auf der Internationalen Grünen Woche 2017 in Berlin
Thema: Bodenkauf trotz Agrarpreiskrise!?
Termin: 24. 1. 2017, 11.00 – 14.00 Uhr
Ort: Messe Berlin, Großer Stern, Raum Hong Kong
Veranstalter: Redaktion agrarmanager und Briefe zum Agrarrecht, dlv Deutscher Landwirtschaftsverlag, www.agrarmanager.com
Ende 2016 ist das neue Sonderheft Bodenmarkt 8 mit aktuellen Analysen und Statistiken zum deutschen Bodenmarkt erschienen.
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Prof. Dr. Klaus Böhme, Berlin
Bilanz für das Jahr 2009 und beschränkter Ausblick bis 2025
Wie in jedem Jahr legte die BVVG Bodenverwertungs- und -verwaltungs GmbH Anfang 2010 ihre Ergebnisse für das zuende gegangene Jahr vor und gab einen Ausblick.1 Letzterer konnte in diesem Jahr nur beschränkt sein, weil zum Zeitpunkt der Pressekonferenz noch keine Klarheit über die Anpassung der Privatisierungsgrundsätze zur Verwertung der ehemals volkseigenen Flächen bestand (siehe S. 59). Klar war auch noch nicht, wieviel mehr Fläche für die Besserstellung der Alteigentümer beim begünstigten Flächenerwerb nach EALG benötigt wird und ob bzw. wie Betroffenen von Enteignungen zwischen 1945 und 1949 (darunter auch der Bodenreform) BVVG-Flächen zum Erwerb angeboten werden.
Die BVVG hat im Jahr 2009 ihr wirtschaftliches Ergebnis erneut steigern können. Nach 366 Millionen Euro im Jahr 2008 führte der ostdeutsche Bodenprivatisierer des Bundes im Jahr 2009 fast eine halbe Milliarde Euro an den Staatshaushalt ab (siehe Tabelle 1). Das sind sogar über 60 Millionen Euro mehr als geplant waren. Die BVVG bezeichnet dieses Resultat selbst als „Ausnahmeergebnis“. Erreicht wurde es trotz geringeren Umfangs der verkauften Fläche vor allem durch gestiegene Preise bei den Verkäufen und bei der Verpachtung. Wurden 2008 noch 82.228 Hektar verkauft (75.671 ha Agrar-, 4.447 ha Wald- und 2.110 ha Umwidmungsflächen) so waren es 2009 mit 73.061 Hektar (69.100 ha Agrar-, 2.444 ha Wald- und 1.517 ha Umwidmungsfläche) nur 89 % des Vorjahres. Die Erlöse aus dem Verkauf sind trotz dieses deutlichen Rückgangs der verkauften Fläche im Vergleich zum Vorjahr aber um fast 20 % gestiegen. Je Hektar verkaufte Fläche ist der Erlös gegenüber 2008 um 41 % gestiegen, bei den Agrarflächen um 30 %. Zusammen mit sinkenden Aufwendungen der BVVG – 7,5 Millionen Euro weniger als geplant – bilden also vor allem die gestiegenen Preise die Grundlage für das gute Ergebnis.
Seit ihrer Gründung 1992 hat die BVVG Überschüsse von insgesamt 4,3 Milliarden Euro an den Bundeshaushalt abgeführt.
Der durchschnittliche Verkaufspreis landwirtschaftlicher Flächen zum Verkehrswert lag im Durchschnitt der BVVG im Jahr 2009 bei 8.205 €/ha und stieg somit um rund 30 Prozent zum Vorjahr; bereinigt um drei Sonderverkäufe2 erhöhte sich der Verkaufspreis um rund 20 Prozent zum Vorjahr (siehe Tabelle 2). Die BVVG-Verkehrswertpreise weisen seit geraumer Zeit eine starke Steigerungstendenz auf und ziehen zweifellos andere Preise mit nach oben.
Die Entwicklung in den einzelnen Ländern ist differenziert (siehe Tabelle 3), in der Tendenz aber auch deutlich nach oben weisend. Länder die 2008 keine oder nur einstellige Steigerungen der BVVG-Verkehrswertpreise hatten (Sachsen-Anhalt, Sachsen, Thüringen), verzeichneten jetzt im Jahr 2009 die höchsten Steigerungsraten.
Der Preis bei Neuverpachtungen der BVVG betrug 2009 rund 263 €?/ha und Jahr und blieb damit geringfügig unter dem durchschnittlichen Niveau des Vorjahres. Die Bestandspachtpreise lagen 2009 bei 175 €/ha und waren damit um 17,4 % höher als 2008. Der Anstieg der Bestandspachten beruht einerseits auf dem deutlich höheren Preisniveau bei den abgeschlossenen Neupachtverträgen. Andererseits kommt es bei den vertraglich vereinbarten Pachtpreisanpassungen der BVVG zu zum Teil deutlichen Preissteigerungen. Grundlage der Anpassung ist das jeweils ortsübliche Niveau, und das wächst. Die BVVG will mit ihren Pachtpreisen eine – im Vergleich zu den mit dem Vergleichspreissystem vor allem auf der Grundlage der Ausschreibungsergebnisse ermittelten Preisen – „vernünftige Rendite“ erreichen, unterstrich Geschäftsführer Dr. Müller. Die Pachtpreisanpassung sei allerdings Verhandlungssache und werde zum Teil durch Gutachten überprüft. Streitigkeiten über Preisanpassungen bei der Pacht würden „nicht den Erregungspiegel“ erreichen wie beim Verkauf, so Müller.
Auf die Frage, ob die BVVG durch ihre Ausschreibungen und die Anwendung der dort erzielten Ergebnisse im Vergleichspreissystem nicht preistreibend am Bodenmarkt wirke, erwiderte Geschäftsführungssprecher Dr. Horstmann, dass sich die Preise am Bodenmarkt durch Angebot und Nachfrage bilden. Da die Flächen in der Welt insgesamt und auch speziell in Deutschland durch Entzug von Tag zu Tag knapper werden, seien steigende Preise auch ohne die Ausschreibungen zu erwarten und in der Realität ja auch zu verzeichnen. Zudem gebe es ein großes Preisgefälle zwischen dem Westen und dem Ost. Auch der daraus resultierende Ausgleich führe in den neuen Ländern zu höheren Preisen. Es sei schon erklärungsbedürftig, warum sich an einem Markt, der sich sonst in nichts unterscheidet die Preisunterschiede so lange halten, unterstrich Horstmann. Ja in den Regionen mit den niedrigeren Preisen würden durch größere Flächen und niedrige Löhne sogar günstigere Bedingungen bestehen.
„Die BVVG macht die Preise nicht“, hob Horstmann hervor. Auch der Vorwurf, sie würde einen größeren Anteil der Flächen über die Ausschreibungen an international agierende Kapitalanleger verkaufen, sei ein haltloses Vorurteil. 95 % der verkauften Flächen gehen an örtliche Landwirtschaftsbetriebe. Zwischen denen sei allerdings die Konkurrenz groß. Die BVVG sei auch nicht dafür verantwortlich, wenn sich Gesellschafter solcher örtlichen Landwirtschaftsbetriebe entschließen, ihre Anteile an große Kapitalgesellschaften wie die KTG AG oder andere zu verkaufen. Das sei nicht Sache der BVVG und könne von ihr auch nicht verhindert werden. Die BVVG könne lediglich für transparente und rechtlich sichere Verfahren sorgen. Die Ausschreibungslose von durchschnittlich 21,1 ha würden auch kein besonderer Anreiz für große Kapitalsammelgesellschaften sein, sich an den Ausschreibungen zu beteiligen, so der BVVG-Geschäftsführungssprecher. 3
Im November 2006 hatten der Bund und die neuen Länder nach längeren Verhandlungen Grundsätze4 für die Privatisierung von ehemals volkseigenen Flächen durch die BVVG vereinbart. Diese Grundsätze werden seit Anfang 2007 angewendet. Mit ihnen sollte ein Kompromiss zwischen den fiskalischen Interessen des Bundes als Eigentümer des ehemals volkseigenen Landes aus DDR-Beständen und den agrarstrukturellen Interessen der neuen Länder gefunden werden.
Inzwischen sahen die Länder ihre Interessen durch den Kompromiss offensichtlich nicht mehr ausreichend vertreten.5 Das hängt einerseits mit den veränderten Bedingungen für die Landwirtschaft und andererseits mit offensichtlich so nicht erwarteten Auswirkungen der Anwendung der Grundsätze zusammen. Es war sicher nicht mit einem derart rasanten Preisanstieg und der preistreibenden Rolle von Ausschreibungen unter den konkreten Bedingungen am Bodenmarkt gerechnet worden. Auch hatten die Länder nicht vorausgesehen, dass für eine Reihe von Betrieben, besonders in Mecklenburg-Vorpommern, aber auch in Brandenburg, die Grenze von maximal 450 Hektar BVVG-Land und höchstens 50 % Eigentumsfläche für einen Flächenerwerb von der BVVG unbillige Härten mit sich bringen.
In der Zeit des Bundestagswahlkampfes 2009 hatten die SPD-Agrarminister Mecklenburg-Vorpommerns und Brandenburgs und der damalige Bundesfinanzminister Steinbrück (SPD) die Aufnahme von Beratungen über Änderungen der Privatisierungsgrundsätze vereinbart. Für die Zeit der Gespräche sollten bis Ende 2009 keine Ausschreibungen durch die BVVG erfolgen.
Diese Gespräche konnten mit einem Kompromiss abgeschlossen werden. Grundlegende Änderungen an der derzeit geltenden Regeln sind allerdings nicht festgelegt worden.6 Nach wie vor sind die Ausschreibungen das Regelverfahren für die Privatisierung. Beim Direktverkauf (als Ausnahmeregelung für Landwirte mit langfristigen BVVG-Pachtverträgen) wird bei dem vorgeschriebenen maximalen Eigentumsanteil der Grad der Betroffenheit jener Betriebe berücksichtigt, die einen besonders hohen Anteil an BVVG-Flächen bewirtschaften. Bei 50 % BVVG-Pachtflächenanteil an der Betriebsfläche darf der Eigentumsanteil sogar 100 % betragen. Zudem werden die Rechte der Direktkäufer zur Überprüfung der Preise erhöht. Die beschränkte Ausschreibung für arbeitsintensive Betriebe wird von 2.000 auf 5.000 ha erweitert.
Seit Anfang 2007 praktiziert die BVVG das in den Privatisierungsgrundsätzen vorgesehene, und jetzt bestätigte Verfahren von Ausschreibungen und verwendet die Ergebnisse dieser Ausschreibungen in einem Vergleichspreissystem auch für die Festlegung der Preise für die Verkäufe zum Verkehrswert direkt an die Pächter und als Grundlage der Marktpreisbildung für die begünstigten EALG-Verkäufe. Dieses inzwischen einerseits durch das Flächenerwerbsänderungsgesetz grundsätzlich anerkannte, andererseits aber durch Möglichkeiten der gutachterlichen Überprüfung abgeschwächte Verfahren ist nach wie vor umstritten.7
Obwohl die seit Anfang 2007 geltenden Privatisierungsgrundsätze die Ausschreibungen als Regel-Vergabeverfahren vorsehen, wurden bisher nur rund 53.000 Hektar von der BVVG nach öffentlicher Ausschreibung verkauft. Der größere Teil der Ausschreibungen führte zum Abschluss von Pachtverträgen.
Im ersten Halbjahr 2009 wurden im Durchschnitt bei Ausschreibungen 11.232 €/ha (ohne die oben erwähnten Sonderverkäufe 8.156 €/ha), bei Direktverkäufen an Pächter 6.724 €/ha und als Marktwert für die Ermittlung des ermäßigten EALG-Preises 7.303 €/ha erzielt.8
Die BVVG hat 2009 – wie vorgesehen9 – den begünstigten Verkauf von ehemals volkseigenen Flächen an Pächter mit langfristigen Verträgen aufgrund des Entschädigungs- und Ausgleichsleistungsgesetzes (EALG) beendet. Dazu wurden alle 1.263 Anträge von Pächtern, die Anfang des Jahres 2009 noch vorlagen, bearbeitet. „Mit jedem berechtigten Pächter, der einen Kaufvertrag zu den gesetzlichen Bedingungen vereinbaren wollte, hat die BVVG einen Vertrag abgeschlossen“, bekräftigte der Sprecher der Geschäftsführung Dr. Wolfgang Horstmann, auf der Auftakt-Pressekonferenz in Berlin.
Im Ergebnis der Antragsbearbeitung wurden 882 Kaufverträge mit einem Flächenumfang von zusammen rund 42.400 Hektar im Jahr 2009 beurkundet. Die BVVG konzentrierte ihre Tätigkeit ab dem Jahr 2007 auf den Verkauf landwirtschaftlicher Flächen nach dem EALG. Nach den damals beschlossenen EU?Regeln für die Subventionierung von Bodenkäufen waren EALG?Verkäufe an Pächter landwirtschaftlicher Flächen nur noch bis zum 31. 12. 2009 möglich.10
161 Landwirtschaftsbetriebe haben Gebrauch von dem Angebot gemacht, ihren EALG-Anspruch in einen neunjährigen Pachtvertrag umzuwandeln. An diese Betriebe verpachtete die BVVG rund 8.500 Hektar.
Erleichtert wurden die EALG-Käufe auch durch Bürgschaften der Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben (BvS). Für die Finanzierung der Kaufsumme bürgte die BvS zu 100 Prozent des begünstigten Kaufpreises. Bis zum Ende des Jahres 2009 hat die BVVG 176 Bürgschaften über rund 53 Millionen Euro ausgegeben. Mit insgesamt 50 Banken waren Rahmenverträge vereinbart worden.
Der begünstigte Verkauf war seit 1996 für Berechtigte möglich. In den 14 Jahren – mit zwei Jahren Unterbrechung – wurden rund 389.000 Hektar nach dem EALG verkauft. Das sind 61 % der von der BVVG seit 1992 insgesamt verkauften rund 636.000 Hektar Acker- und Grünland (siehe auch Tabelle 4) Horstmann wies darauf hin, dass davon über 91 Prozent an die jeweiligen Pächter verkauft wurden.
Müller erläuterte die Restaufgaben, die der BVVG aus den EALG-Verkäufen erwachsen:
Weitergeführt werden die begünstigten Verkäufe für berechtigte Alteigentümer. Derzeit liegen rund 700 Anträge vor. Offen ist, wie viele potenzielle Anträge es gibt und wie sich diese Zahl durch die vorgesehene Günstigerstellung der Alteigentümer noch erhöhen könnte.
Im Jahr 2010 plant die BVVG durch Verkauf bzw. Verpachtung von land- bzw. forstwirtschaftlichen Flächen einen Überschuss von rund 415 Millionen Euro zu erwirtschaften. Aus dem Flächenverkauf sollen 410 Millionen Euro, aus der Verpachtung 66 Millionen Euro fließen. Insgesamt ist vorgesehen 44.400 Hektar Acker- und Grünland zu verkaufen.
Da die EALG-Verkäufe, die 2009 noch 61,4 % der Verkäufe insgesamt ausgemacht haben (Tabelle 4), für 2010 zum größten Teil wegfallen, steigt der Anteil der Verkehrswertverkäufe deutlich. Gleichzeitig wächst der Umfang der Verkäufe über Ausschreibungen und deren Rolle bei der Preisfindung. Wie die BVVG-Geschäftsführung betont, entspricht das den Vorstellung des Bundesfinanzministeriums.
2010 sollen 10.200 Hektar forstwirtschaftliche Flächen verkauft werden. Der fast zum Erliegen gekommene Forstverkauf nimmt damit 2010 wieder Fahrt auf. Allerdings stehen nur noch kleinere Flächenlose zur Verfügung.
Rund 1.400 Hektar Umwidmungsflächen will die BVVG vorrangig für investive Zwecke, wie Infrastruktur, Wohnungsbau oder Gewerbeansiedlung, verkaufen.
Allerdings ist diese Planung für 2010 „durch die noch nicht überschaubaren Auswirkungen der im Koalitionsvertrag enthaltenen Absprachen mit erheblichen Risiken behaftet“, wird von Dr. Horstmann eingeschränkt. Das trifft neben der bereits angeführten Vergünstigung bei EALG-Verkäufen noch stärker für die Prüfung von Rückgabemöglichkeiten von in der Hand des Bundes befindlichem Eigentum zu.
Ein weiterer Schwerpunkt der BVVG für 2010 wird die unentgeltliche Übertragung von 20.000 Hektar – von insgesamt 29.000 Hektar – Flächen für die Sicherung des Nationalen Naturerbes sein.
Im Durchschnitt des Jahres 2010 wird die BVVG mit ihren acht Niederlassungen in den neuen Bundesländern und dem Hauptsitz in Berlin noch rund 718 Mitarbeiter beschäftigen. Zum Ende des Jahres 2010 werden die Geschäftsstellen Leipzig und Chemnitz der Niederlassung Sachsen geschlossen.
Die BVVG hat noch rund 403.000 Hektar landwirtschaftliche sowie etwa 80.000 Hektar forstwirtschaftliche Flächen in ihrem Portfolio. Die Regierungskoalition geht davon aus, dass die Privatisierung zügig weitergeführt und bis 2025 abgeschlossen wird. Das würde im Schnitt jährlich den Verkauf von rund 25.000 ha Agrarflächen bedeuten. Damit würde die BVVG den Umfang der jährlich zu verkaufenden Flächen deutlich reduzieren.
Auch ist der Verkauf nicht die einzige Lösung dafür, die in den nächsten zwei Jahren in größerem Umfang pachtfrei werdenden Flächen zu verwerten. Sie vorerst weiter zu verpachten – wie in dem neuen Privatisierungskonzept vorgesehen – verstößt nicht gegen die fiskalischen Interessen des Bundes.
Dr. Horstmann kann sich nicht vorstellen, dass die BVVG bis 2025 existiert. Sie würde als Unternehmen deutlich früher enden als die Privatisierung abgeschlossen werde. Sicher würden die Restaufgaben auf andere Bundeseinrichtungen übertragen.