auf der Internationalen Grünen Woche 2017 in Berlin
Thema: Bodenkauf trotz Agrarpreiskrise!?
Termin: 24. 1. 2017, 11.00 – 14.00 Uhr
Ort: Messe Berlin, Großer Stern, Raum Hong Kong
Veranstalter: Redaktion agrarmanager und Briefe zum Agrarrecht, dlv Deutscher Landwirtschaftsverlag, www.agrarmanager.com
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BGH, Beschluss vom 28. 4. 2011 –
V ZR 192/10 – KG Berlin (26. 8. 2010 – 22 U 202/09), LG Berlin (27. 10. 2009 – 37 O 396/08)
Mit der Zurückweisung der Nichtzulassungsbeschwerde gegen die Entscheidung des KG Berlin in dem in NL-BzAR 1/2011 auf den Seiten 27 ff. abgedruckten Urteil, hat der Bundesgerichtshof in einer heiß umstrittenen Frage Klarheit geschaffen: Wenn ein Gutachter den Verkehrswert nach geltendem deutschen Recht ermittelt, dann ist dieser mit europäischem Recht vereinbar.
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat beschlossen:
Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des 22. Zivilsenats des Kammergerichts in Berlin vom 26. August 2010 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens beträgt 221.263,49 €.
I.
1 Mit notariellem Vertrag vom 25. 6. 2008 erwarb die Klägerin als Berechtigte nach dem Ausgleichsleistungsgesetz landwirtschaftliche Flächen von der mit der Privatisierung dieser Flächen beauftragten Beklagten.
2 Der vereinbarte und von der Klägerin gezahlte Kaufpreis von 608.013,49 € ist von der Beklagten auf der Grundlage von Vergleichswerten aus eigenen Verkäufen im Rahmen von bedingungsfreien Bieterverfahren ermittelt worden. Die Beklagte meint, er entspreche den Vorgaben des § 3 Abs. 7 Satz 1 AusglLeistG aF (Verkehrswert abzüglich 35 %). Die Klägerin hält den angesetzten Verkehrswert für überzogen und einen um 221.756,72 € geringeren Preis für berechtigt. Vor diesem Hintergrund haben die Parteien vereinbart, dass die Kaufpreisbildung gerichtlich überprüft und der Kaufpreis gemäß der rechtskräftigen gerichtlichen Entscheidung angepasst wird.
3 Auf die entsprechende Klage hat das Landgericht die Beklagte nach Einholung eines Verkehrswertgutachtens verurteilt, an die Klägerin 221.263,49 € nebst Zinsen zurückzuzahlen. Die dagegen gerichtete Berufung der Beklagten ist ohne Erfolg geblieben. Das Kammergericht hat die Revision nicht zugelassen; dagegen richtet sich die Nichtzulassungsbeschwerde der Beklagten.
II.
4 Das Berufungsgericht meint, der Verkehrswert der Flächen sei mittels eines Sachverständigengutachtens zu ermitteln, da die nach § 5 Abs. 1 Satz 2 und 3 FlErwV aF maßgeblichen regionalen Wertansätze durch die Preisentwicklung überholt und daher für die Wertermittlung ungeeignet seien. Das erstinstanzlich eingeholte Gutachten sei auf zutreffender rechtlicher Grundlage erstellt worden. Der Sachverständige habe die von dem regionalen Gutachterausschuss ermittelten Verkaufsfälle zu Grunde legen dürfen und nur die statistisch abweichenden Werte einer Prüfung unterziehen müssen. Es sei nicht erforderlich gewesen, alle Feststellungen des Gutachterausschusses zu hinterfragen. Dass die Grundstücke aus diesen Verkaufsfällen nicht frei am Markt angeboten worden seien und in der Landwirtschaft „Unter-der-Hand-Verkäufe“ üblich seien, sei nicht erkennbar. Entgegen der Auffassung der Beklagten müsse der Verkehrswert nicht ausschließlich anhand von Verkäufen ermittelt werden, die in einem bedingungsfreien Bieterverfahren erzielt worden seien. Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus europarechtlichen Vorgaben. Die EU-Kommission akzeptiere in Fällen des Verkaufs an Berechtigte nach dem Ausgleichsleistungsgesetz, in denen naturgemäß keine Ausschreibung stattfinde, die Erstellung eines Wertgutachtens durch einen unabhängigen Sachverständigen zur Ermittlung des Marktwerts. Ein Unterschied zwischen dem Verkehrswert nach § 194 BauGB und dem Marktwert im Sinne europäischer Vorgaben bestehe nicht.
III.
5 Die Nichtzulassungsbeschwerde bleibt ohne Erfolg, da die Rechtssache keine entscheidungserheblichen Fragen von grundsätzlicher Bedeutung aufwirft und eine Entscheidung auch nicht zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich ist (§ 543 Abs. 2 ZPO).
6 1. Entgegen der Auffassung der Beschwerde bedarf die Frage, nach welchen Grundsätzen der Verkehrswert von Grundstücken zu ermitteln ist, die von der öffentlichen Hand, insbesondere im Anwendungsbereich der Regelungen des Ausgleichsleistungsgesetzes und der Flächenerwerbsverordnung, veräußert werden, keiner Klärung.
7 Wie der Verkehrswert eines Grundstücks zu bestimmen ist, ergibt sich aus der Wertermittlungsverordnung 1988 bzw. seit dem 1. 7. 2010 aus der Immobilienwertermittlungsverordnung (vom 19. 5. 2010, BGBl I, S. 639). Die Annahme des Berufungsgerichts, bei der Verkehrswertermittlung sei nicht nach der jeweiligen Vermarktungsform zu unterscheiden, ist ohne Zweifel richtig und bedarf daher keiner höchstrichterlichen Überprüfung in einem Revisionsverfah-ren.
8 2. Nicht ernsthaft in Frage stellen lässt sich auch die Annahme des Berufungsgerichts, zwischen dem Verkehrswert im Sinne des § 194 BauGB und dem Marktwert im Sinne des Europäischen Rechts gebe es keinen Unterschied. Im deutschen Recht lässt sich diese Gleichsetzung aus der Änderung von § 194 BauGB durch Art. 1 Nr. 60 des Europarechtsanpassungsgesetzes Bau vom 24. 6. 2004 (BGBl. I S. 1359, 1376) ablesen, nach der es in der Vorschrift jetzt heißt: „Der Verkehrswert (Marktwert) wird durch den Preis bestimmt …“.
9 Seitens der europäischen Institutionen wird der Begriff des Marktwerts ebenfalls nicht in einem abweichenden Sinn verstanden. In der Mitteilung der Kommission betreffend Elemente staatlicher Beihilfe bei Verkäufen von Bauten und Grundstücken durch die öffentliche Hand (ABl. EG Nr. C 209/3 vom 10. 7. 1997) heißt es zwar, der Verkauf „nach einem hinreichend publizierten, allge-meinen und bedingungsfreien Bietverfahren (ähnlich einer Versteigerung) und die darauf folgende Veräußerung an den meistbietenden oder den einzigen Bieter stellt grundsätzlich einen Verkauf zum Marktwert dar und enthält damit keine staatliche Beihilfe“. Im Umkehrschluss folgt hieraus aber nicht, dass der Verkehrswert in Fällen, in denen kein Bieterverfahren stattfindet, nur auf der Grundlage von Verkäufen ermittelt werden darf, denen ein solches Verfahren zugrunde lag. Vielmehr akzeptiert die Kommission in diesen Fällen ausdrücklich die Wertermittlung mittels Verkehrswertgutachtens (Nr. II.?2. der Mitteilung). Nichts anderes ergibt sich im Übrigen aus dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 16. 12. 2010 (2. Kammer – C-480/09 P, ABl EU 2011, Nr. C 55, 15).
10 Schließlich kann die Beklagte für ihren Rechtsstandpunkt nichts aus der Definition der Kommission in Nr. II. 2. a der genannten Mitteilung herleiten, wonach es sich bei dem Marktwert um den Preis handelt, „der zum Zeitpunkt der Bewertung aufgrund eines privatrechtlichen Vertrages… zwischen einem verkaufswilligen Verkäufer und einem ihm nicht durch persönliche Beziehungen verbundenen Käufer… zu erzielen ist, wobei das Grundstück offen am Markt angeboten wurde, die Marktverhältnisse einer ordnungsgemäßen Veräußerung nicht im Wege stehen und eine der Bedeutung des Objekts angemessene Verhandlungszeit zur Verfügung steht“. Mit dieser Definition soll erkennbar der Normalfall eines Grundstücksverkaufs beschrieben und zum Maßstab für die Wertermittlung gemacht werden. Für diesen ist es – auch nach deutschem Rechtsverständnis – typisch, dass die Kaufgelegenheit prinzipiell für jedermann bestand („offen am Markt“). Als Vergleichswerte ausgeschlossen sind danach Verkäufe, die von dem Üblichen abweichen, also unter ungewöhnlichen Ver-hältnissen zustande gekommen sind. Das ist im deutschen Recht nicht anders (vgl. § 7 ImmoWertV).
11 3. Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 544 Abs. 4 Satz 2 Halbsatz 2 ZPO abgesehen.
In Heft 1/2011 finden Sie die Urteile des KG Berlin –
22 U 179/09,
22 U 202/09, dazu eine Anmerkung von RA R. Neixler sowie das Urteil des EuGH vom 16. 12. 2010 –
C-230/09.
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