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R E C H T S P R E C H U N G

BGH, Beschluss vom 24. 4. 2009 – BLw 13/08 – OLG Brandenburg (18. 6. 2008 – 5 Lw 30/06 [4 W 43/07]), AG Fürstenwalde (10. 11. 2006 – 29 Lw 36/00)

Tenor:

Auf die Rechtsbeschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Landwirtschaftssenats des Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 18. 6. 2008 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zum Nachteil des Antragstellers erkannt worden ist.
Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Teilbeschluss des Amtsgerichts – Landwirtschaftsgericht – Fürstenwalde vom 10. 11. 2006 wird zurückgewiesen.
Die Rechtsbeschwerde der Antragsgegnerin wird zurückgewiesen.

Gründe:

I.
(1) Der im November 1993 verstorbene Vater des Antragstellers (im Folgenden: Erblasser), der von seiner Frau, der Mutter des Antragstellers, allein beerbt wurde (im Folgenden: Erbin), trat 1960 unter Einbringung landwirtschaftlicher Flächen und Zahlung von Inventarbeiträgen in eine LPG ein. Auch nach der Bildung einer KAP, aus der später die LPG (P) „T. M." N. hervorging, blieb er Mitglied in der LPG (T) „N. D." M.

(2) Mit notariellem Vertrag vom 18. 4. 1990 vereinbarte der Erblasser mit dem Antragsteller, die in die LPG eingebrachten Flächen auf diesen zu übertragen. Er verlangte von der LPG (P) N., welche damals diese Flächen bewirtschaftete, deren Rückgabe sowie die Auszahlung eines Inventarbeitrages.
Die mit einem Flächentausch verbundene Rückgabe erfolgte aufgrund einer schriftlichen Vereinbarung mit Wirkung zum 30. 9. 1990.

(3) Die Erbin war – wie auch der Antragsteller – Mitglied in der LPG (P) „T. M.", deren Mitglieder im September 1990 die Teilung und den Zusammenschluss ihrer Abteilung II u. a. mit der LPG (T) „N. D." M. beschlossen, deren Mitglieder bereits in einer Versammlung im August 1990 den Zusammenschluss mit der Abteilung II der LPG (P) beschlossen hatten. Die mit Wirkung zum 1. 1. 1991 gegründete, aus dem Zusammenschluss hervorgegangene LPG A. wurde am 8. 3. 1991 in das LPGRegister eingetragen.

(4) Auf der Mitgliederversammlung der LPG A. vom 3. 12. 1991 wurde deren Umwandlung in die Antragsgegnerin (eine eingetragene Genossenschaft) beschlossen. Der Antragsteller war auf dieser Mitgliederversammlung zugegen und stimmte – auch in Vertretung seiner Eltern auf Grund ihm erteilter Vollmachten – gegen die Umwandlung.
Weder der Antragsteller noch seine Eltern trugen sich in die ausliegenden Listen für die der Antragsgegnerin beitretenden Mitglieder ein; sie zahlten auch nicht eine in dem Statut der Antragsgegnerin vorgesehene Einlage auf den Geschäftsanteil von 10.000 DM.

(5) Die Antragsgegnerin zahlte auf den Inventarbeitrag 22.800 DM aus.

(6) Die Erbin hat ihre eigenen und die von dem Erblasser geerbten Ansprüche aus den Mitgliedschaften in den LPGen an den Antragsteller abgetreten. Dieser hat – für das Rechtsbeschwerdeverfahren allein noch von Interesse – im Wege eines Stufenantrags die Ansprüche des Erblassers auf eine Abfindung nach dessen Ausscheiden aus der LPG (T) „N. D." M. nach § 44 LwAnpG und der Erbin auf bare Zuzahlung wegen ihrer nicht in Anteile an der Genossenschaft umgewandelten Beteiligung an der LPG geltend gemacht.

