auf der Internationalen Grünen Woche 2017 in Berlin
Thema: Bodenkauf trotz Agrarpreiskrise!?
Termin: 24. 1. 2017, 11.00 – 14.00 Uhr
Ort: Messe Berlin, Großer Stern, Raum Hong Kong
Veranstalter: Redaktion agrarmanager und Briefe zum Agrarrecht, dlv Deutscher Landwirtschaftsverlag, www.agrarmanager.com
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LG Berlin, Urteil vom 14. 3. 2011 – 90 O 107/08
Die Kammer für Handelssachen 90 des Landgerichts Berlin hat am 14. 3. 2011 in zwei gleichgelagerten Verfahren die Klagen gegen die Preisfestlegung der BVVG abgewiesen.1
Das Verfahren mit dem Aktenzeichen 90 O 107/08 – im Folgenden abgedruckt – war mit Beschluss vom 18. 6. 2009 ausgesetzt worden2 und die Sache wurde dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften zur Vorabentscheidung vorgelegt. Der EuGH hat mit Beschluss vom 16. 12. 2010 entschieden (C-239/09)3.
Die jetzt vorliegenden beiden, noch nicht rechtskräftigen Urteile, sind die ersten Entscheidungen nach dem EuGH-Beschluss und kommen von der Kammer, die auch um die Vorabentscheidung ersucht hatte. Die Kammer hält die Preisfestlegung der BVVG wegen der damit erreichten Aktualität der Marktwert-Bestimmung und einer gerechtfertigten Einbeziehung von Vergleichswerten für „gesetzeskonform“. Die Kammer für Handelssachen 90 betont, dass der Begriff Marktwert europarechtskonform ausgelegt jenen Preis darstellt, „der erzielbar ist“4. Der Marktwert sei „derjenige Preis, den ein unter Marktbedingungen handelnder privater Investor hätte festsetzen können“5.
Auf die Frage, ob ein Sachverständigengutachten geeignet gewesen wäre, den Marktwert zum Stichzeitpunkt präzise zu bestimmen, ist die Kammer allerdings nicht eingegangen, da im vorliegenden Fall ein solches Gutachten nicht eingeholt wurde.6
Da inzwischen mehrere Entscheidungen des Kammergerichts Berlin7 die Rückzahlung eines Teils des Kaufpreises für rechtens hielten, und auch der BGH mit dieser Frage befasst ist, dürfte das letzte Wort in Sachen Wertermittlung bei BVVG-Verkäufen noch nicht gesprochen sein.
1 Die Parteien streiten um die Rückzahlung eines Teilkaufpreises aus einem Grundstückskaufvertrag vom 18. 12. 2007. Mit ihrem angekündigten Klageantrag hat die Klägerin Rückzahlung von 64.017,63 € begehrt. Nach Teilrücknahme der Klage begehrt die Klägerin nunmehr noch Rückzahlung von 63.959,94 €.
2 Die Beklagte ist eine 100-prozentige Tochtergesellschaft der Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben. Von dieser wurde sie mit der Privatisierung ehemals volkseigener land- und forstwirtschaftlicher Flächen beauftragt.
3 Mit notariell beurkundetem Vertrag vom 18. 12. 2007 verkaufte die Beklagte an die Klägerin zur landwirtschaftlichen Nutzung geeignete Flächen, welche ehemals im Volkseigentum der DDR standen. Der Kaufpreis betrug insgesamt 245.907,91 €. Hiervon entfielen auf landwirtschaftliche Flächen auf der Grundlage des AusglLeistG 210.810,18 €. Von den landwirtschaftlichen Flächen, die dem AusglLeistG unterfielen, entfielen gemäß der Aufstellung der Klägerin 91,97 Hektar auf Ackerland und 17,86 Hektar auf Grünland.
4 Die Parteien streiten im vorliegenden Verfahren allein um den Preis für das Ackerland, welchen die Beklagte mit 2.997,55 € pro Hektar ansetzt. Hinsichtlich des Preises für das Grünland sind die Parteien sich einig, dass er pro Hektar 2.900,00 € beträgt.
5 § 2 Ziffer 5 des vorgenannten Vertrages lautet:
„Nach Ansicht des Käufers ergibt sich für ihn nach den Vorgaben des Ausgleichsleistungsgesetzes sowie der Flächenerwerbsverordnung ein Anspruch darauf, die vertragsgegenständlichen Flächen zu einem anderen, günstigeren als dem vereinbarten Kaufpreis erwerben zu können. Er behält sich daher vor, gerichtlich die erfolgte Kaufpreisbildung und -höhe einer Prüfung zu unterziehen sowie einen Anspruch auf Anpassung des gebildeten Kaufpreises geltend zu machen.
Die Verkäuferin erklärt, dass sie bei der Kaufpreisbildung, die sie dem Käufer im einzelnen dargelegt hat, nicht von niedrigeren Werten als den von ihr festgestellten und anhand anderer vergleichbarer Verkäufe in der Region abgeleiteten Vergleichswerten ausgehen durfte. Andernfalls würde sie bei Vereinbarung eines niedrigeren Kaufpreises eine ggf. europarechtswidrige Beihilfe gewähren, zumindest aber einen höheren Preisnachlass, als den durch das AusglLeistG vorgegebenen 35%-igen Abschlag vom Verkehrswert.
Die Parteien sind sich jedoch darüber einig, dass sie den Vertrag entsprechend einer rechtskräftigen gerichtlichen Entscheidung ggf. anpassen werden. Die Einigkeit besteht jedoch auch darüber, dass der Vertrag mit dem vereinbarten Kaufpreis Bestand haben soll, sofern der Käufer den sich vorbehaltenen Kaufpreisanpassungsanspruch nicht weiter verfolgt oder ggf. durch ein Gericht rechtskräftig festgestellt wird, dass ihm ein solcher nicht zusteht.“
6 Gemäß § 3 Abs. 7 AusglLeistG wird der Wertansatz für landwirtschaftliche Flächen durch den Verkehrswert gebildet, von dem ein Abschlag in Höhe von 35 % vorgenommen wird.
7 § 5 Abs. 1 FlächenerwerbsVO in der zum Zeitpunkt des Abschlusses des Vertrages gültigen Fassung lautet:
„Der Verkehrswert für landwirtschaftliche Flächen nach § 3 Abs. 7 S. 1 und S. 6 … des Ausgleichsleistungsgesetzes wird ermittelt nach den Vorgaben der Wertermittlungsverordnung vom 6. 12. 1988 (BGBl I S. 2209), zuletzt geändert durch Gesetz vom 18. 8. 1997 (BGBl. I S. 2081, 2110).
Soweit für Acker- und Grünland regionale Wertansätze vorliegen, soll der Wert hiernach bestimmt werden. Die regionalen Wertansätze werden vom Bundesminister der Finanzen im Bundesanzeiger veröffentlicht. Der Kaufbewerber oder die Privatisierungsstelle können eine davon abweichende Bestimmung des Verkehrswertes durch ein Verkehrswertgutachten des nach § 192 BauGB eingerichteten und örtlich zuständigen Gutachterausschusses verlangen, wenn tatsächliche Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die regionalen Wertansätze als Ermittlungsgrundlage ungeeignet sind.“
8 Die Klägerin macht geltend, der auf der Grundlage der vom Bundesjustizministerium am 21. 3. 2007 im Bundesanzeiger veröffentlichten Bekanntmachung der regionalen Wertansätze vom 17. 1. 2007 errechnete Kaufpreis für die verkauften landwirtschaftlichen Flächen betrage lediglich 146.850,24 €. Die Differenz zu 210.810,18 €, d.?h. 63.959,94 €, verlangt die Klägerin mit ihrer vorliegenden Klage nach Maßgabe ihrer Aufstellungen sowie nach teilweiser Klagerücknahme im Übrigen zurück.
9 Die Klägerin trägt vor: Die Beklagte ermittle den Verkehrswert im Wesentlichen aufgrund vorheriger öffentlicher Ausschreibungen; diese Ausschreibungen seien nicht unproblematisch, insbesondere aufgrund des üblichen „Last-Call-Verfahrens“; es sei überflüssig, diese Methoden im einzelnen zu hinterfragen; denn nach diesen Grundsätzen komme ohnehin eine Verkehrswertbestimmung nicht in Betracht; hinsichtlich derjenigen Personen, die an solchen Ausschreibungsverfahren teilnähmen, habe sich erwiesen, dass deren Entscheidungen vielfach durch besondere ungewöhnliche Verhältnisse beeinflusst würden; es gebe vielfach Investoren, die aus steuerlichen Gründen (vgl. § 66 EStG) zum einen investieren müssten und im Einzelfall höhere Beträge böten, als wertmäßig eigentlich berechtigt; zum anderen gebe es außerhalb der Landwirtschaft vermögende Investoren, die aus erbschaftssteuerlichen Gründen Kapital in landwirtschaftliche Flächen investieren, um auf diese Weise die Erbschaftssteuer zu senken (Beweis: Sachverständigengutachten).
10 Die Klägerin meint, die Beklagte habe nur die Möglichkeit gehabt, den Kaufpreis entweder auf der Grundlage der regionalen Wertansätze zu bilden, oder den nach § 192 BauGB gebildeten Gutachterausschuss anzurufen, was die Beklagte unstreitig nicht getan hat; keinesfalls sei es zulässig, so wie die Beklagte vorzugehen, nämlich den Kaufpreis aus dem aktuellen Marktgeschehen abzuleiten; der Ansatz der Beklagten zur Marktpreisermittlung sei methodisch verfehlt, weil Ausschreibungspreise der Preisfindung nicht zugrunde gelegt werden könnten; die Beklagte verhalte sich willkürlich, wenn sie auf Kauffälle im Umkreis von 20 km Bezug nehme; auch stelle die Beklagte nicht klar, welche Fälle sie herausgefiltert habe; die Beklagte habe vorliegend den angesetzten Marktwert mit nicht gesetzeskonformen Methoden ermittelt.
11 Die Klägerin beantragt:
die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 63.959,94 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 15. 1. 2009 zu zahlen.
12 Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Die Beklagte meint: Die regionalen Wertansätze seien bei der Kaufpreisbildung deshalb nicht zu berücksichtigen gewesen, weil sie in der Regel nicht das aktuelle Marktgeschehen, sondern den Stand des Grundstücksmarktes vor 1 bis 2 Jahren widerspiegelten; das Bundesfinanzministerium habe dies erkannt und deshalb am 10. 7. 2007 die Weisung erteilt, dass die veröffentlichten regionalen Wertansätze einer konkreten Prüfung durch die Beklagte unterzogen werden sollten; wichen die im Bundesanzeiger veröffentlichten regionalen Wertansätze um mehr als 20 % von durchschnittlichen vergleichbaren Verkaufsergebnissen ab, dürften die regionalen Wertansätze nicht mehr der Verkehrswertermittlung zugrunde gelegt werden. Nach ihrer, der Beklagten, angestellten Berechnung, lägen die Wertansätze für Ackerland zum Stichtag um ca. 35,8 % unterhalb dem Verkehrswert; der mit der Klage geltend gemachte Anspruch bestehe auch deshalb nicht, weil die von der Klägerin angestrebte Reduzierung des Kaufpreises eine rechtswidrige staatliche Beihilfe i.?S. Art 87 Abs. 1 EG darstelle. Zur Ermittlung des im Streitfall für Ackerland pro Hektar angesetzten Verkehrswertes in Höhe von 2.997,55 € verweist die Beklagte zunächst auf die Anlage MWP 2 und trägt unter Bezugnahme hierauf unwidersprochen vor: Die durchschnittliche Ackerzahl bei dem streitbefangenen Ackerland habe bei 22 gelegen; sie, die Beklagte, habe 7 Verkaufsfälle (5 Verkäufe aus Ausschreibungen und 2 Kaufgebote aus alternativen Ausschreibungen, bei denen aufgrund der Pachtrenditen ein Pachtvertrag abgeschlossen worden sei, herangezogen; das arithmetische Mittel habe bei 3.236,00/ha gelegen; da sich das Kaufobjekt gegenüber der durchschnittlichen Bonität der Vergleichsfälle allerdings durch eine niedrige Bonität („Ackerzahl 22“) ausgezeichnet habe (mittlere Bonität bei den zum Vergleich herangezogenen Kauffällen: „Ackerzahl 29“), sei unter Zuhilfenahme der in der Bekanntmachung des Bundesfinanzministeriums vom 17. 1. 2007 auf S. 132 abgedruckten Anpassungsformel der Marktwert an diese niedrigere Bonität angepasst worden, sodass sich ein Wert von 2.997,55 €/ha ergeben habe.
13 Das Gericht hat mit Beschluss vom 18. 6. 2009 das Verfahren ausgesetzt und den Rechtsstreit gemäß Art. 234 EG-Vertrag dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften zur Vorabentscheidung vorgelegt.
14 Der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften hat mit Urteil vom 16. 12. 2010 für Recht erkannt:
Art. 87 EG ist dahin auszulegen, dass er einer nationalen Regelung nicht entgegensteht, die für die Ermittlung des Wertes land- und forstwirtschaftlich genutzter Flächen, die von der öffentlichen Hand im Rahmen eines Privatisierungsprogramms veräußert werden, Berechnungsmethoden wie die in § 5 Abs. 1 der Flächenerwerbsverordnung vom 20. 12. 1995 festgelegten vorsieht, sofern diese Methoden eine Aktualisierung der Preise in Fällen eines starken Preisanstiegs vorsehen, sodass der vom Käufer tatsächlich gezahlte Preis sich dem Marktwert dieser Grundstücke möglichst weit annähert.8
15 Die Klage ist unbegründet.
16 Die Klägerin kann von der Beklagten von dem von ihr entrichteten Kaufpreis nichts zurückverlangen. Der seitens der Beklagten auf der Grundlage des Ausgleichsleistungsgesetzes gebildete und von der Klägerin gezahlte Kaufpreis in Höhe von 210.810,18 € ist der Höhe nach korrekt ermittelt worden.
17 Gemäß § 3 Abs. 7 AusglLeistG wird der Wertansatz für landwirtschaftliche Flächen durch den Verkehrswert gebildet, von dem ein Abschlag in Höhe von 35 % vorgenommen wird.
18 Hinsichtlich der veräußerten 17,86 Hektar Grünland ist der Wertansatz von 2.900,00 € pro Hektar zwischen den Parteien unstreitig. Streitig ist allein der Wertansatz für Ackerland.
19 Gemäß Art. 87 Abs. 1 EG-Vertrag sind – soweit nicht etwas anderes bestimmt ist – staatliche oder aus staatlichen Mitteln gewährte Beihilfen gleich welcher Art, die durch die Begünstigung bestimmter Unternehmen oder Produktionszweige den Wettbewerb verfälschen oder zu verfälschen drohen, mit dem gemeinsamen Markt unvereinbar, soweit er den Handel zwischen den Mitgliedsstaaten beeinträchtigt. Mit ihrer Entscheidung 1999/268/EG vom 20. 1. 1999 über den Flächenerwerb nach dem Ausgleichsleistungsgesetz erklärte die Kommission der Europäischen Gemeinschaften die durch ein Programm der Bundesrepublik Deutschland eingeführte Beihilferegelung zur Reprivatisierung von Flächen im Gebiet der neuen Länder für den Gemeinsamen Markt teilweise unvereinbar. Art. 2 Unterabschnitt 2 dieser Entscheidung lautete:
„Die Beihilfen … deren Intensität die Höchstgrenze von 35 % für landwirtschaftliche Flächen in nicht benachteiligten Gebieten gemäß der Verordnung (EG) Nr. 950/97 überschreiten, sind mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar.“
(zitiert nach Ziffer 7 des Urteils des EuGH vom 16. 12. 20109).
20 Hieraus folgt, dass der Ermittlung des Marktwertes der Ackerflächen im Streitfall entscheidende Bedeutung zukommt. Denn die Bundesrepublik Deutschland hat sich, worauf auch der Generalstaatsanwalt in seinen Schlussanträgen vom 30. 9. 2010 unter Ziffer 36 hinweist, in dem geltenden Ausgleichsleistungsgesetz für die Anwendung des höchstzulässigen Abschlags von 35 % von dem Marktwert entschieden. Das bedeutet, dass im Falle eines zu niedrig angesetzten Marktpreises eo ipso ein Verstoß gegen Art. 87 EG in Form einer rechtswidrig gewährten Beihilfe vorläge.
21 Es ist gerichtsbekannt, dass im Laufe des Jahres 2007 die Nachfrage bezüglich Bioenergie (Biodiesel und Bioethanol) stark angestiegen ist, was dazu führte, dass die Preise für landwirtschaftlich genutzte Grundstücke ungewöhnlich stark anstiegen.
22 Art. 87 EG steht nach der Entscheidung des EuGH vom 16. 12. 2010 einer Regelung entgegen, wonach zur Ermittlung des Marktpreises Berechnungsmethoden anzuwenden sind, die in Fällen starken Preisanstiegs keinen Aktualisierungsmechanismus vorsehen.
23 In ihrer im Jahr 2007 geltenden und im Tatbestand zitierten Fassung enthalten die Sätze 2 und 3 des Absatzes 1 des § 5 der Flächenerwerbsverordnung keine Berechnungsmethoden, die in Fällen starken Preisanstiegs einen Aktualisierungsmechanismus vorsehen.
24 Gemäß § 5 Abs. 1 S. 2 der Flächenerwerbsverordnung soll für Acker- und Grünland der Wert nach den regionalen Wertansätzen bestimmt werden, sofern welche vorliegen. Die Klägerin begehrt eine Festsetzung des Kaufpreises für Ackerland auf der Grundlage der am 15. 3. 2007 im Amtsblatt veröffentlichten regionalen Wertansätze vom 17. 1. 2007. Angesichts des vorstehend beschriebenen gerichtsbekannten Anstiegs der Grundstückspreise im Verlauf des Jahres 2007 können die im März 2007 veröffentlichten regionalen Wertansätze vom 17. 1. 2007 nicht zur Ermittlung des Marktpreises der verkauften Flächen herangezogen werden, da sie den am 18. 12. 2007 (Zeitpunkt des streitgegenständlichen notariellen Kaufvertrages) maßgeblichen Markt nicht widerspiegelt und folglich in jedem Falle zu einem Verstoß gegen Art. 87 EG in Form einer rechtswidrigen, weil 35 % übersteigenden Beihilfe führen würde. Die Pflicht, die regionalen Wertansätze nicht anzuwenden, folgt aus der allen staatlichen Organen einschließlich der nationalen Gerichte obliegenden Verpflichtung, eine gegen das Unionsrecht verstoßende Bestimmung des nationalen Rechts unangewendet zu lassen (vgl. Ziffer 52 des Urteils des EuGH vom 16. 12. 201010).
25 Da keine der Parteien vor Abschluss des Kaufvertrages ein Sachverständigengutachten des zuständigen Gutachterausschusses gemäß § 5 Abs. 1 Satz 4 FlächenerwerbsV eingeholt hat, ist auf die Frage, ob ein Sachverständigengutachten des zuständigen Gutachterausschusses geeignet gewesen wäre, den Marktwert zum Stichzeitpunkt präzise zu bestimmen, nicht einzugehen. Im Streitfall ist es somit Aufgabe des Gerichts, den Marktwert der streitgegenständlichen Flächen zum Stichtag zu bestimmen. Dabei ist zu prüfen, ob § 5 Abs. 1 FlächenerwerbsV insbesondere im Licht eventuell anwendbarer weiterer nationaler Bestimmungen wie der WertermittlungsVO vom 6. 12. 1988 in einer Weise ausgelegt werden kann, die mit Art. 87 EG in Einklang steht (vgl. Rdz. 51 des Urteils des EuGH vom 16. 12. 201011). Gemäß Randziffer 34 des vorgenannten Urteils12 ist Marktwert derjenige Preis, den ein unter Marktbedingungen handelnder privater Investor hätte festsetzen können. Die sicherste Methode der Ermittlung des Marktwertes ist ein öffentliches, allgemeines und bedingungsfreies Bieterverfahren. Erfolgt die Ermittlung des Marktwertes nach anderen Regeln, muss die Anwendung dieser Regeln im Hinblick auf ihre Vereinbarkeit mit Art. 87 EG in allen Fällen zu einem möglichst nahe beim Marktwert liegenden Preis führen. Da dieser Marktwert mit Ausnahme von Veräußerungen an den Meistbietenden theoretisch ist, ist notwendigerweise eine Toleranzmarge zuzulassen, innerhalb deren der erzielte Preis vom Theoretischen Preis abweichen kann (vgl. hierzu: Urteil des EuGH vom 16. 12. 2010, Rdz. 3513). Der Begriff „Marktwert“ i.S.d. § 194 BauGB ist somit europarechtskonform dahin auszulegen, dass entscheidend der Preis ist, der auf dem Markt erzielbar ist. Bei dessen Ermittlung kann die in § 5 Abs. 1 S. 1 FlErwV in Bezug genommene Wertermittlungsverordnung (WertV) herangezogen werden (vgl. Rdz. 49 des Urteils des EuGH vom 16. 12. 201014). Gemäß § 13 WertV, abgedruckt im Anhang zum Kommentar Battis/Krautzberger/Löhr, Baugesetzbuch, 11. Auflage, 2009), besteht eine Möglichkeit der Ermittlung des Marktwertes darin, ein Vergleichswertverfahren durchzuführen. Gemäß § 13 WertV sind die Kaufpreise solcher Grundstücke heranzuziehen, die hinsichtlich der ihren Wert beeinflussenden Merkmale mit dem zu bewertenden Grundstück hinreichend übereinstimmen.
26 Die Beklagte ist nach § 13 WertV verfahren. Sie hat zur Bewertung des Marktwertes für Ackerland Kauffälle in einem Umkreis von 20 km um die streitgegenständlichen Flächen herangezogen.
27 Dies ist zulässig. Nach Auffassung der Kammer wäre sogar noch ein Heranziehen von Kauffällen im Umkreis von 50 km um die streitgegenständlichen Flächen zulässig gewesen, da auch in diesem Umkreis noch von vergleichbaren landsmannschaftlich bezogenen Besonderheiten ausgegangen werden kann. Was die Vergleichbarkeit im Übrigen angeht, so ist auf die Ackerzahl abzustellen. Soweit der Vortrag der Klägerin im Ergebnis darauf hinausläuft, die sieben erwähnten und herangezogenen Kauffälle könnten nicht zum Vergleich herangezogen werden, weil eine Vergleichbarkeit nicht gegeben sei, folgt das Gericht diesem Vorbringen nicht.
28 Die Beklagte handelte keineswegs gesetzeswidrig, sondern gesetzeskonform, wenn sie auf Preise abstellte, die im Umkreis von 20 km für Ackerland erzielbar waren. Insoweit wird erneut darauf verwiesen, wie der Begriff „Marktwert“ i.S.d. § 194 BauGB europarechtskonform auszulegen ist, nämlich als der Preis, der erzielbar ist. Die aufgeführten sieben Kauffälle können somit herangezogen werden. Das arithmetische Mittel der erzielten Kaufpreise beträgt 3.236,00 €. Die Vornahme eines Abzuges in Höhe von 238,45 € im Hinblick darauf, dass die Ackerzahl bei dem streitgegenständlichen Kaufobjekt 22 und die durchschnittliche Ackerzahl bei den Vergleichsobjekten 29 ist, ist angemessen.
29 Im Ergebnis hat die Beklagte für das verkaufte Ackerland einen Marktwert in Höhe von 2.997,55 € pro Hektar in einwandfreier Weise ermittelt. …
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Fußnoten und Verweise der Redaktion: