auf der Internationalen Grünen Woche 2017 in Berlin
Thema: Bodenkauf trotz Agrarpreiskrise!?
Termin: 24. 1. 2017, 11.00 – 14.00 Uhr
Ort: Messe Berlin, Großer Stern, Raum Hong Kong
Veranstalter: Redaktion agrarmanager und Briefe zum Agrarrecht, dlv Deutscher Landwirtschaftsverlag, www.agrarmanager.com
Ende 2016 ist das neue Sonderheft Bodenmarkt 8 mit aktuellen Analysen und Statistiken zum deutschen Bodenmarkt erschienen.
Bestellen Sie hier bequem online Ihr Heft.
Auf dieser CD-ROM finden Sie alle 22 Jahrgänge von Briefe zum Agrarrecht (1993 bis 2014).
Die CD bietet umfangreiche Informationen der Briefe in Beiträgen, Dokumenten und Rechtsprechung zum Agrar- und Unternehmensreh. sowie zum Bodenmarkt.
Bestellung hier.
RA Dr. habil. Lothar Schramm, Potsdam
Anmerkungen zum Beschluss des BGH vom 29.11.2013 – BLw 2/12
|
Die Diskussion um die Versagungsgründe nach dem GrdstVG hört nicht auf. Das belegt die Entscheidung des Bundesgerichtshofes vom 29. 11. 20131 nachdrücklich. Der Beschluss wurde in Heft 3 der Briefe zum Agrarrecht (BzAR) ab Seite 104 veröffentlicht.
Zeitnah hierzu sind wenigstens zwei weitere Entscheidungen ergangen. Es handelt sich zum einen um den Beschluss des OLG Stuttgart vom 21.10.20132 – 101 W 2/2012 und zum anderen um den Beschluss des OLG Jena vom 20.12.20133 – Lw U 538/13.
Mit diesen Entscheidungen ist unverkennbar weitere „Bewegung in die bisherige Rechtsprechung“ zu den Versagungsgründen nach §9 Abs.1 Nr.1 GrdstVG wegen ungesunder Bodenverteilung und §9 Abs.1 Nr.3 GrdstVG wegen des Preismissverhältnisses geraten.4
Das mag zwar auf den ersten Blick so nicht erkennbar sein. Dennoch sollen die nachfolgenden Ausführungen diese Einschätzung und zugleich belegen, dass hierdurch auch der Blick für ggf. bereits vergessene Entscheidungen zu dieser Problematik wieder etwas geschärft wird.
Da der Inhalt des BGH-Beschlusses vom 29.11.2013 dem Leser bekannt ist, und die beiden Beschlüsse des OLG Jena bzw. des OLG Stuttgart nunmehr an dieser Stelle ebenfalls vorgestellt wurden, sollen hierzu lediglich erste Konsequenzen aus möglichen Anwendungsfällen in der Praxis vorgestellt werden, die ggf. weiterer Diskussion und Ergänzungen bedürfen.
Hierzu zwei Fallgestaltungen mit Varianten und dazu die Entscheidungsmöglichkeiten sowie die Ergebnisse und Folgen:
Erste Fallgestaltung
Es kauft ein Nicht-Landwirt ein der Genehmigungspflicht nach GrdstVG unterliegendes landwirtschaftliches Grundstück zu einem Preis, der oberhalb des Preismissverhältnisses nach §9 Abs.1 Ziff.3 GrdstVG liegt.
Ein Landwirt ist (dennoch) bereit, das Grundstück zu den Bedingungen des Kaufvertrages und damit zu dem überteuerten Kaufpreis zu erwerben.
Variante 1:
Die Behörde legt den Kaufvertrag dem Siedlungsunternehmen zum Zwecke der Ausübung des siedlungsrechtlichen Vorkaufsrechtes vor und rügt im Anhörungsverfahren und Zwischenbescheid den Versagungsgrund der ungesunden Bodenverteilung nach §9 Abs.1 Ziff.1 GrdstVG, nicht aber den „überteuerten“ Kaufpreis.
Entscheidungsmöglichkeiten:
a) Das Siedlungsunternehmen übt das siedlungsrechtliche Vorkaufsrecht zugunsten des Landwirts mit dem Ergebnis aus, dass dem Kaufvertrag mit dem Nicht-Landwirt die Genehmigung versagt ist.
Die Voraussetzungen für die Versagung nach §9 Abs.1 Nr.1 GrdstVG liegen vor, weil „landwirtschaftlich genutzter Boden an einen Nicht-Landwirt veräußert werden soll und ein Landwirt das Grundstück zur Aufstockung seines Betriebes dringend benötigt und zum Erwerb bereit und in der Lage ist, die Flächen zu den Bedingungen des Kaufvertrages zu erwerben“ (BGH, Beschl. v. 29.11.2013, a.a.O., S.106, Rn. 29).
Die Versagung hätte beim Ankauf durch den Landwirt ohnehin nicht so ohne weiteres auf §9 Abs.1 Nr.3 GrdstVG gestützt werden können (s.u.).
b) Das Siedlungsunternehmen übt das Vorkaufsrecht nicht aus.
Der Kaufvertrag gilt als genehmigt, sofern es sich nur um landwirtschaftliche Flächen handelt und die Versagung nur auf §9 Abs.1 Nr.1 GrdstVG gestützt wird, auf den aber gerade in diesem Fall nach §9 Abs.5
GrdstVG nicht zurückgegriffen werden kann. Das Kaufinteresse des Landwirts bleibt meines Erachtens unberücksichtigt.
Anmerkung:
Ein Rückgriff auf §9 Abs.1 Nr.3 GrdstVG wäre auch beim Ankauf dieser Flächen durch einen Landwirt nur im Ausnahmefall möglich.
Denn durch diesen Versagungsgrund soll in erster Linie verhindert werden, dass nicht durch einen überhöhten Preis ein Landwirt am Erwerb gehindert ist (vgl. OLG Dresden, Beschl. v. 26. 7. 2007?5). Die Prüfung, ob Preise eine vernünftige Rendite garantieren, liegt ausschließlich beim Landwirt und nicht beim Gericht (so auch OLG Jena, Beschl. v. 24.6.20136 sowie OLG Stuttgart, Beschl. v. 29. 3. 20117), sofern sich diese Kalkulation innerhalb des „möglichen Rahmens“ bewegt.
Ergebnis:
Bei Ausübung des Vorkaufsrechts folgt Genehmigungsversagung.
Bei Nichtausübung gilt der Vertrag als genehmigt.
Variante 2:
Die Behörde versagt nach Anhörung der Beteiligten innerhalb der Regelfrist von einem Monat bzw. innerhalb von zwei Monaten nach Eingang des Kaufvertrages dem Vertrag die Genehmigung gem.?§?9 Abs.?1 Nr.?1 GrdstVG mit Hinweis auf die beabsichtigte Veräußerung von Landwirtschaftsflächen an einen Nichtlandwirt und das Interesse eines aufstockungsbedürftigen Landwirtes und dessen Bereitschaft, die Fläche zu den Bedingungen des Kaufvertrages zu erwerben (s.o.).
Den Vertrag legt die Behörde dem Siedlungsunternehmen nicht vor. Der Kaufpreis wird ebenfalls nicht mit Hinweis auf §9 Abs.1 Nr.3 GrdstVG gerügt.
Folgen:
a) Die Behörde hat trotz Vorliegen der Voraussetzungen zur Ausübung der Erklärung über das Vorkaufsrecht nach §9 Abs.5
GrdstVG und §4 RSG den Vertrag dem Siedlungsunternehmen und der Siedlungsbehörde nicht vorgelegt und auch nicht den Kaufpreis gerügt. Der Vertrag gilt als genehmigt. Eine Versagung wäre nur mit Hinweis auf §9 Abs.1 Nr.1 GrdstVG möglich (§9 Abs.5 sowie obige Ausführungen).
b) Nach §?9 Abs.?5 GrdstVG darf, wenn die Voraussetzungen vorliegen, unter denen das Vorkaufsrecht nach dem RSG ausgeübt werden kann – das Vorkaufsrecht aber nicht ausgeübt wird – die Genehmigung nach § 9 Abs.1 Nr.1 GrdstVG wegen ungesunder Bodenverteilung nur versagt werden, wenn es sich um die Veräußerung eines land- oder forstwirtschaftlichen Betriebes handelt.
c) Da hier die Voraussetzungen für die Ausübung des Vorkaufsrechts nach §?4 Abs. 1 RSG vorliegen und es sich um ein der Genehmigungspflicht unterliegendes landwirtschaftliches Grundstück handelt, unterliegt der Vertrag insoweit insgesamt dem Vorkaufsrecht.
In diesem Falle steht es der Nichtausübung des siedlungsrechtlichen Vorkaufsrechts gleich, wenn die Genehmigungsbehörde davon absieht, den Vertrag über die Siedlungsbehörde dem Siedlungsunternehmen vorzulegen. „Die Vorlagepflicht nach § 12 GrdstVG entfällt nicht, wenn der in dem Vertrag vereinbarte Kaufpreis in einem groben Missverhältnis zum Wert des Grundstücks im Sinne von §?9 Abs.?1 Nr.?3 GrdstVG steht. Aus dem Gesetz ergibt sich nicht, dass die Genehmigungsbehörde in einem solchen Fall berechtigt ist, von der Vorlage abzusehen.“ (OLG Jena, Beschl. v. 20.?12.?2013, a.a.O., Rn. 9 mit Hinweis auf BGH, NJW 1966, 2310, m.w.N.). Das hat zur Folge, dass der Vertrag in einem solchen Fall ohne weitere Prüfung zu genehmigen ist, sofern nicht ein anderer Versagungsgrund vorliegt. Ein solcher Grund wurde aber hier nicht benannt.
d) Das OLG Jena hält diese Auslegung auch dann für zutreffend, wenn ein überhöhter Kaufpreis im Sinne von §9 Abs.1 Nr.3 GrdstVG vorliegt und knüpft hier an OLG Frankfurt/Main8, Netz9 und den Beschluss des Senats des OLG Jena vom 24.6.201310 an und versagt dem Vertrag nur mit Hinweis auf das Preismissverhältnis nach §9 Abs.1 Nr.3 GrdstVG die Genehmigung, weil diese Voraussetzungen gesondert geprüft und bejaht wurden, nachdem hierauf bereits im Versagungsbescheid ausdrücklich hingewiesen wurde (vgl. Begründung Ziff.3).
Ergebnis:
Eine allein auf §9 Abs.1 Nr.1 GrdstVG gestützte Versagung der Genehmigung ist bei Nichtvorlage des Vertrages zur Ausübung des Vorkaufsrechts in dieser Fallgestaltung nicht möglich und rechtlich gem. §22 GrdstVG angreifbar.
Das wird meines Erachtens in der Praxis zuweilen von Genehmigungsbehörden wie auch von den Partnern des Kaufvertrages übersehen.
Zweite Fallgestaltung
Der Genehmigungspflicht unterliegende Landwirtschaftsflächen sollen an einen Nichtlandwirt zu einem überhöhten Preis im Sinne des §9 Abs.1 Ziff.3 GrdstVG veräußert werden. Ein Landwirt bekundet gegenüber der Genehmigungsbehörde unter Nachweis seines Aufstockungsbedarfs Interesse am Ankauf und seine Bereitschaft, einen Preis zu zahlen, der die Preisobergrenze des § 9 Abs.1 Ziff.3 GrdstVG nicht überschreitet. Er ist also bereit, einen Kaufpreis zu zahlen, der den innerlandwirtschaftlichen Verkehrswert nicht um mehr als 50 % übersteigt.
Variante 1:
Die Behörde versagt dem Grundstückskaufvertrag die Genehmigung allein mit Hinweis auf §9 Abs.1 Nr.1 GrdstVG wegen ungesunder Bodenverteilung. Auch später wird der Versagungsgrund eines Preismissverhältnisses nach §9 Abs.1 Nr.3 GrdstVG nicht angeführt.
Folgen:
Nach meiner Auffassung kann der (alleinige) Hinweis auf §?9 Abs.?1 Nr.?1 GrdstVG auch hier nicht zu einer wirksamen Versagung der Genehmigung des Kaufvertrages führen. Hierfür sind vor allem folgende Gründe ursächlich:
a) Der Versagungsgrund nach §9 Abs.1 Nr.1 GrdstVG bzw. in dem vom OLG Stuttgart mit Beschluss vom 21.10.2013 zu entscheidenden Fall nach §7 Abs.1 Nr.1 ASVG Baden-Württemberg greift grundsätzlich nur dann, wenn der erwerbswillige Interessent bereit ist, „zu den Bedingungen des Kaufvertrages“ (vgl. BHG, Beschl. v. 29.11.2013, a.a.O.) das Grundstück zu erwerben und somit „den mit dem Käufer vereinbarten Kaufpreis zu bezahlen“ (so OLG Stuttgart im vorgenannten Beschl. v. 21.10.2013, Rn. 27/28).
b) Liegt ein grobes Missverhältnis im Sinne des §?9 Abs.?1 Ziff.?3 GrdstVG vor, muss zwar – wie das OLG Stuttgart zu Recht an gleicher Stelle hervorhebt – der Erwerbsinteressent nicht bereit sein, diesen überhöhten Preis zu zahlen, sondern lediglich „den vom Gesetz nicht missbilligten Preis (BGH, Beschl. v. 25.?5.?1966, NJW, 1966, 2309)“.
Dies setzt meines Erachtens allerdings wiederum voraus, dass die Versagung auch auf diesen Versagungsgrund wie z.?B. in der von dem OLG Stuttgart zu entscheidenden Fallgestaltung gestützt wird. Meines Erachtens wurde hier zunächst die Genehmigungsversagung, auch auf den Versagungsgrund des §?7 Abs.?1 Nr.?1 ASVG (bzw.?§?9 Abs.?1
GrdstVG) gestützt. Sowohl Amtsgericht als auch Antragstellerin haben sich zugleich mit dem Versagungsgrund des Preismissverhältnisses nach § 9 Abs. 1 Nr. 3 GrdstVG – bzw. hier § 7 Abs. 1 Nr. 3 ASVG Baden-Württemberg – auseinandergesetzt.
Das OLG Stuttgart sah aber die angegriffene Entscheidung der Genehmigungsbehörde und des Amtsgerichtes (nur) deshalb als zutreffend an, „weil die Voraussetzungen einer Versagung gem. §?7 Abs.?1 Nr.?3 ASVG erfüllt sind“, also gewissermaßen nach §9 Abs.1 Nr.3 GrdstVG (vgl. wiederum OLG Stuttgart, Rn. 21).
c) Weiteres Nachdenken hierüber wäre in dieser Fallgestaltung zu dem deshalb nicht erforderlich, weil aus den bereits genannten Gründen bei Vorliegen eines Versagungsgrundes nach §?9 Abs.?1 Nr.?1 GrdstVG die Behörde verpflichtet wäre, den Vertrag Siedlungsbehörde und Siedlungsunternehmen zum Zwecke der Ausübung des siedlungsrechtlichen Vorkaufsrechtes vorzulegen, was aber nach obiger Fallgestaltung nicht erfolgt ist.
Variante 2:
Gleiche Ausgangsposition wie bei zweiter Fallgestaltung. Der Unterschied besteht darin, dass die Genehmigungsbehörde den Vertrag zum Zwecke der Ausübung des siedlungsrechtlichen Vorkaufsrechtes an das Siedlungsunternehmen weiterleitet, das Siedlungsunternehmen aber von der Ausübung des siedlungsrechtlichen Vorkaufsrechtes mit Hinweis auf das Preismissverhältnis keinen Gebrauch macht. Behörde und Gericht Versagen dem Vertrag dennoch die Genehmigung mit Hinweis auf §9 Abs. 1 Nr.1 und Nr.3 GrdstVG.
Folgen:
a) Die alleinige Versagung der Genehmigung mit Hinweis auf §9 Abs.1 Ziff.1 GrdstVG wäre wiederum nicht ausreichend. Dies schon deshalb, weil bei Nichtausübung des siedlungsrechtlichen Vorkaufsrecht „der Vertrag in einem solchen Fall ohne weitere Prüfung zu genehmigen (ist), sofern nicht ein anderer Versagungsgrund vorliegt“ (BGH, NJW, 1966, 2310, m.w.N. sowie OLG Jena vom 20.12.2013 a.a.O., Rn. 8, siehe auch obige Ausführungen).
b) Vorliegend käme aber auf Grund der Bereitschaft eines aufstockungsbedürftigen und erwerbswilligen Landwirtes zum Erwerb der Flächen zu einem zwar überhöhten, jedoch „vom Gesetz nicht missbilligten Preis“ der Versagungsgrund des §9 Abs.1 Nr.3
GrdstVG hinzu. Zu diesem Ergebnis gelangen auch OLG Jena und OLG Stuttgart mit den bereits zitierten gerichtlichen Entscheidungen ebenso weitere Oberlandesgerichte, auf die der BGH in seiner Entscheidung vom 29.11.2013 hinweist.
Dennoch soll die Begründung nochmals näher untersetzt werden, weil es hierzu in der Praxis immer wieder Probleme gibt.
aa) Nach BGH vom 29.11.2013 ist § 9 Abs.1 Nr.3 GrdstVG einschlägig, wenn der vereinbarte Kaufpreis den landwirtschaftlichen Verkehrswert des Grundstücks um mehr als 50 % übersteigt und hierdurch ungünstigere Auswirkungen auf die Agrarstruktur zu erwarten sind. Hiervon ist stets auszugehen, wenn „ein erwerbsbereiter Landwirt vorhanden“ ist (vgl. BGH, a.a.O., Rn.32 und 33 mit weiteren Nachweisen).
Der BGH nimmt zwar keine Eingrenzungen in dieser Entscheidung dahingehend vor, was unter einem „erwerbswilligen“ Landwirt zu verstehen ist. Er macht aber in der Entscheidung deutlich, dass die Rechtsbeschwerde der BVVG dann unbegründet sei, wenn sie europarechtlich nicht gehalten ist, das Grundstück zu einem in der Ausschreibung erzielten Höchstpreis zu verkaufen, obgleich der Kaufpreis in einem Missverhältnis zum Gegenwert nach §9 Abs.1 Nr.3 GrdstVG steht.
bb) Dies hätte zur Folge, dass dem notariellen Kaufvertrag vom 31.3.2008 zurecht die Genehmigung nach §9 Abs.1 Ziff.3 GrdstVG versagt wurde, weil der im öffentlichen Bieterverfahren erzielte Kaufpreis den vom Sachverständigen ausgewiesenen landwirtschaftlichen Verkehrswert um mehr als 50 % übersteigt und ein Verkauf zu diesem Preis ungünstigere Auswirkungen auf die Agrarstruktur hätte, da sich ein als Zeuge vernommener Landwirt bereit erklärte, das Grundstück zu einem Preis zu erwerben, der bis zu 50 % über dem landwirtschaftlichen Verkehrswert liegt.
c) Damit hat der BGH meines Erachtens erstmalig die bisher gängige Rechtsprechung der Oberlandesgerichte ausdrücklich bestätigt und zugleich eine Präzisierung zu den bisherigen Anforderungen an §9 Abs.1 Ziff.3 GrdstVG insoweit vorgenommen, als nunmehr nicht nur auf einen erwerbswilligen Landwirt schlechthin abgestellt wird, sondern auf dessen ausdrückliche Bereitschaft, einen Preis innerhalb des Missverhältnisses nach §9 Abs.1 Nr.3 GrdstVG zu zahlen.
Inwieweit hier die Begründung des OLG Stuttgart mit Hinweis darauf, dass dieser Versagungsgrund auch dann greift, wenn die Verkaufsbereitschaft zu 6,1% unter dem vom Gesetz nicht missbilligten Preis liegt zu überzeugen vermag, steht auf einem anderen Blatt.
Ergebnis:
a) In diesem Fall besteht die Möglichkeit einer Genehmigungsversagung nach §9 Abs.1 Nr.3 GrdstVG.
Das beinhaltet aber keine Entscheidung dahingehend, dass das Grundstück an einen ganz bestimmten Landwirt zu verkaufen ist. Dies hat der BGH in seiner Entscheidung vom 29.11. 2013 in RdNr.52 unmissverständlich wie folgt zum Ausdruck gebracht:
„Eine Entscheidung, an wen und zu welchem Preis ein Verkauf erfolgen wird, ist damit noch nicht gefallen und wird auch durch die Versagungsentscheidung nicht unmittelbar vorgegeben. Insbesondere entsteht durch die Genehmigungsversagung keine Verpflichtung der BVVG, an den im Genehmigungsverfahren ermittelten erwerbsbereiten Landwirt zu verkaufen.“
b) Insoweit ist aber auch weiterhin von einem Scheitern der Ordnungsfunktion des GrdstVG insoweit auszugehen, als dann die Ausübung des siedlungsrechtlichen Vorkaufsrechts zumindest nach bisheriger Rechtslage weiterhin ins Leere greift, da das Siedlungsunternehmen in den bestehenden Kaufvertrag nur ohne Abstriche eintreten kann.11
Ist kein Landwirt vorhanden der bereit ist, einen solchen Kaufpreis zu zahlen, so versage jedenfalls nach Schmidt-De Caluwe die Ordnungsfunktion dieses Versagungsgrundes in ihrer Konkretisierung durch die Rechtsprechung.12
Zusammenfassung
1. Bei Verkauf eines Grundstücks an einen Nicht-Landwirt zu einem überteuerten Preis nach §9 Abs.1 Ziff.3 GrdstVG und Bereitschaft eines aufstockungsbedürftigen Landwirts zum Erwerb der Flächen zu den Bedingungen des Kaufvertrag und damit zum überteuerten Kaufpreis hängt die Genehmigung bzw. die Genehmigungsversagung davon ab, ob die Behörde den Kaufvertrag dem Siedlungsunternehmen zur Ausübung des siedlungsrechtlichen Vorkaufsrechts vorlegt und das Siedlungsunternehmen das Vorkaufsrecht ausübt oder nicht, wenn der Vertrag nur mit Hinweis auf §9 Abs.1 Nr.1 GrdstVG „gerügt“ wird.
Bei Ausübung des Vorkaufsrechts greift die Genehmigungsversagung, bei Nichtausübung gilt der Vertrag als genehmigt.
2. Liegen die Voraussetzungen für die Ausübung des Vorkaufsrechts in einer solchen Fallgestaltung vor und legt die Behörde den Vertrag dennoch der Siedlungsbehörde und dem Siedlungsunternehmen nicht vor, so gilt bei alleiniger Bezugnahme auf §9 Abs.1 Nr.1 GrdstVG der Vertrag als genehmigt.
3. Bei Verkauf von Landwirtschaftsflächen an einen Nicht-Landwirt zu einem überhöhten Preis nach §9 Abs.1 Ziff.3
GrdstVG und gleichzeitiger Bereitschaft eines Landwirts zur Zahlung eines Kaufpreises innerhalb des Preismissverhältnisses hängt die Genehmigung vor allem davon ab, ob die Versagung allein auf §?9 Abs.?1 Nr.?1 GrdstVG oder auch (bzw. nur) auf §9 Abs.I Nr.3 GrdstVG gestützt wird.
Die alleinige Versagung mit §9 Abs.1 Nr.1 GrdstVG ist hier m.?E. nicht ausreichend, weil dann der Landwirt „zu den Bedingungen des Kaufvertrages“ kaufen müsste.
Bei dessen Bereitschaft zum Kauf innerhalb des Preismissverhältnisses kommt §9 Abs.1 Ziff.3 GrdstVG mit der Folge in Betracht, dass die Genehmigung ausgesprochen werden kann, nicht aber eine Verpflichtung dahingehend, dass das Grundstück an einen ganz bestimmten Landwirt verkauft werden muss.
4. Findet sich kein Landwirt der bereit ist, einen solchen Preis zu zahlen, ist der Vertrag zu genehmigen.
Diese und die weiteren Konsequenzen, z.B. zur Genehmigung unter Auflagen und Bedingungen, sollen hier außer Betracht bleiben (vgl. hierzu im Ganzen: Netz, Grundstückverkehrsgesetz Praxiskommentar, S. 524 ff. sowie OLG Jena, Beschl. v. 24.4.2005).
_____________________________
Quellen: