* Univ.-Prof. Dr. iur. Christian Koenig, LL.M. (LSE), ist Geschäftsführender Direktor am Zentrum für Europäische Integrationsforschung (ZEI) der Universität Bonn.
Mara Hellstern ist dort wissenschaftliche Mitarbeiterin.
auf der Internationalen Grünen Woche 2017 in Berlin
Thema: Bodenkauf trotz Agrarpreiskrise!?
Termin: 24. 1. 2017, 11.00 – 14.00 Uhr
Ort: Messe Berlin, Großer Stern, Raum Hong Kong
Veranstalter: Redaktion agrarmanager und Briefe zum Agrarrecht, dlv Deutscher Landwirtschaftsverlag, www.agrarmanager.com
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Mara Hellstern,
Univ.-Prof. Dr. Christian Koenig, LL.M. (LSE)*
Die Bodenverwertungs- und -verwaltungs GmbH (BVVG) privatisiert im Auftrag des Bundes in den ostdeutschen Ländern ehemals volkseigene land- und forstwirtschaftliche Flächen und andere Vermögenswerte. Beim Verkauf landwirtschaftlicher Flächen durch die BVVG stellt sich die Frage nach den Anforderungen an eine gerade im Hinblick auf das EU-Beihilferecht rechtlich wie tatsächlich belastbare Kaufpreisermittlung. Auch mit Zurückweisung der Nichtzulassungsbeschwerde gegen ein Urteil des KG Berlin mit Beschluss vom 28. 4. 2011 – V ZR 192/10 – hat der Bundesgerichtshof noch keine Klarheit in dieser Frage geschaffen. Zwar hat der BGH die KG-Entscheidung bestätigt, dass ein nach geltendem deutschen Wertermittlungsrecht ermittelter Grundstücksmarktwert mit dem EU-Beihilferecht vereinbar sei. Diese Entscheidung entfaltet jedoch nur Wirkung inter partes (zwischen den Parteien, d. Red., § 325 Abs. 1 ZPO), da das Unionsrecht erga omnes Wirkungen (gegen alle, d. Red.) des KG-Urteils und des bundesgerichtlichen Beschlusses sperrt, welche die unionsrechtliche Verpflichtung mitgliedstaatlicher Organe einschließlich Gerichte und Verwaltungsbehörden zur eingehenden, praktisch wirksamen gerichtlichen Nachprüfung von Wertermittlungen gerade im Hinblick auf deren Unionsrechtskonformität relativieren könnten. Vor diesem Hintergrund untersucht der vorliegende Beitrag die Frage, welche Anforderungen das EU-Beihilferecht an die Ermittlung des Verkehrswerts (Marktwerts) landwirtschaftlicher Flächen im Rahmen von Direktverkäufen und EALG-Verkäufen (an Pächter) durch die BVVG sowie an die nationalgerichtliche Nachprüfung ihrer Einhaltung stellt.
Nach Art. 107 Abs. 1 AEUV darf die BVVG als eine dem Mitgliedstaat zuzurechnende Einrichtung im Rahmen von Grundstücksverkäufen keine mit dem Binnenmarkt, d. h. mit den Binnenmarktanforderungen nach Art. 107 Abs. 2 und 3 sowie Art. 106 Abs. 2 AEUV unvereinbare Beihilfen gewähren. Zudem dürfen Beihilfen i. S. d. Art. 107 Abs. 1 AEUV nach Art. 108 Abs. 3 S. 3 AEUV nicht vor ihrer Genehmigung durch die Kommission durchgeführt werden (sog. Durchführungsverbot, auch Stand-Still-Gebot). Liegt eine Beihilfe i. S. d. Art. 107 Abs. 1 AEUV vor und wird diese unter Verstoß gegen das unionsrechtliche Durchführungsverbot des Art. 108 Abs. 3 S. 3 AEUV vor ihrer Genehmigung durch die Europäische Kommission durchgeführt, ist der privatrechtliche beihilfegewährende Grundstückskaufvertrag nach § 134 BGB i. V. m. Art. 108 Abs. 3 S. 3 AEUV nichtig und die gewährte Beihilfe rückabzuwickeln. Dies kann im Wege des sog. „Private Enforcement“ auch von Dritten, etwa mit dem beihilfebegünstigten Grundstückskäufer konkurrierenden und daher von der Beihilfe betroffenen Kaufinteressenten, gerichtlich geltend gemacht werden. Unter „Private Enforcement“ des EU-Beihilferechts versteht man dabei die Durchsetzung des EU-Beihilferechts durch Privatpersonen im Wege von Wettbewerberklagen auf Beseitigung und Unterlassung unionsrechtswidriger Beihilfen sowie auf Schadensersatz. Erst im Februar 2011 hat der BGH klargestellt, dass ein Verstoß gegen Art. 108 Abs. 3 S. 3 AEUV nicht nur zur Nichtigkeit des beihilfegewährenden Vertrags nach § 134 BGB i. V. m. Art. 108 Abs. 3 S. 3 AEUV führt, sondern auch Auskunfts-, Beseitigungs-, Unterlassungs- und Schadensersatzansprüche von Wettbewerbern des Beihilfeempfängers gegen den Beihilfegeber aus §§ 9, 8, 3, 4 Nr. 11 UWG sowie aus §§ 1004, 823 Abs. 2 BGB jeweils i. V. m. Art. 108 Abs. 3 S. 3 AEUV begründen kann.1 Umso wichtiger ist es, dass Verkehrswertermittlungen (d. h. Marktwertermittlungen) landwirtschaftlicher Flächen nach § 3 Abs. 7 S. 1 und § 3a Abs. 2 Ausgleichsleistungsgesetz (AusglLeistG) i. V. m. § 5 Abs. 1 Flächenerwerbsverordnung (FlErwV) den Anforderungen des EU-Beihilferechts an Grundstückswertermittlungen Rechnung tragen, um das Vorliegen einer Beihilfe i. S. d. Art. 107 Abs. 1 AEUV auszuschließen.
Nach der unionsprimärrechtlichen Bestimmung des Art. 107 Abs. 1 AEUV sind, „soweit in den Verträgen nicht etwas anderes bestimmt ist, (…) staatliche oder aus staatlichen Mitteln gewährte Beihilfen gleich welcher Art, die durch die Begünstigung bestimmter Unternehmen oder Produktionszweige den Wettbewerb verfälschen oder zu verfälschen drohen, mit dem Binnenmarkt unvereinbar [d. h. verboten], soweit sie den Handel zwischen Mitgliedstaaten beeinträchtigen.“ Eine Beihilfe i. S. d. Art. 107 Abs. 1 AEUV zugunsten des Käufers eines Grundstücks der öffentlichen Hand setzt demnach eine Begünstigung des Käufers voraus. Unter Begünstigung ist dabei die Gewährung eines wie auch immer gearteten wirtschaftlichen Vorteils zu verstehen, für dessen Erhalt der Empfänger keine marktangemessene Gegenleistung erbringt.2 Hierbei wird eine wirtschaftliche Betrachtungsweise zu Grunde gelegt, also auf tatsächliche ökonomische Begünstigungseffekte abgestellt.3
1. Die Marktwertdefinition des EU-Beihilferechts
Die „Mitteilung der Kommission betreffend Elemente staatlicher Beihilfe bei Verkäufen von Bauten und Grundstücken durch die öffentliche Hand“ (ABl.EG 1997 Nr. C 209, S. 3 – Grundstücksmitteilung) konkretisiert diese Voraussetzungen des Beihilfetatbestands des Art. 107 Abs. 1 AEUV im Hinblick auf Grundstücksverkäufe durch die öffentliche Hand und dieser zuzurechnender Einrichtungen wie der BVVG. Danach enthalten Verkäufe landwirtschaftlicher Flächen durch die BVVG keine Beihilfeelemente i. S. d. Art. 107 Abs. 1 AEUV, wenn die Grundstücke mindestens zu ihrem tatsächlichen Marktwert veräußert werden.4 Unter Marktwert ist dabei der Preis zu verstehen, „den ein privater, unter normalen Wettbewerbsbedingungen handelnder Investor hätte festsetzen können“5, mithin der unter den konkreten Verkaufsbedingungen realistischerweise erzielbare Preis. Hätte ein hypothetischer privater marktwirtschaftlich handelnder Vergleichsverkäufer dem Grundstückskäufer das konkrete Grundstück nicht oder allenfalls zu anderen, für den Käufer ungünstigeren Konditionen verkauft, enthält der Grundstücksverkauf dagegen eine Begünstigung i. S. d. Art. 107 Abs. 1 AEUV (sog. „market economy vendor principle“, MEVP).
2. Begünstigungsausschluss
Nach der Grundstücksmitteilung der Kommission – der Standardisierung des MEVP als Kriterium zur Beurteilung des Vorliegens einer EU-beihilferechtsrelevanten Begünstigung – kann das Vorliegen einer Begünstigung i. S. d. Art. 107 Abs. 1 AEUV bei Grundstücksverkäufen der öffentlichen Hand entweder durch ein offenes, bedingungsfreies Bietverfahren oder durch eine unabhängige Wertermittlung durch einen unabhängigen Sachverständigen ausgeschlossen werden. Diese Methoden bilden durch die Herstellung bzw. gutachterliche Simulation einer authentischen Wettbewerbs- und Marktsituation den tatsächlichen Marktwert eines Grundstücks ab. Der Begünstigungsausschluss beruht wiederum auf der Durchführung einer (Grundstücks-) Transaktion gerade zum tatsächlichen Marktwert des konkreten Veräußerungsobjekts. Daher kann das Nichtvorliegen einer EU-beihilferechtsrelevanten Begünstigung nicht nur durch die in der Grundstücksmitteilung aufgeführten Verfahren – Bietverfahren oder Einholung eines unabhängigen Wertgutachtens – nachgewiesen werden, sondern auch durch jede andere Methode, die den tatsächlichen aktuellen Marktwert des konkreten Veräußerungsobjekts abbildet.6
1. Das EU-beihilferechtliche Gebot der Abbildung des tatsächlichen Marktwerts bei der Marktwertermittlung von Grundstücken zum Ausschluss einer EU-beihilferechtsrelevanten Begünstigung
Eine Marktwertermittlung schließt also (nur) dann das Vorliegen einer EU-beihilferechtsrelevanten Begünstigung aus, wenn sie durch die Simulation eines Angebots des konkret zu veräußernden Grundstücks am offenen Markt eben diesen Preis, der am offenen Markt erzielbar wäre und daher von einem hypothetischen privaten marktwirtschaftlich handelnden Vergleichsverkäufer („market economy vendor“) an der Stelle der BVVG vereinbart worden wäre, ermittelt. Dies bedeutet, dass die Marktwertermittlung in EU-beihilferechtskonformer Weise aufgrund einer Abbildung des aktuellen Marktgeschehens nach Maßgabe einer wettbewerblichen Marktsimulation (Bietverfahrenssimulation) vorgenommen werden muss. Dies erfordert insbesondere die stärkere Gewichtung der aktuellen und eine geringere Gewichtung der älteren Benchmarks und Daten, die auf den Bewertungsstichtag dynamisch fortzuschreiben sind. Im Rahmen der Wertermittlung sind solche – zeitnah – am offenen Markt im Rahmen von marktkonformen Verkäufen real erzielten Preise als Vergleichswerte heranzuziehen, die tatsächlich hinsichtlich der Grundstückseigenschaften und Verkaufskonditionen mit dem konkreten Bewertungsobjekt übereinstimmen. Dadurch wird – EU-beihilferechtskonform – sichergestellt, dass der ermittelte Marktwert eines Grundstücks auf das konkrete Veräußerungsobjekt zugeschnitten ist, statt bloß einen unreflektierten Durchschnittspreis aus Grundstücksverkäufen darzustellen, die hinsichtlich ihrer Auswahl insbesondere im Hinblick auf die jeweilige Vertragsanbahnung und das vorherige offene Anbieten der Flächen am Markt sowie individueller Wertbildungsfaktoren nicht oder nur eingeschränkt miteinander vergleichbar sind. Nur durch die regelmäßige und in kurzen zeitlichen Abständen erfolgende Einbeziehung aktueller Verkaufsfälle in die Wertermittlung oder – sofern dies nicht möglich sein sollte – die Heranziehung eines Aktualisierungsmechanismus bildet eine Wertermittlung das aktuelle Marktgeschehen ohne zeitliche Verzögerung und damit EU-beihilferechtskonform ab.
2. Das EU-beihilferechtliche Aktualitätsgebot
Gerade beim Verkauf landwirtschaftlicher Grundstücksflächen kommt dem EU-beihilferechtlichen Gebot an Wertermittlungen, den tatsächlichen und damit gerade den zum Transaktionszeitpunkt aktuellen Marktpreis widerzuspiegeln, eine herausragende Bedeutung zu, da die Grundstückspreise landwirtschaftlicher Flächen in den letzten Jahren, insbesondere seit dem Jahr 2007, eine sehr dynamische Entwicklung verzeichnen:
„´Wir beobachten gerade eine massive Bodenwertsteigerung (…) vor allem in den neuen Bundesländern.´ Während sich jahrelang kein Mensch für die Wiesen und Wälder in der Uckermark oder hinter Magdeburg interessierte, schnellen die Preise nun nach oben. In den vergangenen Monaten waren es teilweise 20 bis 30 Prozent.“7
Eine EU-beihilferechtlich belastbare Marktwertermittlung muss erst recht vor diesem Hintergrund aufgrund des Gebots zur Abbildung des tatsächlichen aktuellen Marktwerts des Bewertungsobjekts die dynamischen Wertentwicklungen auf dem relevanten Markt berücksichtigen, um das Vorliegen einer EU-beihilferechtsrelevanten Begünstigung ausschließen zu können.
Gemäß § 5 Abs. 1 S. 2 und 3 FlErwV ist der Verkehrswert (Marktwert) zunächst vorrangig anhand regionaler Wertansätze zu bestimmen. Diesen fehlt es jedoch in der Regel an Aktualität: Die regionalen Wertansätze werden im Wesentlichen aus den Bodenrichtwerten hergeleitet. Diese werden aus abgeschlossenen Kaufverträgen, die in den örtlichen Kaufpreissammlungen der Gutachterausschüsse (§ 195 BauGB) enthalten sind, ermittelt und im Allgemeinen nur im Zwei-Jahres-Rhythmus aktualisiert veröffentlicht. Die regionalen Wertansätze beziehen sich somit auf Kauffälle, die in der Regel zwei Jahre oder länger zurückliegen. Die in den letzten Jahren, insbesondere seit dem Jahr 2007, zu verzeichnende dynamische Entwicklung der landwirtschaftlichen Grundstücksmarktpreise bildet sich daher nur mit zeitlicher Verzögerung in den Bodenrichtwerten und den regionalen Wertansätzen ab. Deshalb bilden die regionalen Wertansätze – sofern sie nicht ausnahmsweise mit einem Aktualisierungsmechanismus verbunden sind – das aktuelle Marktgeschehen nur unzureichend ab. Aufgrund dessen ist die Marktwertermittlung anhand regionaler Wertansätze regelmäßig ungeeignet zur Ermittlung des tatsächlichen Marktwerts als der gerade im Transaktionszeitpunkt aktuelle Marktwert. Dies hat der EuGH in seinem Seydaland-Urteil vom 16. 12. 2010 ausdrücklich festgestellt:
§ 5 Abs. 1 FlErwV „sieht (…) eine Berechnungsmethode vor, die darin besteht, den Wert der landwirtschaftlichen Flächen im Verhältnis zu regionalen Wertansätzen zu ermitteln. Das vorlegende Gericht ist der Auffassung, dass diese Methode eine nur ungenaue Festsetzung des Marktwerts der zu veräußernden Flächen zulasse, weil sie insbesondere nicht den erheblichen Anstieg der Preise für landwirtschaftliche Flächen in Ostdeutschland seit 2007 wiedergebe. (…) Hierzu räumt die deutsche Regierung in ihren schriftlichen Erklärungen ein, dass diese Entwicklung der Marktpreise sich mit einer gewissen Verzögerung in den Bodenrichtwerten im Rahmen dieses Bewertungsverfahrens niederschlage. Zudem ist zu berücksichtigen, wie BVVG und die deutsche Regierung ausführen, dass diese Werte im Allgemeinen nur alle zwei Jahre aktualisiert werden. (…) Unter diesen Umständen ist festzustellen, dass (…) die auf regionalen Wertansätzen basierende Methode, wenn sie nicht mit einem Aktualisierungsmechanismus verbunden sein sollte, der – insbesondere in Zeiten eines starken Preisanstiegs – eine möglichst genaue Annäherung des Marktwerts an den Kaufpreis der Flächen erlaubt, nicht geeignet wäre, die realen Marktpreise widerzuspiegeln.“8
Demnach sind auf der Grundlage der regionalen Wertansätze ermittelte Werte EU-beihilferechtlich nicht belastbar und damit ungeeignet, das Nichtvorliegen einer EU-beihilferechtsrelevanten Begünstigung nachzuweisen.
Nur wenn eine Wertermittlungsmethode konkret geeignet ist, den tatsächlichen Marktwert des Bewertungsobjekts zu ermitteln, vermag sie – unabhängig von ihrer Aufführung in der Grundstücksmitteilung der Kommission – eine Begünstigung und damit eine Beihilfe i. S. d. Art. 107 Abs. 1 AEUV EU-beihilferechtlich belastbar auszuschließen.9 Das von der BVVG angewandte Vergleichspreissystem (VPS) führt nach diesem Maßstab zu EU-beihilferechtskonformen Grundstückskaufpreisen, da es sich an einer möglichst authentischen Markt- und Wettbewerbssimulation unter der Annahme eines offenen Angebots des Grundstücks am Markt orientiert, um den Marktwert eines zu bewertenden Grundstücks im Zeitpunkt der Grundstückstransaktion zu ermitteln, den ein hypothetischer privater Vergleichsverkäufer als Preis vereinbart hätte.
1. Auswahl der Vergleichswerte
Mit dem VPS hat die BVVG ein EDV-gestütztes System von internen10 und externen11 Vergleichswerten geschaffen, in das alle relevanten zugänglichen Vergleichsdaten zeitnah eingestellt werden. Die Aggregation sowohl externer als auch interner Daten nach ihren wertbildendenden Attributen (z. B. Größe, Bonität, Lage) ermöglicht eine umfassende Abbildung des Marktgeschehens und stellt sicher, dass die BVVG im Rahmen des VPS auf eine breite Datengrundlage zurückgreifen kann. Zugleich gewährleistet die Nichtberücksichtigung von Kaufpreisen, die nicht marktkonform zustande gekommen sind, z. B. von Kaufpreisen aus EALG-Verkäufen, die lediglich – um den Beihilfesatz bereinigt – zur Plausibilitätsprüfung, nicht dagegen als Vergleichswerte herangezogenen werden, dass die Wertermittlung mittels VPS nicht durch marktunangemessene Vergleichswerte verfälscht wird. Die von der BVVG gesammelten Daten werden darüber hinaus vor ihrer Einstellung in eine konkrete Wertermittlung auf ihre tatsächliche Vergleichbarkeit hinsichtlich der wesentlichen wertbestimmenden Eigenschaften wie Größe, Lage, Nutzungsart und Bodenqualität gerade mit dem konkreten Bewertungsobjekt überprüft. Durch die Filterung der Kauffälle nach den wertbildenden Eigenschaften der Grundstücke gewährleistet das VPS, dass die Wertermittlung nicht durch preisbeeinflussende Besonderheiten anderer Kauffälle, z. B. die Grundstücksgröße oder die Bonität eines Grundstücks, verzerrt wird. Im Rahmen des VPS ermittelt und schätzt die BVVG also – genau wie es ein hypothetischer privater Vergleichsverkäufer tun würde – vorab die auf der Käuferseite des relevanten Grundstücksmarkts vorherrschenden Präferenz- und Wertmerkmale, die den Grundstückspreis bei einem Angebot des Grundstücks am offenen Markt, z. B. im Rahmen einer offenen Ausschreibung, beeinflussen würden. Auch ein hypothetischer privater marktwirtschaftlich handelnder Vergleichsverkäufer würde diese wert- und preisbildenden Faktoren in seine Kalkulation des Kaufpreises einstellen.
2. Vergleichszeitraum
Das VPS bildet gerade das aktuelle Marktgeschehen ab, da regelmäßig und in kurzen Abständen alle relevanten zugänglichen Vergleichsdaten in das EDV-System eingespeist werden. Der Betrachtungszeitraum überschreitet dabei regelmäßig nicht das aktuelle Jahr und niemals mehr als die beiden zurückliegenden Jahre. Letzteres stellt dabei lediglich die Obergrenze des betrachteten Vergleichszeitraums dar. Sofern quantitativ ausreichend geeignete Vergleichsfälle aus jüngerer Vergangenheit zur Verfügung stehen, werden nur diese Fälle als Vergleichswerte herangezogen. Der dynamischen Wertentwicklung landwirtschaftlicher Grundstücke wird somit durch eine dynamische Sammlung und Auswahl der Vergleichswerte mit Blick auf den Bewertungsstichtag begegnet. Diese kontinuierliche Marktanpassung gewährleistet, dass das VPS das aktuelle Marktgeschehen ohne erhebliche zeitliche Verzögerung widerspiegelt. Mithin überschreitet der Vergleichszeitraum nicht den Zeitraum, auf den ein hypothetischer privater Vergleichsverkäufer sein Augenmerk richten würde.
3. Simulation einer authentischen wettbewerblichen Marktsituation
Das Vergleichspreissystem der BVVG berücksichtigt nicht nur alle wertbildenden und wertbestimmenden Faktoren, die auch ein „market economy vendor“ in seine Bewertung einbeziehen würde. Es stellt darüber hinaus sicher, dass nur Grundstücke, die hinsichtlich dieser Eigenschaften besonders gut miteinander vergleichbar sind, im Rahmen der Marktwertermittlung als Vergleichsmaßstab herangezogen werden, während z. B. aufgrund ihrer Größe, Lage, Bonitäten oder nicht marktkonformen Veräußerung (etwa „unter der Hand“) nicht oder nur eingeschränkt vergleichbare Grundstücke unberücksichtigt bleiben, so dass sie das Wertermittlungsergebnis nicht zu verfälschen vermögen. Durch den Vergleich mit möglichst zeitnahen, regelmäßig höchstens zwei Jahre zurückliegenden Verkäufen wird zudem sichergestellt, dass die Wertermittlung im Rahmen des VPS aktuelle Marktpreisentwicklungen auf dem relevanten Markt widerspiegelt. Dadurch wird das – wenn auch hypothetische, so doch realitätsnahe – Kaufpreisergebnis eines Angebots des Grundstücks am offenen Markt simuliert. Damit führt die Anwendung des VPS zum tatsächlichen Marktwert des Grundstücks i. S. d. Grundstücksmitteilung als dem Preis, „der zum Zeitpunkt der Bewertung aufgrund eines privatrechtlichen Vertrags über Bauten oder Grundstücke zwischen einem verkaufswilligen Verkäufer und einem ihm nicht durch persönliche Beziehungen verbundenen Käufer unter den [hypothetischen] Voraussetzungen zu erzielen ist, wobei das Grundstück offen am Markt angeboten wurde, die Marktverhältnisse einer ordnungsgemäßen Veräußerung nicht im Wege stehen und eine der Bedeutung des Objekts angemessene Verhandlungszeit zur Verfügung steht“12.
Das VPS stellt folglich eine EU-beihilferechtlich belastbare Marktsimulation dar, durch die der tatsächliche Marktwert eines Veräußerungsobjekts ermittelt und somit das Vorliegen einer EU-beihilferechtsrelevanten Begünstigung ausgeschlossen werden kann.
1. EU-beihilferechtliche Nachprüfungspflichten nationaler Gerichte
Mit dem Seydaland-Urteil hat der EuGH auch die nationalen Gerichte verpflichtet, auf die Einhaltung der unter III. dargelegten EU-beihilferechtlichen Anforderungen an die Marktwertermittlung von (landwirtschaftlichen) Grundstücken zu achten. So hat der EuGH im Seydaland-Urteil ausdrücklich entschieden, dass es Aufgabe der nationalen Gerichte sei, im konkreten Einzelfall jeweils
„zu prüfen, ob § 5 Abs. 1 FlErwV insbesondere im Licht eventuell anwendbarer weiterer nationaler Bestimmungen wie der Wertermittlungsverordnung vom 6. Dezember 1988 und (…) von § 404 Abs. 2 des deutschen Bürgerlichen Gesetzbuchs in einer Weise ausgelegt werden kann, die mit Art. 87 EG [jetzt Art. 107 AEUV] in Einklang steht. Im Übrigen ist noch darauf hinzuweisen, dass, auch wenn das vorlegende Gericht die Vereinbarkeit von § 5 Abs. 1 FlErwV mit Art. 87 EG [jetzt Art. 107 AEUV] feststellen sollte, nicht auszuschließen wäre, dass die in dieser Bestimmung des nationalen Rechts vorgesehene Methode in einigen Fällen zu einem vom Marktwert abweichenden Ergebnis führt. Gemäß der allen staatlichen Organen einschließlich der nationalen Gerichte und der Verwaltungsbehör[d]en obliegenden Verpflichtung, eine gegen das Unionsrecht verstoßende Bestimmung des nationalen Rechts außer Anwendung zu lassen, wären unter diesen Umständen das Gericht und die mit der Anwendung dieser Bestimmung betrauten Verwaltungsbehörden gehalten, diese nationale Bestimmung unangewandt zu lassen (…). Hierbei muss das nationale Gericht insbesondere berücksichtigen, dass dies gegebenenfalls die Verpflichtung mit sich bringt, alle Maßnahmen zu erlassen, um die volle Geltung des Unionsrechts zu erleichtern“13.
Demnach sind die nationalen Gerichte unionsrechtlich aufgrund des Anwendungsvorrangs und des Effektivitätsgrundsatzes (effet utile) des Unionsrechts sowie des Grundsatzes zur loyalen Zusammenarbeit (Art. 4 Abs. 3 EUV) verpflichtet, in jedem Einzelfall zu prüfen, ob die erfolgte Wertermittlung im konkreten Fall geeignet ist, den tatsächlichen Marktwert zu ermitteln. Ist dies nicht der Fall, hat das nationale Gericht aufgrund des Anwendungsvorrangs und des Effektivitätsgrundsatzes (effet utile) des Unionsrechts, wonach nationales Recht die Durchsetzung und Wirksamkeit des Unionsrechts nicht praktisch unmöglich machen oder übermäßig erschweren darf, „alle Maßnahmen zu erlassen, um die volle Geltung des Unionsrechts zu erleichtern“14. Das nationale Gericht darf also seiner Urteilsfindung keine zur Ermittlung des tatsächlichen Marktwerts i. S. d. EU-Beihilferechts ungeeignete Bewertung zugrunde legen. Die Erfüllung dieser Pflicht ist ihm denknotwendig nur dann möglich, wenn es die im Einzelfall durchgeführte Wertermittlung auf deren Geeignetheit zur Ermittlung des tatsächlichen Marktwerts gerade im konkreten Fall überprüft.
2. Beispiel: Der Fall Reichenbach
a. Sachverhalt
Im Fall Reichenbach15 begehrte die Klägerin als Käuferin landwirtschaftlicher Flächen von der BVVG als Verkäuferin die teilweise Rückzahlung des zwischen den Parteien kaufvertraglich vereinbarten Kaufpreises. Mit Urteil vom 27. 10. 2009 hat das erstinstanzlich zuständige LG Berlin, gestützt auf ein entsprechendes Sachverständigengutachten über den Verkehrswert (Marktwert) der veräußerten Flächen, dem Hauptantrag der Klage im Wesentlichen stattgegeben. Diese Entscheidung des LG Berlin wurde mit Urteil vom 26. 8. 2010 vom KG Berlin bestätigt, die Revision nicht zugelassen. Die hiergegen gerichtete Nichtzulassungsbeschwerde hat der BGH mit Beschluss vom 28. 4. 2011 zurückgewiesen. Damit ist das Urteil rechtskräftig geworden (§ 544 Abs. 5 S. 3 ZPO).
b. Nachprüfung der durchgeführten Wertermittlung im Fall Reichenbach durch die deutschen Gerichte
Die nationalen Gerichte lassen in ihren Entscheidungen im Fall Reichenbach – bei allem rechtswissenschaftlichen Respekt gegenüber den Entscheidungen von (Bundes-) Gerichten – die EU-beihilferechtlich gebotene einzelfallorientierte Auseinandersetzung mit dem Vorgehen des Sachverständigen bei der Wertermittlung vermissen. Sie haben nicht EU-beihilferechtlich belastbar nachgeprüft, ob die durchgeführte Wertermittlung gerade im konkreten Fall geeignet ist, den – von den nationalen Gerichten im Fall Reichenbach zudem EU-beihilferechtlich falsch definierten – Marktwert i. S. d. EU-Beihilferechts zu ermitteln. Stattdessen begründen sie die Geeignetheit des Sachverständigengutachtens als Grundlage ihrer Entscheidungen mit der Einhaltung des deutschen Wertermittlungsrechts und dessen bloß genereller Vereinbarkeit mit dem EU-Beihilferecht, ohne dies auf den Einzelfall und auf die zur konkreten Wertermittlung herangezogenen Vergleichsfälle bezogen geprüft zu haben.
(1) Umfang der Nachprüfungspflichten nationaler Gerichte
Statt die Geeignetheit der durchgeführten Wertermittlung insbesondere hinsichtlich der konkret herangezogenen Vergleichswerte und sonstigen Bewertungsfaktoren im konkreten Fall zu prüfen, beschränkten sich die Gerichte im Fall Reichenbach im Wesentlichen darauf, die generelle Vereinbarkeit des deutschen Wertermittlungsrechts mit dem EU-Beihilferecht und sodann die Einhaltung des deutschen Wertermittlungsrechts bei der Erstellung des in Rede stehenden Wertgutachtens zu prüfen. Zudem wiesen sie darauf hin, dass die vorgenommene Wertermittlung in der deutschen Wertermittlungspraxis üblich sei. Allein die Üblichkeit und der Verbreitungsgrad der Vorgehensweise eines Sachverständigen bei der Marktwertermittlung als solche vermögen deren EU-Beihilferechtskonformität jedoch ebenso wenig zu begründen wie die generelle Unionsrechtskonformität einer Vorschrift oder Vorgehensweise deren Unionsrechtskonformität auch im konkreten Einzelfall. Auf letzteres hat der EuGH in seiner Seydaland-Entscheidung vom 16. 12. 2010 ausdrücklich hingewiesen:
„Im Übrigen ist noch darauf hinzuweisen, dass, auch wenn das vorlegende Gericht die Vereinbarkeit von § 5 Abs. 1 FlErwV mit Art. 87 EG [jetzt Art. 107 AEUV] feststellen sollte, nicht auszuschließen wäre, dass die in dieser Bestimmung des nationalen Rechts vorgesehene Methode in einigen Fällen zu einem vom Marktwert abweichenden Ergebnis führt.“16
Demnach steht nur eine gerade am Einzelfall orientierte unionsrechtskonforme Auslegung und – falls eine unionsrechtskonforme Auslegung nicht möglich sein sollte – Nichtanwendung deutscher Wertermittlungsbestimmungen im Einklang mit dem EU-Beihilferecht. Die nationalen Gerichte hätten sich daher im Fall Reichenbach nicht auf eine pauschale Prüfung der bloß generellen Vereinbarkeit des deutschen Wertermittlungsrecht bzw. der deutschen Wertermittlungspraxis mit dem Unionsrecht beschränken dürfen. Vielmehr hätten sie die erfolgte Wertermittlung darauf prüfen müssen, ob sie gerade im konkreten Fall geeignet war, den tatsächlichen Marktwert zu ermitteln. Ohne eine solche – im Fall Reichenbach in allen Instanzen fehlende – Überprüfung der durchgeführten Wertermittlung hätte diese nicht der Entscheidungsfindung der Gerichte zugrunde gelegt werden dürfen.
(2) Marktwertdefinition
Die Verkennung der Ungeeignetheit des Vorgehens des Sachverständigen bei der Marktwertermittlung im Fall Reichenbach durch die nationalen Gerichte beruht nicht nur auf der soeben dargelegten Verkennung des Umfangs ihrer Nachprüfungspflicht. Vielmehr haben die nationalen Gerichte auch den Begriff des Marktwerts des EU-Beihilferechts falsch ausgelegt. Unter Marktwert ist – entgegen der Ansicht der nationalen Gerichte im Fall Reichenbach – gerade nicht der Durchschnittspreis aller „üblichen“ Verkäufe in einem bestimmten Gebiet unter Ausschluss allein „ungewöhnlicher“ Verkäufe zu verstehen, sondern der Preis, „den ein privater, unter normalen Wettbewerbsbedingungen handelnder Investor hätte festsetzen können“17, mithin der unter den konkreten Verkaufsbedingungen realistischerweise erzielbare Preis. Dieser orientiert sich an tatsächlich bei marktkonformen Verkäufen erzielten Preisen mit dem Veräußerungsobjekt besonders gut vergleichbarer Grundstücksflächen, nicht dagegen an einem (womöglich sogar vergangenheitsbezogenen) Durchschnittspreis aller Verkäufe aller möglicher Arten von Grundstücken.
c. Folgen der Nichtübereinstimmung der nationalen Gerichtsentscheidungen im Fall Reichenbach mit den EU-beihilferechtlichen Anforderungen an die Marktwertermittlung
Das Urteil des KG Berlin vom 26. 8. 2010 und der BGH-Beschluss vom 28. 4. 2011 entfalten nur Rechtskraftwirkung inter partes nach § 325 Abs. 1 ZPO. Denn das Unionsrecht sperrt solche erga omnes Wirkungen des KG-Urteils und des bundesgerichtlichen Beschlusses im Fall Reichenbach, welche die unionsrechtliche Verpflichtung mitgliedstaatlicher Organe einschließlich Gerichte und Verwaltungsbehörden zur eingehenden, praktisch wirksamen gerichtlichen Nachprüfung von (z. B. gutachterlichen) Wertermittlungen gerade im Hinblick auf deren Unionsrechtskonformität relativieren könnten. Die vom KG Berlin im Urteil Reichenbach entwickelten, vom BGH im Rahmen der Zurückweisung der Nichtzulassungsbeschwerde bestätigten Grundsätze zur gerichtlichen Nachprüfung der EU-Beihilferechtskonformität von Wertermittlungsverfahren einschließlich der kammergerichtlichen, unionsrechtlich nicht haltbaren Definition des Marktwertbegriffs dürfen daher anderen Gerichts- und Verwaltungsentscheidungen nicht mit – über die streitgegenständliche Rechtskraftwirkung inter partes hinausgehenden – rechtlichen wie faktischen erga omnes Wirkungen zugrunde gelegt werden.
Nach der Seydaland-Entscheidung des EuGH18 kann EU-beihilferechtlich jede zur Ermittlung des tatsächlichen Marktwerts geeignete Wertermittlungsmethode als Nachweis des Ausschlusses einer EU-beihilfetatbestandlichen Begünstigung i. S. d. Art. 107 Abs. 1 AEUV herangezogen werden.
Unter Marktwert ist dabei der Preis zu verstehen, „den ein [hypothetischer] privater, unter normalen Wettbewerbsbedingungen handelnder Investor hätte festsetzen können“19, mithin der unter den konkreten Verkaufsbedingungen realistischerweise erzielbare Preis (sog. „market economy vendor principle“). Dieser Preis, den ein (hypothetischer) privater, unter normalen Wettbewerbsbedingungen handelnder Investor hätte festsetzen können, ist als Marktpreis der Preis, zu dem eine Grundstücksfläche mindestens zu verkaufen ist, damit keine Beihilfe i. S. d. Art. 107 Abs. 1 AEUV vorliegt.20
Das VPS der BVVG stellt gerade im Lichte der Seydaland-Entscheidung des EuGH ein EU-beihilferechtskonformes – da zur Ermittlung des tatsächlichen Marktwerts geeignetes – System der Marktwertermittlung dar. Daher kann die BVVG im Rahmen von Direktverkäufen landwirtschaftlicher Grundstücke das Vorliegen einer EU-beihilferechtsrelevanten Begünstigung ausschließen, indem sie den (Mindest-)
Kaufpreis mittels des VPS bestimmt. EU-beihilferechtlich zwingend ist die Anwendung des VPS allerdings nicht. Sowohl der BVVG als auch den nationalen Gerichten steht es frei, im Rahmen von Rechtsstreitigkeiten über den marktgerechten Kaufpreis eines von der BVVG im Direktverfahren verkauften landwirtschaftlichen Grundstücks die Marktangemessenheit des Kaufpreises anhand anderer Berechnungsmethoden zu bestimmen, sofern die konkret angewandte Methode das aktuelle Marktgeschehen und den realen Marktpreis abbildet. Denn der Ausschluss einer EU-beihilferechtsrelevanten Begünstigung hängt allein von der konkreten Geeignetheit einer Verkehrswert- bzw. Marktwertermittlung ab, den tatsächlichen Marktwert des zu bewertenden Grundstücks zu ermitteln. Diese Voraussetzung erfüllen auf regionalen Wertansätzen oder auf durchschnittlichen Bodenrichtwerten beruhende Wertermittlungen aufgrund der Vergangenheitsbezogenheit dieser Werte nicht, sofern die Bestimmung der regionalen Wertansätze oder Bodenrichtwerte nicht (ausnahmsweise) einen Aktualisierungsmechanismus vorsieht, um die umgehende (unverzögerte) Abbildung des aktuellen Marktgeschehens in der Wertermittlung zu gewährleisten.
Mit der Frage der EU-beihilferechtskonformen Wertermittlung von Grundstückspreisen befasste deutsche Gerichte sind nach Maßgabe der tragenden Urteilsgründe des Seydaland-Urteils des EuGH gehalten, sich von der pauschalen Prämisse der generellen Vereinbarkeit von EU-Beihilferecht und deutschem Wertermittlungsrecht sowie der Auslegung des Marktwertbegriffs des EU-Beihilferechts nach dem vom BGH mit Beschluss vom 28.04.2011 gebilligten Urteil des KG Berlin vom 26.08.2010 abzuwenden oder bei Zweifeln an dieser unionsrechtlich gebotenen Nichtanwendung der KG-Grundsätze zumindest erneut beim EuGH vorzulegen. Nur so können die mitgliedstaatlichen Gerichte ihrer unionsrechtlichen Pflicht genügen, „eine gegen das Unionsrecht verstoßende Bestimmung des nationalen Rechts [und daher auch und erst recht unionsrechtswidrige Gerichtsurteile] außer Anwendung zu lassen“21 sowie „alle Maßnahmen zu erlassen, um die volle Geltung des Unionsrechts zu erleichtern“22.
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Quellen: