auf der Internationalen Grünen Woche 2017 in Berlin
Thema: Bodenkauf trotz Agrarpreiskrise!?
Termin: 24. 1. 2017, 11.00 – 14.00 Uhr
Ort: Messe Berlin, Großer Stern, Raum Hong Kong
Veranstalter: Redaktion agrarmanager und Briefe zum Agrarrecht, dlv Deutscher Landwirtschaftsverlag, www.agrarmanager.com
Ende 2016 ist das neue Sonderheft Bodenmarkt 8 mit aktuellen Analysen und Statistiken zum deutschen Bodenmarkt erschienen.
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Auf dieser CD-ROM finden Sie alle 22 Jahrgänge von Briefe zum Agrarrecht (1993 bis 2014).
Die CD bietet umfangreiche Informationen der Briefe in Beiträgen, Dokumenten und Rechtsprechung zum Agrar- und Unternehmensreh. sowie zum Bodenmarkt.
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Beteiligung der Öffentlichkeit in Planungs- und Genehmigungsverfahren
Das gemeinsam vom Deutschen Bauernverband, der Deutschen Gesellschaft für Agrarrecht und der Edmund Rehwinkel-Stiftung der Landwirtschaftlichen Rentenbank1 veranstaltete Forum machte auf ein bedeutsames rechtliches Problem aufmerksam, das die Landwirtschaft in besonderem Maße berührt. Zusammenfassend machte der Generalsekretär des Deutschen Bauernverbandes, Dr. Helmut Born, auf die zwei Seiten der Betroffenheit von Landwirten aufmerksam: „Wenn es um die Beteiligung der Öffentlichkeit in Planungs- und Genehmigungsverfahren geht, gibt es keine einfachen Antworten, denn Landwirte sind sowohl als Investor wie auch als Eigentümer oder Bewirtschafter beplanter Flächen betroffen."2 Er meinte, am aktuellen Beispiel des anstehenden Netzausbaus im Rahmen der Energiewende zeige sich, dass die Einbeziehung der unmittelbar Betroffenen oft völlig unzureichend sei.
Der Verwaltungsrechtsexperte Dr. Heribert Schmitz aus dem Bundesinnenministerium erläuterte die Möglichkeiten und Grenzen für die Ausweitung der Öffentlichkeitsbeteiligung aus der Sicht des Gesetzgebers. Er stellte die im Entwurf vorliegenden Änderungen von Gesetzen vor, die im Lichte von Stuttgart 21 und anderen Ereignissen der letzten Zeit erarbeitet worden sind.3
Zum einen geht es um die mit dem Planungsvereinheitlichungsgesetz vorgesehene frühe Öffentlichkeitsbeteiligung. Dazu soll § 25 des Verwaltungsverfahrensgesetzes (VwVfG) folgenden neuen Absatz 34 erhalten:
„(3) Die Behörde wirkt darauf hin, dass der Träger bei der Planung von Vorhaben, die nicht nur unwesentliche Auswirkungen auf die Belange einer größeren Zahl von Dritten haben können, die betroffene Öffentlichkeit frühzeitig über die Ziele des Vorhabens, die Mittel, es zu verwirklichen, und die voraussichtlichen Auswirkungen des Vorhabens unterrichtet (frühe Öffentlichkeitsbeteiligung). Die frühe Öffentlichkeitsbeteiligung soll möglichst bereits vor Stellung eines Antrags stattfinden. Der betroffenen Öffentlichkeit soll Gelegenheit zur Äußerung und zur Erörterung gegeben werden. Das Ergebnis der vor Antragstellung durchgeführten frühen Öffentlichkeitsbeteiligung soll der Behörde spätestens mit der Antragstellung, im Übrigen unverzüglich mitgeteilt werden. Satz 1 gilt nicht, soweit die betroffene Öffentlichkeit bereits nach anderen Rechtsvorschriften vor der Antragstellung zu beteiligen ist. Beteiligungsrechte nach anderen Rechtsvorschriften bleiben unberührt."
Damit soll die Regelungen für eine neue Form einer freiwilligen Öffentlichkeitsbeteiligung noch vor Beginn des eigentlichen Genehmigungsverfahrens getroffen werden. Da die Regelung im allgemeinen Teil des Verwaltungsverfahrensgesetzes bei den Verfahrensgrundsätzen eingeführt wird, gilt sie damit – wie Schmitz erläuterte – nicht nur für das Planfeststellungsverfahren, sondern generell für Vorhaben mit Auswirkungen auf eine größere Zahl von Betroffenen (z.B. auch bei immissionsschutzrechtlichen Anlagengenehmigungen). Die frühe Öffentlichkeitsbeteiligung umfasse
Schmitz betonte, es solle aber keine Verpflichtung der Behörde oder des Vorhabenträgers zur Durchführung des Verfahrens geben. Diese könne bei Bedarf im Fachrecht angeordnet werden. Eine verpflichtende Regelung sei nicht zweckmäßig und wäre auch problematisch, denn bei privaten Vorhabenträgern stelle eine gesetzliche Verpflichtung einen Eingriff in die allgemeine Handlungsfreiheit dar, der einer ausreichenden Rechtfertigung bedürfte. Aber die Behörde könne die frühe Öffentlichkeitsbeteiligung dafür nutzen, ihrer Pflicht zur umfassenden Ermittlung des Sachverhaltes nachzukommen.
Überhaupt sei das Ganze eine „Regelung mit Signalwirkung"; wenn sie gewirkt habe, könne man darauf auch verzichten.
Der Kreis potenzieller Einwender bei einer frühen Öffentlichkeitsbeteiligung kann deutlich größer sein als der Kreis potenzieller Einwender im eigentlichen Planfeststellungs- oder Genehmigungsverfahren. Rechtserhebliche Einwendungen sind im anschließenden Verwaltungsverfahren deshalb nicht ausgeschlossen, wenn sie bei der frühen Öffentlichkeitsbeteiligung nicht vorgebracht wurden, unterstrich Schmitz.
Der Passus sei bewusst sehr weit gefasst. Es müssten drei Voraussetzungen erfüllt sein: Das Vorhaben muss überhaupt eine „Außenwirkung" haben, diese muss ein besonderes Gewicht haben und schließlich muss ein größerer Personenkreis davon betroffen sein. Die Anwendbarkeit der neuen Vorschrift hängt ganz wesentlich von der Bedeutung des Vorhabens ab, die wiederum von den zu erwartenden Auswirkungen bestimmt wird. Als Indiz für die Anwendbarkeit kann sicher das Erfordernis einer Öffentlichkeitsbeteiligung im förmlichen Verfahren gelten. Aber es fällt weder jedes planfeststellungspflichtige oder einer sonstigen Genehmigungspflicht unterliegende Vorhaben in den Anwendungsbereich, noch sind bestimmte Genehmigungsverfahren von vornherein ausgeschlossen.
Zum Anderen sei eine weitere Verbesserung unter dem Gesichtspunkt Öffentlichkeitsbeteiligung mit dem geplanten E-Governmentgesetz vorgesehen, erklärte Schmitz. Der Musterentwurf der Verwaltungsverfahrensrechtsreferenten des Bundes und der Länder, wie der Bund in den Arbeits-Entwurf eines E-Government-Gesetzes mit Stand Juni 2012 eingestellt habe, sehe folgenden § 27a VwVfG vor:
„Öffentliche Bekanntmachung im Internet
(1) Ist durch Rechtsvorschrift eine öffentliche oder ortsübliche Bekanntmachung angeordnet, soll die Behörde deren Inhalt zusätzlich im Internet veröffentlichen. Dies wird dadurch bewirkt, dass der Inhalt der Bekanntmachung auf einer Internetseite der Behörde oder ihres Verwaltungsträgers zugänglich gemacht wird. Bezieht sich die Bekanntmachung auf zur Einsicht auszulegende Unterlagen, sollen auch diese über das Internet zugänglich gemacht werden. Soweit durch Rechtsvorschrift nichts anderes geregelt ist, ist der Inhalt der zur Einsicht ausgelegten Unterlagen maßgeblich.
(2) In der öffentlichen oder ortsüblichen Bekanntmachung ist die Internetseite anzugeben."
Mit dem „soll" in Abs. 1 sei allerdings ein Verhandlungsspielraum der Behörde gegeben, so Schmitz. Diskussionen gäbe es noch zur Qualität der Bekanntmachung. Man müsse bedenken, dass zu einer Bekanntmachung im Internet weltweiter Zugang bestehe und deshalb sensibel mit Geschäftsgeheimnissen umgegangen werden müsse.
Schmitz verwies zusammenfassend darauf, dass eine „maßvolle Fortentwicklung des Rechts angesichts der aktuellen Ereignisse" erforderlich sei. Die Änderungen müssten dann auch in den letztendlich maßgebenden Landesgesetzen umgesetzt werden, was durch eine gründliche Abstimmung im Vorfeld erreicht werden könne.
Prof. Dr. Bernhard Stüer von der Universität Münster diskutierte das Für und Wider von neuen Instrumenten wie der Information der Bürger z. B. mittels Internet. Die Verwaltung habe hier eine „Bringschuld". Sie müsse die Bürger informieren und die Unterlagen präsentieren. Das sei auch aus der Sicht des Europarechts zu sehen. Auch die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes zum Nachtflugverbot5 habe die Notwendigkeit unterstrichen, dass alle wesentlichen Unterlagen offengelegt werden müssen.
Der Verwaltungsrechtler forderte von der Politik klare Entscheidungen zur Öffentlichkeitsbeteiligung. Sie müsse dann aber konsequent dazu stehen. Stüer betonte jedoch, dass Entscheidungen am Ende von Planungsprozessen auch von allen akzeptiert werden müssten.
Erforderlich sei eine Vereinfachung von Planungsprozessen. „Volksabstimmungen" für die Bauleitplanung hält Prof. Stüer nur beschränkt für möglich, der Aufwand sei zu hoch. Generell sei „der Bürger nicht als Gegner, sondern als Partner" zu sehen.
Prof. Dr. Matthias Dombert aus Potsdam berichtete von den Erfahrungen aus seiner Anwaltstätigkeit. Bei der Vertretung von Landwirten in Stallbauverfahren habe er die Erkenntnis gewonnen, dass „ein Ausbau der Öffentlichkeitsbeteiligung nicht zu einer höheren Rechtsqualität der getroffenen Entscheidungen führen werde". Man müsse bedenken, dass die „Nachbarn" eine heterogene Gruppe seien. Es gebe einen deutlichen Unterschied zwischen dem Bürger als Nachbar und den „institutionellen Einwendern“, wie z. B. häufig der Umweltschutzorganisation BUND. „Kennzeichen von „Nachbarwiderständen" ist vielfach nicht der Versuch, konkrete Betroffenheit vor Ort zu artikulieren, sondern ist in vielen Fällen von gesellschaftspolitischer Interessenwahrnehmung geprägt“, schlussfolgerte der DGAR-Vorsitzende. In der Praxis würden bei landwirtschaftlichen Vorhaben alle möglichen Formen von Bürgerbeteiligungen vorkommen. Dombert nannte als ein Extrembeispiel: Sperrgrundstücke – „vom Leukämiekranken erworben".
Die Landwirtschaft – so Dombert – habe mit einem Gesetzgeber zu rechnen, der ihr keine besondere, privilegierte Stellung einräume. Er konstatiert: „Die Entfremdung der Gesellschaft von agrarbezogenen Produktionsvorgängen erschwert die Umsetzung landwirtschaftlicher Investitionsvorhaben. Der gesellschaftlichen Entfremdung entspricht eine Rechtspolitik, die immer weniger bereit ist, auf die besonderen Standortbedingungen der Landwirtschaft Rücksicht zu nehmen."
Zudem würden die Verfahren in der Landwirtschaft durch gesellschaftspolitische Fragestellungen eher belastet und verlängert. Wichtig sei aus seiner Sicht eine „Imageinitiative" der Landwirtschaft im Sinne einer „Imagekorrektur". Die Vertreter der Landwirte könnten zudem aktiv zur Formulierung von Verwaltungsvorschriften beitragen und dann auch eine „Verwaltungsvorschriftenhilfe" einrichten. (bö)