, ist von der EU-Kommission berücksichtigt worden, und sie akzeptiert hierfür die Erstellung eines objektiven Wertgutachtens durch einen unabhängigen Sachverständigen (Mitteilung der EU-Kommission vom 10. 7. 1997 [ABl. 1997 C 209/3], Teil II Nr. 2?a). Die Kommission geht insoweit davon aus, dass der Marktwert der Mindestkaufpreis sei (a.?a.?O.), was die von der Beklagten im Ergebnis vorgetragene Annahme eines ermittelbaren Höchstpreises nicht gebietet. Ferner begegnet der Ansatz der Beklagten im Hinblick auf das Bestreben der EU-Kommission nach einem unabhängigen Gutachten (a.?a.?O. und Schreiben der Kommission vom 30. 6. 2006). Bedenken, wenn als Grundlage im Ergebnis allein die Wertermittlung bzw. im offenen Verfahren erzielten Preise der Beklagten maßgeblich sein sollten.

29 e) Da die Rechtslage und damit die Beihilfegewährung den formalen Vorgaben der EU-Kommission entspricht, ist der auf das geltende Recht Bezug nehmende Vertrag jedenfalls nicht (mangels Anmeldung bzw. im Hinblick auf ein noch laufendes Verfahren) wegen des Durchführungsverbotes des Art. 88 Abs. 3 S. 3 EGV i.V.m. § 134 BGB nichtig, sodass allein das (abgeschlossene) Verfahren der EU-Kommission maßgeblich ist.

30 5. Es war auch wegen der weiteren Einwendungen der Beklagten kein erneutes Gutachten eines anderen Sachverständigen nach § 412 Abs. 1 ZPO anzuordnen. Das Gutachten war überzeugend und deshalb ausreichende Grundlage der Beweiswürdigung.

31 a) Die konkrete Ermittlung nach dem Vergleichswertverfahren ist in der WertV vorgesehen. Insoweit wird zunächst auf die zutreffende Begründung des Landgerichts sowie dessen Beweiswürdigung verwiesen.

32 b) Die weiteren Einwendungen der Beklagten überzeugen nicht. Insoweit ist Folgendes zu ergänzen:

33 aa) Der Sachverständige hat zu Recht die von dem regionalen Gutachterausschuss ermittelten Verkaufsfälle zu Grunde gelegt und nur die statistisch abweichenden Werte einer Prüfung unterzogen, deren Ergebnis eine Aussonderung nicht rechtfertigte. Er hat ferner zu Recht bei seiner mündlichen Anhörung ausgeführt, er vertraue im Übrigen der Ermittlung der Gutachterausschüsse, habe sich jedoch in persönlichen Gesprächen die Arbeit des Gutachterausschusses erläutern lassen.

34 Ein konkreteres Hinterfragen aller Feststellungen des Gutachterausschusses war nicht erforderlich. Zum einen ist eine Prüfung nur dann geboten, wenn konkrete Tatsachen vorgebracht werden, nach denen sich Mängel der Erhebung auswirkten; allgemein geäußerte Vorbehalte wegen möglicher Fehler gegen (hier gesetzlich vorgesehene und in §§ 193 Abs. 5, 195 BauGB, § 9 SächsGAVO näher geregelte) sachverständige Erhebungen genügen nicht. Konkrete Einwendungen zu den Erhebungen des hier zuständigen Gutachterausschusses fehlen jedoch. Woraus sich ableiten lassen sollte, dass in Verkaufsfällen außerhalb der Kriterien des § 9 Abs. 4 SächsGAVO die Grundstücke nicht frei am Markt angeboten worden sein sollten oder etwa in der Landwirtschaft „Unter-der-Hand“-Verkäufe üblich sein sollten, ist nicht erkennbar und wäre nicht allein mit den von der Beklagten erzielten Preisen zu begründen. Immerhin weit auch die Beklagte darauf hin, dass landwirtschaftliche Flächen u. a. über das Internet angeboten werden. Zum anderen ist es Aufgabe eines im Prozess erstatteten Gutachtens, die fachlich gesicherten Grundlagen zu vermitteln, sodass ein Verkehrswertgutachten jedenfalls die gleichen Grundlagen wie ein außerhalb eines Prozesses erstattetes Gutachten verwenden darf. Ein Prozess dient nicht der Überprüfung fachlich anerkannter, jedenfalls nicht konkret in Frage gestellter Grundlagen oder der wissenschaftlichen Fortentwicklung oder der Klärung wissenschaftlicher oder sonstiger Streitfragen.

35 Der Sachverständige hat dementsprechend auch darauf hingewiesen, dass die Verkehrswertermittlung nach den bisher maßgeblichen Grundsätzen erfolgt sei und nicht nachvollziehbar sei, warum diese Verfahrensweise nicht mehr sachgerecht sein solle.

36 Der Markt sei auch nicht so aufzuteilen, dass es ein bestimmtes Marktsegment für Flächen in der hier streitgegenständlichen Größenordnung gäbe, für die sich typischerweise nicht ortsansässige Landwirte interessierten. Aus seiner Sachverständigentätigkeit seien ihm nur ganz wenige Fälle bekannt, in denen sich überhaupt ortsfremde Dritte in einem Gebiet eingekauft hätten, um einen Betrieb zu gründen.

37 bb) Der Sachverständige hat ferner überzeugend darauf hingewiesen, dass keine Notwendigkeit bestanden habe, das Untersuchungsgebiet noch weiter auszudehnen, weil nun hinreichend auswertbare Kauffälle zur Verfügung gestanden hätten, während die von der Beklagten genannten Kauffälle eine erhebliche Entfernung zu den Bewertungsobjekten besäßen. Das entspricht ersichtlich dem maßgeblichen regionalen Ansatz.

38 cc) Des Weiteren hat der Sachverständige nachvollziehbar ausgeführt, dass für die Aussonderung der Kaufpreise für kleine Flächen kein hinreichender Grund bestehe und die Ermittlung unter Berücksichtigung eines Zu- oder Abschlages im Hinblick auf die Grundstücksgröße allgemeiner Praxis entspreche.

39 dd) Er hat ferner plausibel ausgeführt, dass hier der Streubesitz den vergleichsweise geringen Zuschlag von 17,5 % rechtfertige und diesen ersichtlich nicht „freihändig“ geschätzt, sondern versucht, sich an objektiven Gegebenheiten zu orientieren. Die Zergliederung der Fläche lässt sich ohne Weiteres der fotografischen Darstellung der Anlage 3 zu dem Gutachten entnehmen. Der Sachverständige hat hierzu ausgeführt, die dennoch jeweils zusammengefassten Flächen würden etwa 30 ha betragen und seien eben nicht außergewöhnlich groß. Soweit die Beklagte meint, die Grundlagen der Schätzung in Frage stellen zu müssen, ist ihre (wiederholte) Annahme, die Statistik über Kaufwerte für landwirtschaftliche Grundstücke des Statistischen Bundesamt für 2007 weise für Sachsen zusammengefasste Werte für Flächen ab 20 ha auf, aus der Statistik nicht ableitbar. Hierauf hat auch bereits der Sachverständige hingewiesen. Dort sind für Flächen von 20 bis 50 ha keine Verkaufsfälle aufgeführt und lediglich bis 20 ha und ab 50 ha Verkaufsfälle verzeichnet. Dementsprechend existieren keine 37 Verkaufsfälle über 20 ha, sondern nur solche über 50 ha. Ausgehend von der Annahme, dass vorliegend lediglich zusammengefasste Flächen von etwa 30 ha zu bewerten sind, lässt sich  hieraus also gerade keine verlässliche Grundlage für die Schätzung im konkreten Fall ableiten. Es ist daher die Heranziehung anderer Werte erforderlich, sodass der Sachverständige zu Recht die insoweit vergleichbaren Werte im Land Mecklenburg-Vorpommern herangezogen und hieraus die Relation ermittelt hat. Diese Schätzungsgrundlage ist jedenfalls gut vertretbar und stellt auch im Rahmen des tatrichtlichen Ermessens (§ 287 ZPO) einen geeigneten Maßstab dar.

 

Die Revision wurde nicht zugelassen.