(7) Das Amtsgericht – Landwirtschaftsgericht – hat in einem Teilbeschluss den Anträgen auf Auskunft stattgegeben und die Antragsgegnerin verpflichtet, eine Berechnung der Abfindungsansprüche des Erblassers unter Beifügung der Schlussbilanz der LPG (T) „N. D." M. zum 31. 12. 1990 zu erstellen und eine Aufstellung über das Geschäftsguthaben und die Geschäftsanteile der Erbin bei der Antragsgegnerin unter Beifügung einer Aufstellung der Vermögensanteile an der LPG A. und deren Schlussbilanz vorzulegen.

(8) Das Oberlandesgericht – Landwirtschaftssenat – hat die erstinstanzliche Entscheidung auf Auskunft über den abgetretenen Anspruch der Erbin bestätigt. In Bezug auf den Anspruch des Erblassers hat es den erstinstanzlichen Beschluss dahin abgeändert, dass die Auskunft nach der Schlussbilanz zum 31. 12. 1991 zu erteilen sei. Die Rechtsbeschwerde hat es zugelassen.

(9) Beide Seiten haben gegen den Beschluss Rechtsbeschwerde eingelegt. Der Antragsteller erstrebt die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Beschlusses und beantragt die Zurückweisung der Beschwerde der Antragsgegnerin. Die Antragsgegnerin beantragt die Zurückweisung der Beschwerde des Antragstellers und verfolgt mit ihrer Rechtsbeschwerde das Ziel, die Verpflichtung zur Auskunftserteilung auf die Ansprüche des Erblassers auf die Umwandlungsbilanz zum 30. 6. 1991 zu beziehen.
Der Antrag auf Auskunft wegen einer Beteiligung der Erbin sei als unzulässig abzuweisen. Hilfsweise macht sie geltend, dass sie Auskunft über die Ansprüche der Erbin nach der Schlussbilanz der LPG (P) „T. M." zum 30. 6. 1991 zu erteilen habe.

II.
(10) Das Beschwerdegericht meint, dass der Erblasser zwar bereits 1990 mit der Rückgabe der eingebrachten Flächen ausgeschieden sei. Mit der Rückforderung eingebrachter Flächen sei zugleich die Kündigung der Mitgliedschaft erklärt worden. Dem Erblasser sei es aber wegen des Verbots treuwidrigen widersprüchlichen Verhaltens verwehrt, sich auf diese Kündigung zu berufen, weil er – vertreten durch den Antragsteller – im Dezember 1991 an der Mitgliederversammlung der LPG A. teilgenommen und dort durch Stimmabgabe auch Rechte eines Mitglieds wahrgenommen habe. Das treuwidrige Verhalten des Erblassers habe zwar nicht zur Folge, dass der Abfindungsanspruch nach § 44 LwAnpG zu verneinen sei. Da der Erblasser der Umwandlung nicht zugestimmt habe, sei von seinem Ausscheiden aus der LPG spätestens zum 31. 12. 1991 auszugehen. Die Berechnung der Abfindungsansprüche sei daher auf der Grundlage einer zu diesem Stichtag aufzustellenden Bilanz vorzunehmen. Dass die LPG (T) „N. D." M. an diesem Tage nicht mehr existiert habe, stelle dafür kein rechtliches Hindernis, sondern allenfalls eine Erschwerung bei der Erstellung einer solchen Bilanz dar.

(11) Der Auskunftsanspruch zu den Ansprüchen der Erbin sei begründet. Diese Auskunft diene der Bestimmung des Anspruchs auf eine bare Zuzahlung nach § 28 Abs. 2 LwAnpG, der hier in Betracht komme, weil die Erbin nicht im Zuge der Umwandlung aus der LPG ausgeschieden sei. Deren Mitgliedschaft in der LPG sei kraft Gesetzes mit der Umwandlung bei der Antragsgegnerin fortgesetzt worden. Satzungsbestimmungen der Antragsgegnerin stünden dem Eintritt der gesetzlichen Rechtsfolge der Umwandlung nicht entgegen.

III
(12) Beide Rechtsbeschwerden sind aufgrund der Zulassung durch das Beschwerdegericht statthaft (§ 24 Abs. 1 Satz 1 LwVG) und auch im Übrigen zulässig (§§ 25, 26 LwVG). 

IV
(13) Die Rechtsbeschwerde des Antragstellers hat Erfolg.

A
(14) Der angegriffene Beschluss hält – soweit das Beschwerdegericht die Antragsgegnerin zu einer Berechnung der Abfindungsansprüche des Erblassers nach einer vorzulegenden Schlussbilanz der LPG (T) „N. D." M. zum 31. 12. 1991 verpflichtet hat – einer rechtlichen Prüfung nicht stand.

(15) 1. Dieser Teil der angegriffenen Entscheidung kann schon deshalb keinen Bestand haben, weil das Beschwerdegericht dem Antragsteller etwas zuerkannt hat, was von keinem Beteiligten beantragt worden ist.
Das Gericht ist jedoch auch in den Landwirtschaftssachen der freiwilligen Gerichtsbarkeit an die von den Beteiligten gestellten Sachanträge entsprechend § 308 Abs. 1 ZPO gebunden, soweit diese echte Streitverfahren zwischen den Beteiligten sind (Senat, Beschl. v. 10. 5. 1984, BLw 2/83, AgrarR 1984, 316, 317), was auf die in § 65 Abs. 1 LwVG bezeichneten Streitigkeiten über einen Abfindungsanspruch nach § 44 LwAnpG zutrifft (vgl. Senat, Beschl. v. 24. 11. 1993, BLw 54/92, WM 1994, 310, 311). Bereits dieser Verfahrensverstoß führt zur Aufhebung der angefochten Entscheidung.

(16) 2. Im Übrigen beruht die Entscheidung auch auf einer Verletzung des materiellen Rechts. 

(17) Das Beschwerdegericht hält die Antragsgegnerin für verpflichtet, Auskunft über die Abfindungsansprüche des Erblassers aus der beendeten Mitgliedschaft in der LPG (T) „N. D." M. auf der Grundlage einer Schlussbilanz zum 31. 12. 1991 zu erteilen. Dafür fehlt jede Rechtsgrundlage.
Am 31. 12. 1991 gab es weder diese LPG noch eine auf deren Vermögen bezogene Bilanzierungspflicht. Die Ermittlung des für den Abfindungsanspruch des ausgeschiedenen Mitglieds maßgeblichen Eigenkapitals nach § 44 Abs. 6 Satz 1 LwAnpG setzt eine bilanzierungspflichtige LPG voraus, die zur Aufstellung einer Bilanz entweder zum Schluss ihres Geschäftsjahres als Teil des ordentlichen Jahresabschlusses gemäß §§ 242 ff. HGB (Senat, BGHZ 124, 192, 198) oder aufgrund der Vorschriften über die Umwandlung (Senat, Beschl. v. 27. 4. 2001, BLw 27/00, VIZ 2001, 455 = NL-BzAR 2001, 331) verpflichtet war. Diese Voraussetzungen lagen zum 31. 12. 1991 aber nicht mehr vor; denn die LPG (T) „N. D." M. war mit der Eintragung des Zusammenschlusses in das LPG-Register am 8. 3. 1991 erloschen (§ 20 Nr. 2 LwAnpG); damit war auch deren gesetzliche Pflicht zur Buchführung nach §§ 238 ff. HGB und zur Aufstellung von Abschlüssen nach §§ 242 ff. HGB weggefallen (vgl. dazu Naraschewski, Stichtage und Bilanzen bei der Verschmelzung, 6). 

B
(18) Die Sache ist dahin entscheidungsreif, dass die erstinstanzliche Entscheidung wiederherzustellen ist.

(19) 1. Dem Antragsteller steht, was zwischen den Beteiligten im Grundsatz nicht mehr streitig ist, dem Grunde nach ein Anspruch auf Auskunft zu. Auskunft kann das ehemalige  LPG-Mitglied nach § 242 BGB verlangen, wenn ihm Ansprüche zustehen, deren Höhe sich nach dem Wert der Beteiligung des Mitglieds am Eigenkapital an der LPG bemisst. Das trifft auf den Abfindungsanspruch des vor der Umwandlung ausgeschiedenen Mitglieds nach § 44 LwAnpG und auch auf den Anspruch des im Zuge der Umwandlung ausgeschiedenen Mitglieds auf eine Barabfindung nach §§ 36, 37 LwAnpG zu (Senat, BGHZ 129, 267, 275; 131, 260, 266).

(20) 2. Die Auskunft ist – wie beantragt – über den Abfindungsanspruch des Erblassers nach § 44 LwAnpG zu erteilen, der nach dem Wert der Beteiligung in der LPG (T) M. auf der Grundlage der zum 31. 12. 1990 aufzustellenden Schlussbilanz dieser LPG (§ 16 Abs. 1 Nr. 5 LwAnpG) zu berechnen ist.

(21) a) Die Auskunft über den Abfindungsanspruch ist nach dem Anteil des Erblassers an dem Vermögen dieser LPG zu erteilen, weil der Erblasser durch Kündigung nicht erst aus der zusammengeschlossenen LPG ausgeschieden ist.

(22) aa) Auch das Beschwerdegericht hat das 1990 erfolgte Verlangen des Erblassers auf Herausgabe der zur Nutzung eingebrachten Flächen und auf Rückzahlung des Inventarbeitrags als Kündigung der Mitgliedschaft nach § 43 Abs. 1 LwAnpG 1990 ausgelegt.
Die im Rechtsbeschwerdeverfahren nur begrenzt zulässige Überprüfung dieser vom Tatrichter vorgenommenen Auslegung der Erklärung lässt eine Verletzung des Gesetzes (§ 27 Abs. 1 LwVG) nicht erkennen. Die Auslegung des Verlangens eines LPG?Mitglieds auf Herausgabe der zur Nutzung in die LPG eingebrachten Flächen und auf Rückzahlung der Inventarbeiträge als Kündigung der Mitgliedschaft ist möglich und in der Regel auch nahe liegend, weil die gegenteilige Annahme, dass jemand noch Mitglied einer LPG bleiben will, wenn er die in das Vermögen der Genossenschaft gezahlten Beiträge sowie die zur Nutzung überlassenen Flächen zurückfordert, der Lebenserfahrung widerspricht (vgl. Senat BGHZ 124, 204, 206; Beschl. v. 1. 7. 1994, BLw 30/94, AgrarR 1995, 24, 25).

(23) Der Antragsteller greift diese – für seine Rechtsauffassung günstige – Auslegung  nicht an. Die Antragsgegnerin ist zwar in Bezug auf den Zeitpunkt des Ausscheidens des Erblassers anderer Ansicht, ohne jedoch einen im Rechtsbeschwerdeverfahren zu berücksichtigenden Auslegungsfehler aufzuzeigen.

(24) bb) Rechtsfehlerhaft ist dagegen die Annahme des Beschwerdegerichts, dass der Antragsteller sich wegen des Verbots treuwidrigen widersprüchlichen Verhaltens so behandeln lassen müsse, als sei der Erblasser erst im Jahr 1991 aus der LPG ausgeschieden.
Dass diese Ansicht unhaltbar ist, wenn man den Abfindungs- und den Hilfsanspruch auf Auskunftserteilung auf das Ausscheiden des Erblassers aus einer im Jahr 1991 nicht mehr existierenden LPG bezieht, ist bereits ausgeführt worden (siehe oben A). Die Ausführungen zu § 242 BGB sind jedoch auch dann nicht richtig, wenn man sie – was allein sinnvoll wäre – mit den Beteiligten dahin versteht, dass der Antragsteller sich so behandeln lassen müsse, als ob der Erblasser erst im Jahr 1991 aus der zusammengeschlossenen LPG A. anlässlich deren Umwandlung in eine eingetragene Genossenschaft ausgeschieden sei.

(25) Das Verlangen des Antragstellers, Auskunft über den Wert der Beteiligung des Erblassers an der LPG (T) zum 31. 12. 1990 zu erhalten, stellt sich nicht deshalb als eine unzulässige Rechtsausübung dar, weil der Erblasser an der Mitgliederversammlung am 3. 12. 1991, vertreten durch den Antragsteller, teilgenommen und gegen die Umwandlung gestimmt hat.

(26) (1) Grundsätzlich dürfen Parteien nämlich ihre Rechtsansichten (hier zum Zeitpunkt des Wirksamwerdens des Ausscheidens aus LPG) ändern (vgl. BGH, Urt. 5. 6. 1997, X ZR 73/95, NJW 1997, 3377, 3379). Eine Rechtsausübung wird wegen ihres Widerspruchs zu einem früherem Verhalten der Partei erst dann rechtsmissbräuchlich und damit unbeachtlich, wenn für den anderen Teil ein Vertrauenstatbestand geschaffen wurde und dieser sich auf die bisher eingenommene Haltung der Partei verlassen durfte (BGH, Urt. v. 6. 3. 1985, IV b ZR 7/84, NJW 1985, 2589) oder wenn andere besondere Umstände im Einzelfall die Rechtsausübung als treuwidrig erscheinen lassen (BGH, Urt. v. 5. 12. 1991, IX ZR 271/90, NJW 1992, 834).

(27) Ausführungen dazu finden sich in dem angegriffenen Beschluss nicht. Der Antragsteller rügt daher zu Recht, dass das Beschwerdegericht den Einwand eines treuwidrigen widersprüchlichen Verhaltens bejaht hat, ohne dessen Voraussetzungen geprüft zu haben.
Nach den Feststellungen in dem angegriffenen Beschluss liegen sie auch nicht vor.

(28) (2) Es fehlt bereits an einem hinreichenden Anknüpfungspunkt für ein auf Abfindungsansprüche bezogenes Vertrauen der Antragsgegnerin. Der Erblasser hat eine darauf bezogene Erklärung nicht abgegeben und sich insbesondere keines Anspruchs auf eine Barabfindung nach § 36 LwAnpG wegen eines Ausscheidens anlässlich der Umwandlung berühmt, worauf der Antragsteller in seiner Rechtsbeschwerdebegründung zutreffend hinweist und was das Beschwerdegericht im Zusammenhang mit dem von ihm zurückgewiesenen Verwirkungseinwand der Antragsgegnerin auch zutreffend ausgeführt hat.

(29) Ein Vertrauen der Antragsgegnerin auf früheres Verhalten wäre in Bezug auf die geltend gemachten Ansprüche überdies nur dann als schutzwürdig anzuerkennen, wenn diese sich in Bezug auf ihre Verpflichtungen gegenüber den ausgeschiedenen Mitgliedern ihrerseits redlich verhalten hätte (vgl. BGHZ 25, 47, 53), woran es hier ebenfalls fehlt. Die Antragsgegnerin hätte nämlich, wenn sie – wie jetzt von ihr vorgebracht – auf der Grundlage der Teilnahme und Mitwirkung des Antragsstellers in der Mitgliederversammlung vom 3. 12. 1991 von einer noch fortbestehenden Mitgliedschaft des Erblassers ausgegangen sein sollte, diesem das Angebot einer Barabfindung unterbreiten müssen, wozu sie nach der im Zeitpunkt des Umwandlungsbeschlusses vom 3. 12. 1991 geltenden Vorschrift des § 36 Abs. 1 Satz 1 LwAnpG gegenüber den Mitgliedern gesetzlich verpflichtet war. Das ist jedoch weder festgestellt noch von ihr vorgetragen worden. Vielmehr ist die Antragsgegnerin ihren gesetzlichen Informationspflichten gegenüber dem Erblasser in Bezug auf dessen Ansprüche in keinem der in Betracht kommenden Zeitpunkte nachgekommen, indem sie diesem weder Auskunft über den tatsächlich bestehenden Abfindungsanspruch nach § 44 LwAnpG erteilt noch ein Barabfindungsangebot vorgelegt hat. Sie konnte daher nicht darauf vertrauen, dass der Antragsteller nicht die Ansprüche geltend macht, die ihm angesichts des Ausscheidens des Erblassers im Jahr 1990 zustehen.

(30) b) Die Auskunft ist auf der Grundlage der Schlussbilanz der LPG (T) zu erteilen, auch wenn das keine ordentliche Bilanz, sondern eine anlässlich des Zusammenschlusses von LPGen aufzustellende Sonderbilanz ist.

(31) aa) Nach § 44 Abs. 6 Satz 1 LwAnpG ist zwar der Wert der Beteiligung des Mitglieds an der LPG aufgrund der ordentlichen Bilanz zu ermitteln, die nach der Beendigung der Mitgliedschaft aufzustellen ist. Darunter ist grundsätzlich die gemäß § 242 Abs. 1 HGB mit dem Jahresabschluss zu erstellende Bilanz zu verstehen (Senat, BGHZ 124, 192, 198). Wird – wie hier – nach dem Ausscheiden des Mitglieds keine ordentliche Bilanz mehr erstellt, muss der Wert der Beteiligung des Mitglieds jedoch nach der Umwandlungsbilanz bestimmt werden (Senat, Beschl. v. 27. 4. 2001, BLw 27/00, VIZ 2001, 455).

(32)  = NLBzAR; Beschl. v. 28. 11. 2008, 1999,288 BLw 7/08, Rdn. 24) zugelassene Formen der Spaltung (vgl. §§ 1 Abs. 1 Nr. 2; 123 ff. UmwG) und der Verschmelzung (vgl. §§ 1 Abs. 1 Nr. 1; 2 ff. UmwG), mit denen das Vermögen von LPGen nach Maßgabe eines Umwandlungsbeschlusses im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf andere LPGen übertragen werden konnte.

(33) cc) Die auf den 30. 6. 1991 aufgestellte Schlussbilanz der LPG A., auf welche die Antragsgegnerin den Antragsteller verweisen will, kommt als Grundlage für die Berechnung des Abfindungsanspruchs des Erblassers dagegen nicht in Betracht. Für die Ermittlung des Werts der Beteiligung des Erblassers an der übertragenden LPG (T) ist die zum Verschmelzungsstichtag (hier 31. 12. 1990) aufzustellende Schlussbilanz maßgebend, weil von diesem Zeitpunkt an Gewinne und Verluste, die den Unternehmenswert verändern, nicht mehr den übertragenden, sondern den übernehmenden Rechtsträger betreffen (Naraschewski, Stichtage und Bilanzen bei der Verschmelzung. S. 94). Dient die Bilanz – wie in § 44 Abs. 6 LwAnpG angeordnet – der Bestimmung eines nach dem Wert der Beteiligung bestimmten Abfindungsanspruchs, ist der Verschmelzungsstichtag auch der maßgebende Stichtag für die für den übertragenden Rechtsträger aufzustellende Schlussbilanz (vgl. Naraschewski, a. a. O., S. 95).

V.
(34) Die Rechtsbeschwerde der Antragsgegnerin ist unbegründet.

(35)  1. Der Antrag der Antragsgegnerin, sie unter Änderung des angefochtenen Beschlusses zu verpflichten, dem Antragsteller Auskunft über den Wert einer Beteiligung des Erblassers an der LPG A. nach der Umwandlungsbilanz zum 30. 6. 1991 zu erteilen, ist deshalb unbegründet, weil der Erblasser nicht Mitglied der zusammengeschlossenen LPG war und sich auch nicht so behandeln lassen muss, als sei er an dieser LPG beteiligt gewesen.

(36) 2. Ebenfalls ohne Erfolg bleibt die Rechtsbeschwerde der Antragsgegnerin in Bezug auf die Ansprüche der Erbin.

(37)  a) Der Auskunftsantrag ist nicht als unzulässig zurückzuweisen, wie es die Antragsgegnerin nunmehr beantragt. Das Beschwerdegericht ist vielmehr … zutreffend von der Zulässigkeit des im Wege eines Stufenantrags (analog § 254 ZPO) geltend gemachten Auskunftsanspruchs ausgegangen, der der Vorbereitung der notwendigen Bezifferung des in letzter Stufe geltend gemachten Zahlungsanspruchs dient.

(38)  Bedenken gegen die Zulässigkeit des Antrags ergeben sich nicht daraus, dass die Erbin nur aufgrund ihrer Arbeitsleistung nach § 44 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 LwAnpG am Vermögen der LPG beteiligt war und dass der Wert dieser Beteiligung nach 16 Arbeitsjahren hinter dem Betrag von 10.000 DM zurückbleiben soll, der von jedem Mitglied der Antragsgegnerin nach deren Satzung als Einlage zu zahlen war.

(39) In dem Rechtsbeschwerdeverfahren kann von einer solchen unstreitigen Höhe des Werts der Beteiligung nicht ausgegangen werden, da das weder in dem angefochtenen Beschluss festgestellt noch von dem Antragsteller zugestanden worden ist. Der Anspruch auf Auskunft wäre zudem auch dann nicht unzulässig, da sich der in Betracht kommende Anspruch auf bare Zuzahlung nach § 28 Abs. 2 LwAnpG nach der Differenz zwischen dem Wert der Beteiligung des Mitglieds an der LPG und der Summe der ihm mit der Umwandlung in eine Genossenschaft zugewiesenen Geschäftsanteile bemisst (Senat, Beschl. v. 29. 11 1996, BLw 13/96, VIZ 1997, 178 = NL-BzAR 1997, 83). Hätte die Antragsgegnerin den LPG?Mitgliedern, die sich bei ihr nicht als Mitglieder der Genossenschaft eingetragen haben, keine Geschäftsanteile zugewiesen, stünde dem Antragsteller nach § 28 Abs. 2 LwAnpG daher ein Anspruch in Höhe des Werts der Beteiligung an der LPG zu.

(40) b) Der Antragsteller ist zur Geltendmachung des Anspruchs aktivlegitimiert, da er durch die Abtretung der Rechte der Erbin aus der Mitgliedschaft in der LPG A. Inhaber des geltend gemachten Anspruchs auf bare Zuzahlung nach § 28 Abs. 2 LwAnpG geworden ist.

(41) Der Einwand der Antragsgegnerin, die Abtretung der Ansprüche aus der Mitgliedschaft in der LPG erstrecke sich nicht auf Ansprüche gegen die Antragsgegnerin, weil die Erbin nicht auch zugleich – wie in § 6 Abs. 1 ihres Statuts für den Übergang der Rechte aus der Mitgliedschaft bestimmt – ihr Geschäftsguthaben und damit ihre Rechte aus der Mitgliedschaft an den Antragsteller übertragen habe, ist unerheblich, weil der Anspruch aus § 28 Abs. 2 LwAnpG nicht nur von Mitgliedern der Genossenschaft geltend gemacht werden kann. Er ist eine Forderung des Mitglieds gegen die Genossenschaft, die in dem Umfang entsteht, wie der Anteil am Eigenkapital der LPG nicht in Geschäftsanteile umgewandelt wird. Der Anspruch nach § 28 Abs. 2 LwAnpG setzt demnach zwar das Fortbestehen der Mitgliedschaft in dem neuen Unternehmen bei dessen Eintragung in das Register, nicht aber deren Andauern im Zeitpunkt der Geltendmachung des Anspruchs voraus. Der Anspruch auf bare Zuzahlung kann daher nach seiner Entstehung mit der Eintragung der neuen Rechtsform im Register auch selbständig abgetreten werden.

(42) c) Das Beschwerdegericht hat den Auskunftsanspruch rechtsfehlerfrei bejaht.

(43) aa) Er setzt zwar voraus, dass auch der geltend gemachte Leistungsanspruch dem Grunde nach besteht und nur dessen Anspruchsinhalt noch offen ist (Senat, Beschl. v. 5. 3. 1999, BLw 52/98, VIZ 1999, 379; Beschl. v. 9. 11. 2005, BLw 9/05, NJWRR 2006, 349 = NL-BzAR 2006, 73). Der Anspruch auf bare Zuzahlung nach § 28 Abs. 2 LwAnpG stand der Erbin jedoch aufgrund der über den Umwandlungszeitpunkt hinaus fortbestehenden Mitgliedschaft zu.

(44) Die Erbin wurde mit dem Wirksamwerden der Umwandlung Mitglied der Antragsgegnerin.
Daran ändert auch nichts, dass die Erbin sich nicht in die bei der Beschlussfassung über die Umwandlung ausliegende Liste der Mitglieder eingetragen und zudem die sich nach §§ 12, 37 der Satzung ergebende Pflicht eines Mitglieds zur Zahlung eines Beitrags von 10.000 DM nicht erfüllt hat. Auch ein LPG-Mitglied, das weder die Satzung der Genossenschaft gezeichnet noch seinen Beitritt zu dieser erklärt hat, wird mit der Eintragung der Umwandlung kraft Gesetzes Mitglied der Genossenschaft.

(45) bb) Der Anspruch auf bare Zuzahlung ist nicht erfüllt worden und war – wie vom Beschwerdegericht dargelegt – bei Antragserhebung weder verjährt noch verwirkt.
Gegen die zutreffenden Ausführungen in dem angefochtenen Beschluss erhebt die Antragsgegnerin mit ihrer Rechtsbeschwerde auch keine Einwendungen.

(46) cc) Die geschuldete Auskunft ist – wie erkannt – unter Beifügung einer Aufstellung der Vermögensanteile an der LPG A. und der Schlussbilanz dieser LPG zu erteilen.
Der Antragsteller ist nicht – wie von der Antragsgegnerin hilfsweise beantragt – allein auf eine Auskunft durch Berechnung ihres Anteils an der LPG (P) „T. M.“ N., zum 30. 6. 1991 zu verweisen.

(47) Gegenstand des Anspruchs der Erbin nach § 28 Abs. 2 LwAnpG ist der Ausgleich einer etwaigen Differenz zwischen dem Wert ihrer Beteiligung an der zusammengeschlossenen LPG A. und den ihr zugeteilten Geschäftsanteilen an der Antragsgegnerin, weil hier zunächst der Zusammenschluss der LPGen und erst zu einem späteren Zeitpunkt die Umwandlung der Gesamt-LPG in eine eingetragene Genossenschaft erfolgte und die Mitgliedschaft der Erbin über diesen Zeitpunkt hinaus fortgesetzt wurde. Zur Ermittlung dieses Anspruchs steht jedem Genossenschaftsmitglied ein umfassendes Auskunfts- und Einsichtsrecht in die für die Berechnung maßgebenden Unterlagen zu, um einen etwaigen Anspruch auf eine bare Zuzahlung nach § 28 Abs. 2 LwAnpG berechnen zu können.