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Zu dem am 22. Mai 2014 vom Deutschen Bundestag beschlossenen Direktzahlungen-Durchführungsgesetz

Mit mehr als einem  Jahr Verzögerung zum ursprünglichen Zeitplan1 haben das Europäische Parlament und der Rat am 17. 12. 2013 die Vorschriften zu den Direktzahlungen an Inhaber landwirtschaftlicher Betriebe beschlossen.2 Das mit der Verordnung verabschiedete neue System der Direktzahlungen erfordert Entscheidungen der Mitgliedstaaten zur Ausgestaltung der Zahlungen und bietet eine Reihe von Optionen an, mit denen in beträchtlichem Umfang Abweichungen vom in der EU-Verordnung enthaltenen Grundmodell möglich sind.Die Öffnung beruht auf den großen Meinungs- und Interessendifferenzen zwischen den EU-Mitgliedstaaten zu grundlegenden Fragen der Agrarreform. Es kann offensichtlich immer weniger eine einheitliche Agrarpolitik für die sehr unterschiedlichen Landwirtschaften in den 28 Mitgliedländern der Europäischen Union geben, zumindest nicht solange die EU so weitgehende agrarpolitische Regelungen wie derzeit festlegt.

Schwieriger Weg unter Zeitdruck

Grundlage für die deutsche Regelung zu den Direktzahlungen stellte der Konsens zwischen dem Bundes- und den Länderministern auf den Agrarministerkonferenzen von Suhl bis Berchtesgaden – zuletzt am 4.11.2013 auf der Sonder-AMK in Berlin3 – dar. Die Große Koalition hat sich diesem Konsens angeschlossen und keine eigene Strategie zur Umsetzung der GAP-Reform in Deutschland entwickelt.

Am 5.2.2014 wurde ein Referentenentwurf für ein Gesetz zur Durchführung der Direktzahlungen zur Diskussion gestellt und am 28.2.2014 legte die Bundesregierung dem Bundesrat einen Gesetz­entwurf vor. Schon bei der Diskussion der ersten Entwürfe zeigten sich Schwerpunkte der Auseinandersetzung nicht nur zwischen großer Koalition und Opposition sondern auch zwischen Bund und Ländern, zwischen den Bundesressort und schließlich auch innerhalb und zwischen den Regierungs­parteien. Im Zentrum stand dabei das sogenannte ­Greening, und hier vor allem der Umgang mit dem Grünland und die Ausgestaltung der ökologischen Vorrangflächen.

Das Gesetzgebungsverfahren zur Durchführung der Direktzahlungen ist als besonders eilbedürftig eingestuft. Bis zum 31.7.2014 müssen alle Mitgliedstaaten der Union ihre optionalen Umsetzungsentscheidungen mitteilen. Zu bedenken ist auch, dass parallel noch eine ganze Reihe Durchführungsverordnungen zu erarbeiten sind. Sollte bis zum Sommer kein Gesetz zustande kommen, gelten die EU-Regelungen unmittelbar und die Ausübung von Optionen ist nicht mehr möglich.

Der Bundestag befasste sich in einer ersten Lesung am 3.4.2014 und der Bundesrat in seiner 921.Sitzung am 11.4.2014 mit dem Entwurf des Direktzahlungen-Durchführungsgesetzes4. Als Eckpunkte des Gesetz­entwurfes werden bezeichnet:

 „–
Für die Jahre 2015 bis 2019 sollen 4,5 Prozent der jährlichen nationalen Obergrenze für die Direktzahlungen als zusätzliche Förderung für die ländliche Entwicklung bereitgestellt werden.


Die im Rahmen der bisherigen Betriebs­prämienregelung bisher in Deutschland noch bestehenden regionalen Unterschiede beim Wert der Direktzahlungen werden bis 2019 abgebaut. Im Rahmen der neuen Basis­prämienregelung soll eine schrittweise Annäherung zu einem bundesweit einheitlichen Wert für die Zahlungs­ansprüche je Hektar für die Basis­prämie erfolgen. Die anderen jetzt neu eingeführten Direkt­zahlungen werden von Anfang an in bundeseinheitlicher Höhe gewährt.


Im Rahmen der Vorschriften über eine Zahlung für dem Klima- und Umweltschutz förderliche Landbewirtschaftungsmethoden sollen zum einen Regelungen für einen wirksamen Schutz insbesondere des umweltsensiblen Dauergrünlandes getroffen werden. Zum anderen soll bei den ökologischen Vorrangflächen den Landwirten ein möglichst hohes Maß an Flexibilität bei der Auswahl geeigneter Elemente gewährt werden.


Die im EU-Recht vorgesehene Kürzung oder Kappung der Zahlungen für sehr große Betriebe soll in Deutschland nicht zur Anwendung kommen. Stattdessen soll die als Alternative mögliche und in Deutschland bereits 2014 eingeführte Umverteilungsprämie für die ersten Hektare im Rahmen des neuen Direktzahlungssystems fortgeführt werden.“
5 

Im Bundestag fand eine lebhafte Debatte statt, die von Bundesminister Schmidt und 12 Abgeordneten genutzt wurde, um sich vor allem auch generell zur Agrarpolitik zu äußern.6 Die Länderkammer verabschiedete eine Stellungnahme (Drs.82/14(B))7. Besondere Beachtung fand folgende Forderung: „Auf ökologischen Vorrangflächen sollen keine Düngemittel und chemisch-synthetischen Pflanzenschutzmittel eingesetzt werden, um deren positive Wirkung auf die Biodiversität nicht zu gefährden.“ Der Deutsche Bauernverband sah darin „ein völlig falsches Signal“, nämlich die „faktische Wiedereinführung der Flächenstilllegung auf deutschen Äckern“8. Das Bundesministerium verweist in seiner Gegenäußerung auch darauf, dass in der inzwischen beschlossenen „delegierten Verordnung“9 bei einigen Arten der  ökologischen Vorrangflächen die Befugnis für die Mitgliedstaaten vorgesehen ist, den Einsatz von Dünge- und Pflanzenschutzmitteln auszuschließen. Da das EU-Recht für die anderen Arten ökologischer Vorrangflächen keine vergleichbaren Regelungen enthalte, sei der Bundesratsvorschlag nicht umsetzbar.12

Auseinandersetzung und schnelle Lösung

Am 12.5.2014 meldeten die Medien, dass führende Agrarpolitiker von Union und SPD noch kein Einvernehmen zum Direktzahlungen-Durchführungsgesetz erzielt hatten. Streitpunkt waren nach wie vor die konkreten Lösungen zum Greening, insbesondere zum Grünlandumbruch, zum Zwischenfruchtanbau, zur Anrechnung von Landschaftselementen und zum räumlichen Bezug von Vorrangflächen.11 Allerdings sahen die Politiker es angesichts der erzielten Fortschritte und des enormen Zeitdruckes für möglich an, noch im Mai zu einem Ergebnis zu kommen. Wie kompliziert die Verhandlungen offensichtlich waren zeigen Formulierungen wie „eine Einigung um jeden Preis werde es nicht geben“, „man dürfe den Bogen nicht überspannen“ oder „man könne das Gesetz notfalls ganz scheitern lassen“,12 Aber bereits am 14.5. teilten die agrarpolitischen Sprecher der CDU/CSU-Fraktion Holzenkamp und der SPD-Fraktion Priesmeier mit, dass sich „die Agrarpolitiker der Großen Koalition auf die Eckpunkte zur Umsetzung der Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik geeinigt haben“. Im Zentrum der Debatte habe der Schutz des Dauergrünlandes gestanden. Nur innerhalb der FFH-Gebieten, nicht in allen Natura 2000 Gebieten soll sowohl die Umwandlung des Grünlandes in Ackerland als auch das Pflügen zur Erneuerung untersagt werden. Darüber ­hinaus wird der Zwischenfruchtanbau als Greening-Maßnahme anerkannt – jedoch ohne den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln, mineralischen Stickstoffdüngern und ohne Ausbringung von Klärschlamm zu Düngezwecken. Beim Einsatz von Leguminosen im Rahmen des Greenings wird Pflanzenschutz erlaubt.13

Die Reaktionen auf diesen Kompromiss waren extrem unterschiedlich. Der Grünen-Politiker Ostendorf bezeichnet den Kompromiss als einen „Totalausfall für die Ökologisierung der EU-Agrarpolitik“14.

Der Bauernverband hingegen bescheinigte den Regierungsfraktionen, dass sie mit ihrer Eini­gung zu den ökologischen Vorrangflächen eine Nutzungsmöglichkeit der Flächen sicherten und überzogene zusätzliche nationale Auflagen vermieden haben.15

Die Einigung der Koalitionsparteien machte den Weg frei für die Verabschiedung der Beschlussempfehlung zu dem geänderten Gesetzesentwurf durch den Agrarausschuss des Bundestages am 21.5. (Drs. 18/1493) und die 2. und 3. Beratung in der 36. Sitzung des Parlaments­plenums mit anschließender Beschlussfassung am 22. 5. 2014. K. Böhme 

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Quellen:

  1. Siehe bereits: K. Böhme, Unter Zeitdruck, Neue Landwirtschaft 3/2011, S. 3; zuletzt: BzAR 5/2014, S. 178.
  2. Verordnung (EU) Nr. 1307/2013 des Europäischen Parlamentes und des Rates mit Vorschriften über Direktzahlungen an Inhaber landwirtschaftlicher Betriebe im Rahmen von Stützungsregelungen der Gemeinsamen Agrarpolitik, ABl. L 347 v. 20. 12. 2015, 608.
  3. Siehe www.agrarministerkonferenz.de, Ergebnisniederschrift Sonder-AMK 4. 11. 2013. Die nationalen Umsetzungsentscheidungen sind dargestellt von W. Krüger, Die Beschlüsse zur neuen Gemeinsamen Agrarpolitik und erste Entscheidungen zur nationalen Umsetzung, BzAR 1/2014, S. 2 ff. Siehe u. a. auch: W. Steffens, Erklärungen bleiben dürftig, www.landvolk.net 10. 4. 2014.
  4. Deutscher Bundestag, Drs. 18/908 vom 25. 3. 2014, Entwurf eines Gesetzes zur  Durchführung der Direktzahlungen an Inhaber landwirtschaftlicher Betriebe im Rahmen der Stützungs­regelungen der Gemeinsamen Agrarpolitik (Direktzahlungen-Durchführungsgesetz – DirektZahlDurchfG)
  5. Ebenda, S. 1.
  6. Siehe: Plenarprotokoll 18/26, S. 2011 D – 2042 C; siehe exemplarisch auch BzAR 5/2014, S. 192 ff.
  7. Siehe in: Deutscher Bundestag, Drs. 18/1418 vom 14. 5. 2014, Stellungnahme des Bundesrates und Gegen­äußerung der Bundesregierung (Entwurf DirektZahlDurchfG, Drs. 18/908).
  8. DBV, Bundesrat fordert Flächenstilllegung, Pressemeldung vom 11. 4. 2014.
  9. Siehe hierzu BzAR 4/2014, S. 130 ff.
  10. FN 6, S. 3.
  11. Siehe: U. Steffin, Greening, agrarmanager 5/2014, S. 97.
  12. agrarheute.com – Politik, 12. 5. 2014.
  13. www.fj-holzenkamp.de; siehe auch U. Steffin, Alle Signale auf Grün, agrarmanager 6/2014, S. 96 f.; agrarheute.com – Politik 15. 5. 2014; BT-Drs.18/1493).
  14. F. Ostendorff, Agrarkompromiss: Ein Totalausfall für die Ökologisierung der EU-Agrarpolitik. Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen, Pressemitteilung Nr. 0383-14 vom 16. 5. 2014.
  15. agrarheute.com – Politik 15. 5. 2014.